„Hiermit taufe ich dich ‚Minnie'“

Kai Külper der Meister der gebratenen Schollen

„Hiermit taufe ich dich ‚Minnie'“.

„Halber Kutter“ im Kreisel hat jetzt einen Namen.

Jedes Schiff braucht einen Namen, und sei es es „nur“ das maßstabgerechte Modell eines Fischkutters, wie es seit zweieinhalb Jahren im bis dahin verwaisten Finkenwerder Kreisel gestanden hat. Über Kunst im öffentlichen Raum wurde viel gesprochen, bis die Wahl schließlich auf einen Kutter fiel, „das einzige, was richtig gut zu Finkenweder passt“, so der Bezirksamtsleiter Ralf Neubauer, der seinerzeit als Vorsitzender des Ortsausschusses an dieser Entscheidung mitgewirkt hatte. „Wer aber setzt die Idee um?“, war die nächste Frage. Der Verein „Maritimes Finkenwerder“ übernahm die Aufgabe und die beiden Vorsitzenden Stefan Meier und Carsten Körbelin und trieben das Projekt voran. Am Sonnabend war es schließlich soweit: Es konnte getauft werden. Namen für den Kutter mit der fortlaufenden Nummer HF.575. hätte es viele gegeben, doch bald war eine besondere Idee geboren: Den Namen wollen wir für zwei Jahre versteigern. Die Idee fand Anklang, das Bieten konnte beginnen. Den Zuschlag erhielt schließlich Dr. Ralf Sören Marquardt, der dem Schiffbau durch seine Tätigkeit für den Verband für Schiffbau und Meerestechnik e.V. auch beruflich verbunden ist.
Er hatte sich für „Minnie“ entschieden. Nicht ganz zufällig. So hieß einer von drei Fischkutter seines Ur-Urgroßvaters Carsten Marquardt. „Minnie“ hatte dieser nach einer Odyssee schließlich in England erworben. Ralf Sören Marquardt war es am 24. September bei Hamburger Schmuddelwetter vorbehalten, im Rahmen eines Festaktes auf der so genannten „Eventfläche“, nur wenige Meter vom Kreisel entfernt, den Taufspruch vorzulesen. Dort hieß es unter anderem: „… Es ist toll, dass es jetzt einen Verein gibt, der sich darum kümmert, das reichhaltige maritime Erbe zu bewahren und im Stadtbild sichtbar zu machen. Es war natürlich klar, dass die Fischerei, die Finkenwerder jahrhundertelang geprägt hat, das Zentrum schmücken soll. Dies wird ergänzt durch die gut sichtbaren architektonischen Landmarken, die die Deutsche Werft hinterlassen hat, die von 1918 bis 1968 die Fischerei als wichtigste Industrie abgelöst hat. Dies bringt mich zum meinem 2. Punkt meines kurzen Beitrags, nämlich, dass der Schiffbau in Deutschland und auch in Finkenwerder weiterhin erfolgreich ist. Die Feltz-Werft baut nicht nur hervorragende Boote und kleine Schiffe, sondern kann offensichtlich auch halbe Fischkutter (Weil der Täufling ein maßstabgerechtes Modeell ist – die Red.), Kunst im öffentlichen Raum und gemeinsam mit anderen Gewerbetreibenden auch Einwerbung öffentlicher Förderung … Unser neues Wahrzeichen HF.575. ist allerdings horizontal geteilt und hat kein Unterwasserschiff. Eigentlich hätte man daher vielleicht ehrlicherweise HF 574 ½ oder b an den Bug pinseln müssen. Aber gut, man sieht ja nicht, was fehlt und unser neuer Kutter sieht so aus wie auf See und nicht wie aufgeslippt in der Werft. Daher wird er heute endlich getauft. Und ich bin sehr glücklich, dass ich jetzt gleich den Namen offenbaren darf, der der maritimen Geschichte der Familie Marquardt geschuldet ist.“
Der Kutter des Ur-Ur-Großvaters Carsten Marquardt hatte, wie sein Ur-Urenkel erläuterte, nicht nur einen schönen Namen, sondern auch die ungewöhnliche Kennung HF 51b. Er wurde 1884 bei der Werft Jacob Kremer in Elmshorn/Wisch gebaut und hat sein Arbeitsleben unbeschadet beendet. HF 51b gehörte nicht zu den Verlusten im Orkan des Jahres 1909, dem viele Finkenwärder Schiffe und Fischer zum Opfer fielen. Dann die entscheidenden Worte: „Damit können wir nun zur Taufe schreiten und auch HF.575. in fast traditioneller Weise alles Gute wünschen. Hiermit taufe ich dich auf den Namen „Minnie“. In Ermangelung einer Besatzung wünsche ich dem Verein Maritimes Finkenwerder allzeit eine glückliche Hand bei deiner Betreuung und Wartung. Und da du nur ein Überwasserschiff besitzt und im hochwassergefährdeten Finkenwerder stehst, wünsche ich dir stets keine Handbreit Wasser unter dem Kiel.“
Die Namen aller Spender die den Bau des „halben Kutters“ möglich gemacht hatten, sind auf Plaketten festgehalten, die am Scherbrett des Schiffes für jedermann einsehbar, angebracht wurden. Das Scherbrett selbst steht aktuell vor dem Vereinshaus der Finkwarder Speeldeel.
Dann öffnete Stefan Meier die traditionelle Sektflasche und der schäumende Inhalt ergoss sich über das Namensschild das der Tischlermeister Torsten Leder erstellt hatte. Zwei Jahre trägt HF.575. nun den Namen „Minnie.“ Zahlreiche Finkenwerder wollten sich diesen nicht alltäglichen Festakt nicht entgehen lassen, ist man doch auf Finkenwerder unverändert schiffsafin. Und weil man die Finkenwerder Fischerei zumeist mit der Scholle in Verbindung bringt – die auch das Wappen des Ortes ziert – gab es zur Feier des Tages Scholle Finkenwerder Art, ein Leckerbissen, den der gelernte Koch Kai Külper höchstpersönlich zubereitete. 350 fangfrische Schollen aus dem Skagerak gingen über den Tresen, Für die musikalische Umrahmung sorgten die Finkenwerder Chöre Frohsinn, Germania und Liedertafel Harmonie.