Dekolonisierendes Erinnern an der Hafenschleuse

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Dekolonisierendes Erinnern an der Hafenschleuse.

Rot-Grün: Mahnmal zum kolonialen Erbe Harburgs.

Die koloniale Vergangenheit Harburgs ist unumstritten. Die Stadt Harburg nahm nach der Reichsgründung 1871 eine besondere Rolle im neu gegründeten Staat ein: Nicht zuletzt, da das benachbarte Hamburg zwar dem Reich zugehörig war, dem Zollverein aber zunächst nicht beitrat, „erlebten Harburg, sein Hafen und seine Industrie einen ungeahnten Aufschwung, der den heutigen Bezirk bis heute entscheidend mitgeprägt hat“, schreiben die Fraktionen von SPD und Grünen einleitend in einem Antrag für die Bezirksversammlung. Sie verweisen ausdrücklich darauf, dass von besonderer Bedeutung die Kautschukverarbeitung und Ölmühlen waren. Harburg wurde Ende des 19. Jahrhunderts zum einem der europaweit wichtigsten Umschlagplätze für Palmkerne und Kautschuk. Beides explizite „Kolonialwaren“, die nicht zwangsläufig aus den eigenen sogenannten Schutzgebieten stammten, sondern auch aus anderen Kolonien als Teil des weltweiten transimperialen Handelsnetzes.
„Die Vorstellung, dass in Harburg gewiss auch Kautschuk aus dem sogenannten Freistaat Kongo verarbeitet wurde, in dem zwischen 1888 und 1908 schätzungsweise 10-15 Millionen Kongoles:innen direkt oder indirekt durch die Folgen des Kautschukhandels zu Tode kamen, ist kaum erträglich“, schreibt Natalia Sahling für die SPD-Fraktion jetzt in einem gemeinsamen Antrag von SPD und Grünen in der Beziksversammlung. Diese Vergangenheit müsse indessen „ertragen werden; die Aufarbeitung der kolonialen Geschichte und ihrer Folgen gehören zu den zentralen erinnerungspolitischen Aufgaben unserer Tage“, heißt es weiter von Bianca Blomenkamp seitens der Grünen.
Aus diesem Grund solle in Zusammenarbeit mit dafür geeigneten Stellen und Institutionen, wie z.B. der Forschungsstelle „Hamburgs (post-)koloniales Erbe“, ein Konzept für eine würdige Form des dekolonisierenden Erinnerns und Gedenkens in Harburg zu entwickeln, mit besonderem Fokus auf die Binnenhafenschleuse, „die sich als Kulminationspunkt in dieser Hinsicht besonders eignet.“ Deshalb solle geprüft werden, ob hierzu eine Namensgebung für die bislang de facto namenlose Schleuse vorgenommen werden könne. Vorschläge sollen in Zusammenarbeit mit den hinzugezogenen externen Akteuren erarbeitet werden.
In Hamburg sei dieser Aufarbeitungsprozess bereits weit fortgeschritten. Harburgs spezifische Rolle im Zeitalter des europäischen Kolonialismus sei aber bislang nur wenig ins Bewusstsein der Harburger:innen vorgedrungen, moniert die rot-grüne Koalition. Deshalb gelte es, ein Mahnmal zu schaffen, „das der Auseinandersetzung mit diesem Teil der Harburger Vergangenheit, dekolonisiertem Erinnern und Gedenken dient.“ Im multiethnischen Harburg sei darüber hinaus die Auseinandersetzung mit der rassistischen Begründung des Kolonialwesens von besonderer Bedeutung.