Katholische Schule erfindet „Lab in a drop“

Die Schüler der Katholischen Schule führten erfolgreich das Tröpfchen-Experiment durchFotos: pm

Ein ganzes Reagenzglas in einem Wassertopfen
Katholische Schule erfindet „Lab in a drop“

 (pm) HarburgNeugraben/Wilhelmsburg. Was das Lied „Ick heff mol en Hamborger Veermaster sehn“ mit Chemie zu tun hat? Mehr, als manch einer denken mag. Prof. Dr. Viktor Obendrauf aus Österreich (gest. 2010), der sich auf dem Gebiet der experimentellen Schulchemie einen Namen gemacht hatte, stellte eine gewagte These auf: Ein Versuch, der in einem Schullabor durchgeführt werde, dürfe nicht länger als ein Wiener Walzer dauern.  Das ins Norddeutsche übertragen, bedeutet: Nicht länger als  „Ick heff mol en Hamborger Veermaster sehn“. Daran hielten sich auch die  Schüler der Katholischen Schule Harburg in der Julius-Ludowieg-Straße.  Das Ergebnis der konsequenten Arbeit unter der Leitung des engagierten Pädagogen Stephan Matussek: Die Erfindung des Wassertropfen-Labors (Lab in a drop).

Für die Katholische Schule Neugraben nahm Steffi Hollinger-Holst  aus den Händen von Dr. Christopher Haep sowie OSR Berend Loges  einen Experimentierkoffer entgegen  Foto:  pm

Wer den Chemieunterricht zwangsläufig mit Reagenzgläsern in Verbindung bringt, in denen zischende Chemikalien gemischt werden, der hat noch nichts von eben diesem  „Lab in a drop“ – dem Labor im Wassertropfen – gehört, das Stephan Matussek gemeinsam mit seinen Schülern entwickelt hat. „Revolutionär, neu und in jeder Beziehung nachhaltig“, so umschreibt Hamburgs Schulsenator Ties Rabe das beispielhafte  naturwissenschaftliche Unterrichtskonzept, in dem der Raum des Reagenzglases in den Raum eines Wassertropfens verlagert wird. „In ganz Deutschland gibt es keine vergleichbaren Schulversuche, die mit so geringen Mengen an Chemikalien, Zeit und Geld auskommen“, lobt Rabe das Projekt, für das  er die Schirmherrschaft übernommen hat.
An der chemischen Reaktionen ändert sich durch die Reduzierung auf die Größe eines Tropfens nichts. „Es lässt sich sogar im Gegenteil mit der Mikro-Labortechnik unter der Lupe alles viel genauer erkennen“, schwärmt der Initiator Stephan Matussek. Seit mehr als zehn Jahren arbeiten er und seine Schüler mit 100- bis 1000-fach verringerten Chemikalienmengen, mit denen sich in wenigen Minuten Reaktionsverlauf, Ausgangsstoffe und entstehende Stoffe beobachten lassen. Positiver Nebeneffekt: Durch die Mengenreduzierung verringern sich Kosten und Entsorgungslast.
Die Schüler können mit „Lab in a drop“ zeitgleich und eigenverantwortlich experimentieren. Mehr als 80 nachhaltige low cost-Experimente haben Matussek und sein Team bereits entwickelt, die deutschlandweit auf Interesse stoßen. Die Experimente wurden inzwischen mehrfach auf naturwissenschaftlichen Bundes- und Landeskongressen vorgestellt. So haben sich die Schüler innerhalb kurzer Zeit zu wahren Experten dieser neuen Technik entwickelt – und sind selbst an der Fortbildung von Lehrern beteiligt.
Der Verband der Chemischen Industrie unterstützt das außergewöhnliche Engagement jetzt mit 12.000 Euro. Neun katholische Stadtteilschulen und Gymnasien in Hamburg (außer der Katholischen Schule Harburg auch die Katholische Schule Neugraben sowie die Katholische Bonifatiusschule Wilhelmsburg) erhalten damit jeweils vier portable Experimentierkoffer, um den eigenen Chemieunterricht zukünftig zu revolutionieren. „Von guten Ideen sollen alle profitieren. Deswegen wird Lab in a drop zukünftig auch den Chemieunterricht an anderen Stadtteilschulen und Gymnasien in Hamburg und Mecklenburg bereichern“, erklärt Dr. Christopher Haep, Leiter der Abteilung Schule und Hochschule des Erzbischöflichen Generalvikariates in Hamburg. Lab in a drop zeige eindrucksvoll, wie ein Weniger zu einem Mehr für alle werden kann. „Nach unserem Educationprogramm Kulturforum21 und dem schulübergreifenden Bildungskonzept GeoSystemErde hat nun auch Lab in a drop innerhalb weniger Jahre bundesweite Beachtung gefunden. Das zeigt die besondere Innovationskraft der katholischen Schulen in der Hansestadt – und veranschaulicht zugleich die für uns so wichtige ökologische und umweltethische Reflexion“, so Haep.  
Das die Zeit-Vorgabe durch das Lied tatsächlich eingehalten werden kann, bewiesen  die Gäste der Katholischen Schule am Montag als Lab in a drop vorgestellt wurde. Schulleiter der Katholischen Schulen, Behördenvertreter, Gesine Lise vom Projekt Kinderforscher an der Technischen Universität Hamburg Harburg (TUHH) führten ein Experiment durch und stimmten dabei – ein spontaner Chor-Auftritt –  „Ick heff mol en Hamborger Veermaster sehn an. Der letzte Ton war noch nicht verklungen, da war der Versuch schon gelungen. Die Probe aufs Exempel war gelungen.