Jusos machen sich für synthetisches Fleisch stark

Benizar Gündoğdu

Jusos machen sich für synthetisches Fleisch stark.

Gündogdu: In-Vitro-Fleisch, das Fleisch der Zukunft – Es wäre halal.

Das Konsumgut Fleisch ist immer wieder Gegenstand diverser Diskussionen und wird oft zum Streitthema zweier Parteien: jene, die Fleisch konsumieren, und jene, die dies nicht tun. Jede der beiden Seiten hat gute Argumente für bzw. gegen den Verzehr von Fleisch. Daher haben Forscher damit begonnen, in Laboren sogenanntes In-vitro-Fleisch zu züchten, „das nicht an Tieren wächst.“ Wissenschaftler bringen tierische Zellen dazu, sich in einem Glasbehälter zu vermehren, um die Gewebebildung eines bestimmten Tieres zu imitieren. Dadurch werde das so entstehende Fleisch zart und fettarm, heißt es.
„Die Züchtung von In-vitro-Fleisch und das Produkt selbst weisen viele Vorzüge gegenüber dem herkömmlichen Konsumgut auf“, meint nun Benizar Gündoğdu, Kreisvorsitzende der Jusos Harburg. Sie erläutert: „Zum Beispiel enthält künstlich hergestelltes Fleisch keine harten Antibiotika oder Rinderwahn – wie es oft bei ’natürlichem‘ Fleisch der Fall ist.“ Der Verbrauch wichtiger Ressourcen wie Wasser, Futtermittel und Acker- sowie Weideland werde durch die Markteinführung von In-vitro-Fleisch zu Gunsten der Verbraucher entlastet und stünde somit statt dem Nutzvieh wieder dem Menschen zur Verfügung. Abgesehen davon werde durch die Reduktion der Viehzucht auch sehr viel weniger CO₂ und Methan ausgestoßen, was zur Regeneration der Ozonschicht und somit auch zur Senkung des Weltklimas beitragen würde.“ Gündoğdu weiter: „Wenn weniger Mastvieh gezüchtet wird, leben auch weniger zur Massenschlachtung gehaltene Tiere in erbärmlichen Verhältnissen. Sobald es möglich ist, andere Fleischsorten (Fisch, Meeresfrüchte etc.) in Laboren zu kultivieren, wird höchstwahrscheinlich Überfischung zurückgehen und Walfang nicht mehr von Nöten sein.“
Weil es noch keine gesetzlichen Vorgaben für die Produktion und den Verkauf von künstlich hergestelltem Fleisch in Deutschland gibt, fordern die Jusos Hamburg, dass von der Bundesregierung ein Gesetz erlassen wird, welcher Hersteller und Vertreiber jener Produkte dazu verpflichtet, die gesundheitlichen Vorschriften ähnlich anderer Konsumgüter einzuhalten und ihre Waren mit dem verpflichtenden Akronym SyMe (kurz für „Synthetic Meat“, zu deutsch „Synthetisches Fleisch“) zu kennzeichnen, damit jedem Verbraucher bewusst ist, dass es sich um In-vitro-Fleisch handelt. Ein entsprechender Antrag wurde in der letzten Landesdelegiertenkonferenz der Jusos Hamburg am 29. September beschlossen und somit an den Landesparteitag der SPD weitergegeben. „Bis jener Antrag zu einem ersten Gesetzesentwurf und anschließend zu einem verpflichtenden Zusatz im LFGB (Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch) wird, werden noch einige Monate vergehen, doch wir sind zuversichtlich, dass alle Abgeordneten und Delegierten, die über den Antrag entscheiden, um die Wichtigkeit jenes Themas wissen und sich für eine sachgemäße Regulierung synthetisch hergestellten Fleisches aussprechen“, so Gündogdu weiter.
Dann könne man Fleisch auch als vegan bezeichnen, „da kein Tier bei der Zellentnahme zu Schaden kam, wodurch Veganer und Vegetarier nicht mehr auf den Konsum von Fleischersatzprodukten sowie Nährstofftabletten angewiesen wären.“ Nebeneffekt: „Da In-vitro-Fleisch keinen Kontakt zu tierischem Blut hatte und auch nie der Lebensweise eines spezifischen Tieres (z.B. Paarhufer oder Schalentiere) ausgesetzt war, könnte man das Fleisch als koscher bzw. halal bezeichnen, wodurch das Produkt von nahezu jedem Menschen konsumiert werden kann.“