Weichen bei der TUHH auf Wachstum gestellt

Andreas Desssel, Garabed Antranikian und Anjes Tjarks (v.l.), hier vor einem Windrotor der Zukunft, sind sich sicher: Die TUHH, eine Universität in Harburg für Hamburg, ist ein Gewinn für die ganze Stadt und die gesamte Metropolregion.Foto: pm

Weichen bei der TUHH auf Wachstum gestellt
CDU-Kritik an Vorgehensweise von Rot-Grün

(pm) Harburg. Die eine gute Nachricht vorweg: Prof. Dr. Garabed Antranikian, der eigentlich schon längst den Ruhestand genießen sollte, bleibt für ein weiteres Jahr Präsident der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH). Die Suche der Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) nach einem Nachfolger war im Sand verlaufen. Der war zwar gefunden, sagte aber in buchstäblich allerletzter Minute ab. Er konnte sich mit der Wissenschaftsbehörde nicht über Rahmenbedingungen seiner Tätigkeit einigen. Die zweite gute Nachricht: Die Weichen bei der TUHH sind auf Wachstum gestellt.
Dafür, dass die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen die TUHH mit einem Antrag für die Bürgerschaftssitzung in diesem Wachstumskurs unterstützen – er soll noch Ende Mai eingebracht werden – ist dieser Antrag merkwürdig zahnlos. Ihm fehlt jegliches Zahlenmaterial. Erstaunlich, wenn man bedenkt, dass gerade Politiker gerne mit Millionen, Prozenten und Statistiken jonglieren. Wortreich haben Abgeordnete der rot-grünen Koalition ein Papier formuliert, das die beiden Fraktionsvorsitzenden Andreas Dressel (SPD) und Anjes Tjarks (Grüne) an der TUHH vorgestellt haben. Dabei stellt sich nicht zuletzt auch die Frage, weshalb die Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne), die diesen nachhaltigen Prozess qua Amt vertreten soll, an diesem für die TUHH eigentlich entscheidenden Tag nicht vertreten war.
„Hier müssen Senatorin Fegebank und Rot-Grün noch liefern, sonst bleibt der mediale Auftakt ein reines Lippenbekenntnis“, erwartet Carsten Ovens, wissenschaftspolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion.
Sven Tode, wissenschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, verteidigte indessen die Form des Antrags. Man könne heute nicht wissen, welche Bedarfe die TUHH in Zukunft anmeldet. Deshalb sei es auch nicht sinnvoll, ein Preisschild zu präsentieren, das morgen vielleicht schon überholt sein könnte, so das Argument. Auf die Absichtserklärung komme es an. Bereits im nächsten Haushaltsentwurf solle es dann aber konkreter werden, kündigte Dressel an. Die aktuelle Grundfinantierung der TUHH von heute 70 Millionen Euro durch die Stadt könnte dann um 25-30 Prozent wachsen.
Neben neuen zukunftsorientierten Schwerpunkten, die das sehr gute Renommee der Hochschule weiter erhöhen, sollen insbesondere auch Kooperationen mit anderen Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen ausgebaut werden. Der Wissenschaftsrat, der die Bundesregierung und die Bundesländerregierungen in Fragen der Entwicklung der Hochschulen, der Wissenschaft und der Forschung berät, hatte 2016 die positive Entwicklung der TUHH festgehalten und einen strategischen Ausbau empfohlen.
Andreas Dressel: „Wissenschaft und Forschung sind von überragender Bedeutung für die dynamische Entwicklung und Lebensqualität in unserer Stadt.

Andreas Dessel: „Wir halten der TUHH den Rücken frei. Dies ist das Signal, das wir geben.“Foto: pm

