Seismograph für neue Entwicklungen

Fotograf... -Pröpstin Carolyn Decke verlas die Fusionsurkunde

Seismograph für neue Entwicklungen.

Fusion der Kirchengemeinden Trinitatis, Paulus und Luther vollzogen.

Es ist vollbracht: Die Fusion der drei Harburger Kirchengemeinden St. Trinitatis (Harburg), St. Paulus (Heimfeld) und Luther-Kirchengemeinde (Eißendorf) ist in trockenen Tüchern. Nach dem Festgottesdienst am vergangenen Sonntag in der St. Johanniskirche (Bremer Straße) haben die drei evangelischen Kirchengemeinden getreu dem Motto „Über alle Grenzen hinweg“ die alten Grenzen hinter sich gelassen um zu neuen Ufern aufzubrechen. Fortan firmiert das neue Konstrukt unter dem etwas sperrigen und unpersönlichen Namen „Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Harburg-Mitte“. Zahlreiche Gemeindeglieder aus den drei Gemeinden die bisher allein marschiert waren, füllten die Kirche bis beinahe zum letzten Platz, als die drei Pastoren Sabine Kaiser-Reis und Friedrich Degenhardt (Trinitatis) sowie Anne Arnholz (St. Paulus) mit je einer großen Altarkrze – eine für jede der drei ehemaligen Gemeinden – in die Kirche einzogen, begleitet von der Pröpstin Carolyn Decke. Erkennbarer Ausdruck dessen was jetzt nach zweijähriger Vorbereitungszeit vollzogen wurde, war seit einigen Monaten der gemeinsame Kirchenbrief „Dialog“, der in einer Auflage von 2.200 Exemplaren erscheint. Der Dialog hat kontinuierlich über den Stand der Fusionsgespräche informiert. Mit der Verlesung der offiziellen Fusionsurkunde am Sonntag durch die Pröpstin war dann der Weg frei um unter einem Dach das Beste aus den drei Gemeinden zusammenzuführen. „Der Prozess auf dem Weg des Zusammengehens war nicht einfach,“ wusste Decke zu berichten. Sie selbst konnte sich an Momente der Frustration und auch der Trauer erinnern. Letztlich aber habe die Einsicht in die Notwendigkeit der Fusion obsiegt, „die jetzt personelle und auch finanzielle Ressourcen bündelt.“ Pragmatiker und Skeptiker haben es verstanden, so die Geistliche weiter, Visionen zu entwickeln und Synergien zu bündeln. Lediglich die St. Petrus Gemeinde haben sich dieser Fusion nicht angeschlossen und beschlossen, einen eigenen Weg zu gehen. „Die drei anderen Gemeinden haben Mut und Ausdauer bewiesen um dieses gemeinsame Ziel zu ereichen“, fuhr Decke fort und betonte: „Gut dass wir in Harburg sind, denn der Stadteil war immer ein Seismograph für neue Entwicklungen.“ Knapp 11.000 Gemeindeglieder profitieren aktuell von dieser neuen Aufstellung der drei Ex-Gemeinden. Der Blick zurück in die Geschichte von Trinitatis, Paulus und Luther sei ebenso wichtig wie der Blick nach vorne. Auch sei es nicht beabsichtigt, mit der Neugründung einer Supergemeinde zu schaffen sondern eine „gute Gemeinde“ die den aktuellen Bedarfen gerecht werde. Decke schloss ihre Predigt mit den Worten „Nur wer sich öffnet schafft Vertrauen. So sei es.“
Zuvor hatten die Pastoren Sabine Kaiser-Reis und Friedrich Degenhardt die gemeinsam mit Anne Arnolz durch diesen Gottesdienst führten, den alten Trinitatis-Kirchengemeinderat verabschiedet und den neuen Kirchengemeinderat eingesegnet. Der zog sich im Anschluss an den Gottesdienst zurück um sich zu konstituieren, damit die neue Kirchengemeinderat der aus 14 Personen besteht nach der großen Zäsur „sichtbar, hörbar und nahbar werde“, so Anne Arnolz. Dazu gehört, dass neben den regulären, „agendarischen“ Gottesdiensten die im festgelegten Wechsel zwischen den drei Kirchen stattfinden (siehe Ausgabe „Dialog“ Sept.-Nov.), „das Tableau an Gottesdiensten die aus dem agendarischen Rahmen fallen, merklich erhöht werden soll,“ schreibt Pastorin Arnholz in der Dialog-Ausgabe. Auf dem Plan für 2020 stehen demnach kurz vor dem Valentinstag ein Gottesdienst für Liebende; denkbar seien auch ein Literatur- oder ein kulinarischer Gottesdienst sowie ein Mitmach-Gottesdienst. Beibehalten werden die Taize-Gottesdienste, der Frühstücksgottesdienst oder der Ostpreußen-Gottesdienst. Ob Gottesdienstordnung (Liturgie), Kirchenmusik, Konfirmanden- und Jugendarbeit oder Stadtteildiakonie bzw. missionarische Aufgaben, die Abstimmung zwischen den Fusionswilligen musste bis ins kleinste Detail erfolgen, ja selbst ein neues Gemeinde-Siegel wurde notwendig. Die Steuerungsgruppe hat wohl aus der Erkenntnis heraus, dass der Mitgliederschwund ein Problem bleibt und damit auch die finanzielle Ausstattung, gute Arbeit verrichtet, selbst wenn die drei Gemeinden als solche auf der Strecke geblieben sind und lediglich noch de Name der drei Kirchen erhalten geblieben ist, so die allgemeinde Meinung. Ganz abgeschlossen ist der Fusionsprozess noch nicht. In einer Umfrage für den „Dialog“ ist die Meinung der Gemeindeglieder über das zukünftige Miteinander gefragt. Antworten auf die Fragen „Welche Grenzen gilt es in den nächsten Jahren – in unserer Kirchengemeinde und unserem Stadtteil – zu überwinden?“ bzw. „ Haben Sie Ideen für erste Schritte dafür?“ sollen für dier Diskussion den Einstieg bilden.
Der Heimfelder Posaunenchor unter der Leitung von Hartmut Fischer und der Kirchenmusikdirektor Hartmut Fischer hatten die musikalische Leitung des Festgottesdienstes übernommen. Zum Abschluss waren die Gottesdienstbesucher zum gemeinsamen Mittagessen eingeladen: Lasagne und Getränke. Bemerkenswert. Alle Abgeordneten der Harburger Bezirksversammlung waren zum Festgottesdienst eingeladen worden. Gefolgt ist dieser Einladung – mit einer einzigen Ausnahme (Claudia Loss/SPD) – niemand, obwohl die sozialen und pädagogischen Aufgaben der Kirche – für diese ein Teil ihres Selbstverständnisses – von der Politik als beispielhaft unverzichtbar für unsere Gesellschaft angesehen werden. Ein bisschen wundern darf man sich schon.