Momente, die in Erinnerung bleiben

Das Hip-Hop-Kollektiv Hamburger Rapfugees begeisterte mit seinem Auftritt im Bahnhofsviertel am Musikfestival-Wochenende. Foto: Nicole Daumann

Momente, die in Erinnerung bleiben.

Musikfestival 48h verbindet Orte und Menschen.

Verschiedene Menschen, Orte und Musik – am vergangenen Wochenende kam alles zusammen: 146 Bands und Solokünstler spielten an 55 Orte im Wilhelmsburg, die Musikauswahl reichte von Singer-Song-Writer über Punk, Schlager und türkische Volksmusik bis hin zu Techno. Das von dem Netzwerk „Musik von den Elbinseln“ veranstaltete Festival 48h Wilhelmsburg ist seit zehn Jahren eine bekannte Institution, bei der der Stadtteil sich selbst und seine Vielfältigkeit feiert. Alle Musiker stammen oder proben im Stadtteil, die Veranstaltungsorte sind über das Bahnhofsviertel, die Veddel, das Reiherstiegsviertel und Kirchdorf-Süd verteilt. Zum diesjährigen Jubiläum kamen neben Wilhelmsburgern auch Besucher aus ganz Hamburg, aus Kiel, Berlin und sogar aus Schweden. Bei der Bürgerhausparty am Samstagabend tanzten rund 1200 Menschen. „Es war an vielen Stellen rappelvoll“, berichtet die Initiatorin des Festivals, Katja Scheer, begeistert. „Auch die dezentralen Orte waren gut besucht. Es freut uns, dass die Menschen Lust haben, sich mit uns zu den Künstlerinnen und Künstlern zu bewegen.“
Insgesamt wurden gut 3500 Supporterbändchen verkauft, mit denen die Besucher das Festival freiwillig unterstützt konnten. Die goldenen Bändchen zeigen neben dem 48h-Wilhelmsburg-Schriftzug einen blauen Vogel. Illustrationen verschiedenster Vögel begegnen einem auch im Programm und auf den Plakaten des Festivals, abgebildet an bekannten Orten des Stadtteils, denen sie somit ein fantastisches Element verleihen. Das grafische Konzept hat den German Design Award gewonnen. „Das Festival ist ja ein interkulturelles Projekt und dient vor allem dem Community-Building. Aber es ist schwierig, unterschiedliche Menschen darzustellen, ohne Stereotypen zu bedienen“, erklärt Sarah Roloff, die für die Idee und Umsetzung verantwortlich ist. „Deshalb sind wir auf Vögel gekommen. Sie sind so unterschiedlich wie Menschen, haben verschiedene Herkünfte und Gefieder und vor allem: verschiedene Gesänge.“ Die freischaffende Illustratorin bezeichnet das Festival als „magisches Wochenende“. Man ließe sich treiben und entdecke neue Orte. Unterwegs sein, das sei ein wichtiger Bestandteil des Festivals.
Das findet auch Maria Jedding-Gesterling. Die Wilhelmsburgerin lebt schon lange im Stadtteil. „Die Orte sind eigentlich genauso wichtig wie die Musik. Selbst ich entdecke bei dem Festival wieder neue Orte oder Cafés, die gerade erst eröffnet haben. Und dabei lebe ich schon so lange hier!“ Die stellvertretende Schulleiterin ist selber Musikerin und Teil der Band „Die Wilhelmsbörger“. Nach ihrem eigenen Auftritt lässt sie sich nun treiben und hört anderen Bands zu.
Genügend Auswahl gibt es ja. Zum Beispiel in der Buddestraße. Hier treten neben der Café-Bar 1. Mai die Hamburger Rapfugees auf. Das Hip-Hop Kollektiv von ungefähr 15 Musikern probt in der Nelson-Mandela-Schule und rappt in unterschiedlichen Sprachen über das Leben. Danach treten die vier 11- bis 13-jährigen Jungs der ROFJ Gang auf. Sie kommen aus dem Iran und Irak und thematisieren ihre Erlebnisse der Flucht: „Wir haben auf dem Weg zu viel erlebt. Wir sind hier und haben den Krieg überlebt“, rappen sie in perfektem Deutsch. Die anderen stehen dabei, singen leise mit und unterstützen die Jungs, die Menge jubelt. Lisa Bentz, die seit ungefähr einem halben Jahr bei den Rapfugees ist, gefällt es, Open Air und zwischen den Häusern aufzutreten. „Mir gefällt auch die Vielfalt an den vielen Ecken“, sagt sie. „Alle sind gemischt und guter Stimmung.“
Gute Stimmung findet sich auch nur ein paar Straßen weiter bei dem Auftritt von Grup Mihman, die türkischen und kurdischen Folk singt. Oder bei den Tänzen der Capoeira-Gruppe Escola Mukambu vor dem Cafe-Nova der Immanuelkirche. Beim IBA-Bunker, auf deren Terrasse sich Zuhörer beim psychodelischen Rock der Band Backbird Mantra sonnen. Ebenso bei der Punk-Rock-Gruppe Rohbau, die zwischen Containern performt, bei The Magic Funk Troopers in einer Haspa-Filiale, und bei Katrin Achinger & The Fight Crew zwischen den großen Brauerei-Kesseln.
„Es war einfach ein tolles Jubiläum“, schwärmt Katja Scheer. Rund 65 Produktionshelfer und 50 Veranstaltungstechniker waren bei der Durchführung beteiligt „Wir sind auch ganz beeindruckt, wie viele als Gastgeber mitgemacht haben. Dafür sind wir sehr dankbar.“ Das Festival schaffe Momente, die in Erinnerung bleiben, sagte Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien, bei der Eröffnung. In der Tat: Wie es auch die Veranstalter vorhergesagt haben, hat wohl jeder Besucher nach diesem Wochenende sein ganz eigenes Festival erlebt. „Für uns geht jetzt die Planung von vorne los“, lacht Katja Scheer. „“Es sind auch schon jetzt viele Menschen mit neuen Ideen auf uns zu gekommen.”!“