Dabei ist der Transfer von Forschungsergebnissen in die Wirtschaft Motor des sehr guten Innovationsklimas in Hamburg und somit Treiber auch des wirtschaftlichen Wachstums.“ Die TUHH, eine Perle der Wissenschaft, „leiste hier als Institution an den entscheidenden Schnittstellen ausgezeichnete Arbeit, die wir sehr gerne weiter unterstützen und befördern wollen.“
Ergänzend fügte Anjes Tjarks, hinzu: „Die TUHH Hamburg ist eine starke Säule der Dekade der Wissenschaft in Hamburg. Der Wissenschaftsrat hat die große Expertise der TUHH gelobt und gleichzeitig betont, dass sie mit rund 6.897 Studenten recht klein ist. Wir wollen jetzt gemeinsam mit der Technischen Universität den Wachstumskurs einschlagen und konkretisieren. Ich begrüße es sehr, wenn die TUHH in Bereichen wie den Erneuerbaren Energien, Medizinischer Forschung oder der Luft- und Schifffahrt weiter wachsen will. Das bedeutet Forschung, die uns das Leben ganz konkret einfacher, gesünder oder besser machen kann. Dies werden wir politisch unterstützen und begleiten.“
Durch einen nachhaltigen Wachstumskurs und verstärkte Kooperation mit Akteuren aus Wissenschaft und Forschung in Hamburg und der Metropolregion könne die TUHH als führende Technische Universität im Norden weiter etabliert werden, betonte Tode, während René Gögge, wissenschaftspolitischer Fachsprecher der Grünen-Bürgerschaftsfraktion, feststellte: „Schon jetzt ist die Technische Universität weithin renommiert für ihre Forschungsstärke. Künftig kann und wird sie noch mehr leisten, Hamburg als exzellenten Wissenschaftsstandort zu etablieren. Dafür muss sie wachsen, neue Schwerpunkte setzen und sich vernetzen.“
Der Hausherr selbst, Prof. Dr. Garabed Antranikian: „Wir freuen uns, dass wir die bisher erfolgreiche Entwicklung der TUHH nun gemeinsam stärker und zukunftsorientiert voranbringen wollen. Die TUHH ist für Hamburg eine wichtige Innovationsschmiede, die den Wissenschaftsstandort stärkt und eine internationale Ausstrahlungskraft hat.“ Innovation, Interdisziplinarität und Internationalität seien die drei Säulen, die das Handeln der TUHH bestimmen. „Wir sind ein Flitzer, kein Tanker“, betonte Antranikian. Damit das auch so bleibe, müsse die Perle TUHH wachsen und glänzen. Auch müsse man in Hamburg – so seine Bitte an die Politiker – schnell sein, sehr schnell sogar, „denn nur, wer schnell ist, steht als Gewinner da.“ Um im Konzert der Großen mitspielen zu können, muss die TUHH auf mindestens 10.000 Studenten wachsen, 30 weitere Professoren gewinnen und nicht zuletzt weitere räumliche Kapazitäten zur Verfügung stellen – zum Beispiel im Rahmen des Hamburg Innovation Port (hip), mit dessen Bau in der Blohmstraße gerade begonnen wurde. Forschung allein sei nicht alles, sagte der Präsident, gefragt sei vielmehr der kommunikative und interdisziplinär agierende Ingenieur. Fachgebiete wie Gesundheit, Ressourcenschutz und Klimawandel seien die Herausforderungen der Zukunft, und hierfür sei es notwendig, die TUHH gut aufzustellen. Immerhin stehen im Rahmen der genannten Dekade der Wissenschaft bereits eine Milliarde Euro für Bauprojekte im universitären Bereich zur Verfügung.
Zum Ansatz von SPD und Grünen, die Technische Universität Hamburg (TUHH) auf 10.000 Studenten zu vergrößern, erklärt Carsten Ovens weiter: „Mal wieder muss das A-Team Dressel und Tjarks die eigene Wissenschaftssenatorin zum Jagen tragen! Die TUHH in Harburg weiterzuentwickeln, die internationalen Kooperationen der TUHH zu stärken sowie die Anzahl der Studenten und Professoren durch die Anhebung der Grundfinanzierung zu erhöhen, sind insgesamt vernünftige Maßnahmen. Dies gilt insbesondere für die bessere Grundfinanzierun. Fraglich bleibt, warum SPD und Grüne nicht bereits bei den Haushaltsberatungen vor nicht mal einem halben Jahr entsprechende Akzente geliefert haben.“
Birgit Stöver, CDU-Bürgerschaftsabgeordnete aus Harburg, erklärte ihrerseits: Die TUHH hat mehr Unterstützung verdient, als Rot-Grün ihr zugestehen will!

Birgit Stöver: „Grundsätzlich hat die TUHH das Potenzial, deutschlandweit zu den führenden Technischen Universitäten zu gehören.“
Foto: priv

Ich vermisse aber verbindliche Zusagen über eine wesentlich verbesserte Finanzausstattung. Diese bleiben Senat und Regierungsfraktionen trotz vollmundiger Ankündigungen nämlich bisher schuldig. Der Antrag bleibt hier vollkommen unkonkret. Ein Warten auf die nächste Haushaltsrunde würde bedeuten, dass vor 2019/20 keine zusätzlichen Gelder an die TUHH fließen. Die Finanzierung allein über wachsende Studierendenzahlen würde bedeuten, das Pferd von hinten aufzuzäumen. Wenn die TUHH wachsende Studierendenzahlen aufnehmen und ihre hervorragende Qualität in Lehre und Forschung ausbauen soll, reichen aber auch nicht alleine mehr Drittmittel und Fördergelder.“ Entlarvend im rot-grünen Antrag sei auch, „dass sich die TUHH allein im Norden etablieren soll. Damit wird die TUHH unter Wert verkauft.“