Kaum noch Frösche für Wilhelmsburger Störche

Zurzeit hat sich ein Storchenpaar in Wilhelmsburg niedergelassen. Doch für die Störche wird es zunehmend schwieriger ausreichend Nahrung zu finden Foto: au

Kaum noch Frösche für Wilhelmsburger Störche.

Drastischer Amphibienschwund auf der Elbinsel.

Elegant dreht das Wilhelmsburger Storchenpaar seine Runden über die Felder am Siedenfelder Weg und dem Einlagedeich auf der Suche nach Nahrung. Wie lange sie die allerdings auf der Elbinsel noch finden werden, ist fraglich. Denn: Auf der Elbinsel gibt es einen drastischen Amphibienschwund. War vor 20 Jahren der Einlagedeich im Frühjahr kaum befahrbar, ohne vorher die wandernden Frösche beiseite zu räumen, muss heute kein Autofahrer mehr einem Frosch ausweichen. Zur Laichzeit sind kaum noch Frösche, Kröten oder Molche dort unterwegs. Um auf die dramatische Situation aufmerksam zu machen, trafen sich vergangenen Donnerstag der BUND Hamburg sowie Vertreter der Loki Schmidt Stiftung und der Stiftung Ausgleich Altenwerder am Einlagedeich. „Wenn dies so weitergeht, wird auch das einzige Storchenpaar auf Wilhelmsburg bald keine Nahrung mehr finden“, beklagt Christiane Blömeke, Vorsitzende des BUND Hamburg.
Die Wilhelmsburger Störche brüten seit den 1990er-Jahren auf dem Storchenhorst, den der im vergangenen Jahr verstorbene, weithin bekannte Naturschützer und ehemalige BUND-Vorsitzende Harald Köpke dort aufgestellt hatte. „Damals bot der Wilhelmsburger Osten ein reiches Nahrungsangebot für Störche. Die für die Aufzucht von Jungstörchen besonders ‚passenden‘ kleinen Frösche gibt es aber kaum noch“, so Christiane Blömeke. Dr. Gisela Bertram von der Stiftung Ausgleich Altenwerder und Axel Jahn von der Loki Schmidt Stiftung beobachten den Amphibienrückgang auf ihren Stiftungsflächen in Wilhelmsburg seit Jahren sehr genau. Teiche und Gräben als Wasserlebensraum sowie Gehölzbestände zum Überwintern gibt es dort zuhauf und bis zum Jahr 2015 waren die Amphibien auch massenhaft vorhanden. Doch seither werden es jedes Jahr weniger. Konnten zum Beispiel im Jahr 2015 noch weit über 200 Frösche am Jakobsberg gezählt werden, sind es in diesem Jahr nach Schätzung von Dr. Gisela Bertram nur noch acht Stück. „Ich habe hier auf dieser Fläche nur noch vier Laichballen gefunden!“
Einen Grund für den massiven Rückgang sieht Axel Jahn in der starken Zunahme des Einsatzes Herbiziden, die häufig im Ackerbau eingesetzt werden, um unerwünschte Kräuter zu beseitigen. „Der Maisanbau hat auf Wilhelmsburg in den letzten Jahren deutlich zugenommen und mit ihm der Einsatz des Wirkstoffes Glyphosat, der leider auch in die Gewässer gelangt“, kritisiert der Geschäftsführer der Loki Schmidt Stiftung. „Gelangt Glyphosat in einen Graben, breitet es sich im gesamten Wasserkörper aus. Zum Schutz der Gewässer brauchen wir deshalb geeignete gesetzliche geregelte Abstände, innerhalb derer keine Spritzmittel eingesetzt werden dürfen“, so Axel Jahn. Studien hätten gezeigt, dass an Insekten oft mehrere verschiedene Spritzmittel gleichzeitig anhaften. Wenn sie nicht direkt verenden, werden sie von Fröschen gefressen und das Gift reichert sich in der Nahrungskette an.
Dr. Gisela Bertram sieht in den trockenen Jahren 2018-2020 einen weiteren Grund für den Amphibienschwund. Die Gewässer führten in diesen Sommern deutlich weniger Wasser, obwohl in der Elbmarsch reichlich Wasser vorhanden ist und die Wasserstände im Wilhelmsburger Osten über die Stauwehre und Siele technisch höher eingestellt werden könnten. „Der Klimawandel wird dieses Problem nochmals deutlich verschärfen, zumal auch die Landwirtschaft Wasser zur Bewässerung ihrer Felder aus den Gräben entnimmt. Die Geschäftsführerin der Stiftung Ausgleich Altenwerder sieht hier die Wasserverbände in der Pflicht: „Die Elbmarsch ist ein ‚Wasser-Gunststandort‘. Wir haben hier genug Wasser – wir müssen es nur in die Gräben hineinlassen“, so Gisela Bertram.