Tauschregal wird (erstmal) weiterhin geduldet

Das Tauschregal im Reiherstiegviertel wird zunehmend als Müllabladeplatz genutzt Foto: au

Tauschregal wird (erstmal) weiterhin geduldet.

Initiative soll dauerhafte Lösung finden.

Kaputte Küchenstühle, ausrangierte Kühlschränke, stinkende Kleidung, verdreckte Matratzen, sogar von Beuteln mit Katzenstreu und Fäkalien ist die Rede: Das Tauschregal in der Sanitasstraße/Ecke Am Veringhof verkommt immer mehr zur Müllhalde. Ein Zustand, der nicht nur für Anwohner schwer zu ertragen ist. Dabei ist die Idee des Tauschregals eine gute und gerade in Wilhelmsburg eine beliebte Möglichkeit, Dinge, die man selber nicht mehr braucht, anderen zu überlassen. Doch irgendwie scheint das Prinzip der Tauschregale in Wilhelmsburg nicht zu funktionieren.
Ein kurzer Rückblick: Im Reiherstiegviertel gab es 2017 zeitweise sogar drei Tauschregale, die immer wieder für Diskussionen aufgrund der starken Vermüllung sorgten. Das Problem: Das Bezirksamt Hamburg-Mitte duldet die auf öffentlichem Grund stehenden Tauschbörsen nur, für die Reinigung ist die Stadtreinigung Hamburg nicht zuständig.
Im Juni 2018 zeichnete sich eine Lösung des Problems ab. Auf einer Sitzung des Quartiersbeirats Reiherstiegviertel machte die Tafel Wilhelmsburg der Anwohnerinitiative Tauschkiste/Tauschregal – Bewohner des Reiherstiegviertels, die sich für den Erhalt der Tauschregale einsetzte – das Angebot, einen Teil des Grundstückes am Deichhaus zur Verfügung zu stellen. Das Tauschregal wurde feierlich eingeweiht, doch auch hier war die Vermüllung so stark, dass die Wilhelmsburger Tafel sich entschied, das Regal wieder zu entfernen. Die Initiative fand einen neuen Standort in der Sanitasstraße/Ecke Am Veringhof. Dort funktionierte das Regal gut, Bewohner und Besucher kümmerten sich darum, dass das Regal in einem ordentlichen Zustand war. Im November letzten Jahres dann der Schock: Unbekannte zündeten das Regal samt Inhalt an.
Seit Anfang Februar steht nun ein neues Tauschregal an selber Stelle, die Problematik ist aber die alte. Nicht nur, dass die Aufsteller die Botschaft „Solidarität ihr Ficker_Innen“ ins Tauschregal eingefräst haben, der Standort verkommt weiterhin zur Müllhalde. Das Schimpfwort ist mittlerweile abgedeckt worden, der unhaltbare Zustand aber geblieben. Im Februar landete das Thema Tauschregal dann auch auf der Tagesordnung des Regionalausschusses Wilhelmsburg/Veddel, um über den Verbleib des Regals mit der Lokalpolitik zu sprechen. Denn das Aufstellen der Tauschbox ist eine ungenehmigte Sondernutzung des öffentlichen Raumes und damit eine Ordnungswidrigkeit. Das wolle man nicht weiter hinnehmen und das Tauschregal deswegen abbauen. Dieses Vorhaben wurde im Februar von den Fraktionen von SPD, CDU und FDP beschlossen. Passiert ist seitdem allerdings noch nichts. Weder wurde das Regal abgebaut noch hat sich etwas an der Müllsituation geändert.
„Es ist bedauerlich, dass das Tauschregal, im Gegensatz zu anderen Standorten auf den Elbinseln und der Stadt, im Reiherstieg seit Jahren nicht funktioniert und immer wieder als Müllhalde missbraucht wird. Damit wird die grundsätzlich gute Idee konterkariert. Viele Versuche sind fehlgeschlagen. Die Verwaltung hat die Unterstützung des Regionalausschusses zum Abbau des Regals schon vor Wochen bekommen und anscheinend nicht gehandelt. Dies geht nicht, lädt es ja immer wieder zum Müllablagern ein und bindet dadurch Kräfte der Stadtreinigung, die an anderer Stelle gebraucht werden. Das Ding muss nun endgültig weg und darf, solange sich keine Verantwortlichen finden, die sich beim Bezirksamt melden und sich um das Tauschregal kümmern, nicht wieder aufgebaut und akzeptiert werden“, findet Jörn Frommann von der CDU.
Anscheinend will das Bezirksamt Hamburg-Mitte dem Tauschregal eine letzte Chance geben. So habe man der Initiative geraten, mit der Politik über eine dauerhafte und vor allem hinnehmbare Lösung zu sprechen. Dies soll aktuell bereits stattfinden. „Vor dem Hintergrund, dass dort ein Bedarf an einem kostenfreien und selbstorganisierten Tauschkonzept besteht, dulden wir die Box bis zur abschließenden Klärung. Dies unter der Maßgabe, dass keine Verwahrlosung eintritt. Die Initiative hat zugesagt, rasch zu handeln“, so eine Sprecherin des Bezirksamtes.
Das ist auch im Sinne von Sonja Lattwesen, Grüne, die sich für den Erhalt ausspricht: „Hier liegen Licht und Schatten nah beieinander. Man sollte die Müllsheriffs dort öfter vorbeischicken. Sollte so eine gute Sache abgerissen werde, nur weil einige damit nicht umgehen können?“