Wie geht es nun weiter?

Hans-Jürgen Nordhausen

Wie geht es nun weiter?.

Ein Virus hat unser Leben im Griff.

(gd) Neugraben. In den vergangenen Tagen und Wochen wurden in Deutschland schrittweise wieder Schulen und Kindertagesstätten geöffnet, Krankenhäuser stärker belegt, Hotels, Gaststätten und der Einzelhandel unter bestimmten hygienischen Bedingungen in Betrieb genommen sowie insgesamt die Waren- und Dienstleistungsproduktion wieder erhöht. Und doch wird es nicht einfach wieder so, wie es vor der Corona-Krise war. Nicht nur wegen der weltweiten Rezession, die auch in Deutschland zu Arbeitslosigkeit und sozialen Verwerfungen führen wird. Die zentrale Frage lautet also, um es mit den Worten von Udo Lindenberg zu sagen: „Hinterm Horizont geht’s weiter“ – nur wie? Machen wir weiter wie bisher oder nutzen wir die Erfahrungen aus der Krise.
Sorgen um den Arbeitsplatz, Kurzarbeit, einbrechende Umsätze bei den Unternehmen: – die Corona-Pandemie bremst die Hamburger Wirtschaft so stark aus wie keine andere Krise der vergangenen Jahrzehnte. Jetzt sehen wir, wie fragil unsere Wirtschaft ist, wie abhängig wir sind davon, dass ein Rad ins andere greift. Weil nicht geflogen wird, braucht auch niemand neue Flugzeuge. Zehntausende Menschen in der eben noch hochgelobten Vorzeigebranche Flugzeugbau in Hamburg bangen um ihre Jobs. Anderswo stehen Fließbänder still, Speditionen haben nichts mehr zu transportieren, Reinigungskräfte werden – trotz verschärfter Hygienevorschriften – weniger gebraucht. Die Liste ließe sich unendlich fortsetzen. Dass die Beschränkungen, die auf Basis des Infektionsschutzgesetzes angeordnet wurden, noch einmal verschärft werden, ist momentan sehr unwahrscheinlich. Die zurückliegenden Tage haben gezeigt, dass die Kontaktbeschränkungen wirken. Dennoch ist eine vorübergehende Rückkehr zu strengeren Regeln langfristig nicht ausgeschlossen.
Das Virus hat einen enormen Einfluss auf unseren Alltag genommen – privat und beruflich. Wer hätte gedacht, dass in Zeiten von Corona der Einkauf im Supermarkt zum Highlight des Tages werden könnte?
Um die Stimmung im Handel und Dienstleistungsgewerbe einzufangen, hat Der Neue RUF einige Mitglieder des Förderverein Neugraben befragt: „Wie haben Sie die zurückliegenden Wochen überstanden – und was erwarten Sie geschäftlich oder beruflich in der näheren Zukunft?“
Stephanie Beier, Geschäftsführerin bei Warncke’s EDEKA Frischecenter in Neugraben: „Geschäftlich haben wir während des Lockdown keinen großen Schaden genommen. Probleme hat uns nur das Kaufverhalten einiger Kunden bereitet, die sogenannten Hamsterkäufe. Wir sahen uns gezwungen, auch im Großhandel und bei anderen Händlern für Nachschub zu sorgen, da unsere Zentrale zeitweilig der Nachfrage nicht standhalten konnte. Ernsthafte Sorgen haben wir uns um unsere Mitarbeiter gemacht. Doch zum Glück sind dank zahlreicher Maßnahmen alle gesund geblieben. Unser Lieferservice hat sich übrigens sehr bewährt. Daher werden wir ihn noch weiter ausbauen. Jetzt werden wir erstmal abwarten, wie es weitergeht.“
Die stellvertretende Pflegedienstleiterin der Sozialstation des Arbeiter-Samariter-Bundes Süderelbe, Beate Kassner erklärt: „Natürlich musste es bei uns auch während der letzten Wochen weitergehen. Es herrschte anfangs aber eine gewisse Anspannung und Sorge, das Virus unter Umständen nicht noch auf einen der Kunden oder Mitarbeiter, vielleicht sogar auf einen Familienangehörigen, zu übertragen. In einigen Fällen – dort, wo es möglich war – wurden die Kontakte zu den Kunden, speziell bei der Haushaltspflege, auf ein Minimum reduziert. Unsere Kunden gingen bisher sehr entspannt mit der Situation um, zumal im Pflegedienst schon immer sehr hohe Hygienemaßnahmen getroffen wurden. Eine Abstandsregelung ist in unserem Beruf nun mal nicht möglich. Regelmäßig erhalten wir Informationen vom Robert-Koch-Institut und sehen den Lockerungen gespannt entgegen. Langsam können wir auch wieder unsere Dienstbesprechungen aufnehmen und dürfen wohl bald die Eingangstüren zu unserer Sozialstation wieder öffnen.“
Hans-Georg Nordhausen, Inhaber des gleichnamigen Unternehmens für Raumgestaltung, verrät: „Da unser handwerklicher Bereich vom Lockdown zum Glück nicht betroffen war, sind unsere finanziellen Einbußen überschaubar. Unsere Verkaufs- und Ausstellungsräume mussten natürlich für drei Wochen geschlossen bleiben. Die im Verkauf tätigen Mitarbeiterinnen wurden vorübergehend in Kurzarbeit geschickt, zeigten aber auch großes Verständnis für diese Maßnahme.“ Der Geschäftsmann selbst nutzte die Zeit, endlich mal die administrativen Dinge und Büroarbeiten zu erledigen, die man sonst immer gern vor sich herschiebt, wie er selber sagt. „Das Thema Corona hat unser Unternehmen bisher relativ gering beeinflusst. So bleibt uns die Hoffnung, dass sich alles bald wieder zum Besseren wendet und die Geschäfte wieder normal laufen. Vielleicht überlegt sich der eine oder andere Kunde sogar, das Geld aus der Reisekasse jetzt in seine Wohnung oder sein Haus zu investieren.“
Kun Shien Lee, Betreiber des Chinarestaurants Lily im SEZ, lächelt die Sorgen und Probleme auf charmant asiatische Art und Weise einfach weg. „Unsere Kunden und Freunde haben uns von Anfang an sehr unterstützt. Der Außer-Haus-Verkauf und Lieferservice wurde von unserer Kundschaft sehr gut angenommen. Wir mussten zwar einen deutlichen Umsatzeinbruch hinnehmen, sind aber doch noch mit einem blauen Auge davon gekommen“, erklärt der Gastronom. Jetzt schaut er sogar wieder sehr optimistisch in die Zukunft: „Wir müssen uns jetzt der Situation anpassen, das heißt, selbstverständlich müssen alle behördlichen Auflagen eingehalten und erfüllt werden. Das dient sowohl dem Schutz unserer Gäste als auch dem meiner Mitarbeiter und natürlich mir selbst.“ Großen Respekt zollt Kun Shien Lee vor allem den Experten und politischen Entscheidungsträgern, die in dieser Krise sehr verantwortungsvoll gehandelt haben. Es zeigt sich aber auch, dass die Verantwortung, etwas zu ändern, gleichzeitig bei jedem einzelnen von uns liegt – egal, ob Konsument, Dienstleister oder Händler.