Für jedes Kind ein Baum

Projektleiterin Lina Güssefeld (gelbe Mütze) hilft den Kindern beim Einpflanzen der Bäume Fotos: au

Für jedes Kind ein Baum.

Grundschüler pflanzen Auwald.

Es ist schönstes Frühlingswetter an diesem Dienstagvormittag an der Bunthäuser Spitze. Während auf der Süder- und Norderelbe die großen Schiffe gemächlich dahinziehen und die Sonne sich in den Wellen spiegelt, sind die Schüler der Bienenklasse von der Elbinselschule ganz schön aufgeregt. Wie die Namensgeber ihrer Klasse wuseln die Zweitklässler auf einer rund 1.000 Quadratmeter großen Vordeichfläche herum. Noch sieht es hier ziemlich kahl aus, doch das ändert sich nun grundlegend. Bis Ende März pflanzen sieben Schulklassen der Elbinselschule gemeinsam mit der Stiftung Lebensraum Elbe 180 Bäume auf der Fläche. Daraus soll dann ein kleiner, tidebeeinflusster Auwald entstehen. Die Grundschüler pflanzen die typischen Gehölze der Elbufer: Silber-, Bruch oder Korbweiden, aber auch Flatterulmen und Stieleichen. Im Laufe des nächsten Jahre werden die Schulklassen „ihren“ neu gepflanzten Auwald regelmäßig besuchen. „Für jedes Kind gibt es einen Baum. Und an jedem Baum gibt es ein Schild, auf dem der Name des Kindes steht. So können die Kinder immer wieder herkommen und nachschauen, wie es ‚ihrem‘ Baum geht“, so Klocke.
Die Stiftung Lebensraum Elbe hat das Winterhalbjahr 2021/2022 für die Vorbereitung der jetzigen Pflanzaktion genutzt. Sie gestaltete die rund 1.000 Quadratmeter große, aufgeschüttete Vordeichfläche um. Zunächst ließ sie wuchernde Brombeeren, den sich immer weiter ausbreitenden, invasiven Japanischen Staudenknöterich und die standortfremden Pappeln entfernen. Anschließend wurde die Fläche so modelliert, dass sie wieder unter den täglichen Einfluss von Ebbe und Flut fällt (der Neue RUF berichtete). Nun wird diese Fläche mit den heimischen Bäumen der Elbaue bepflanzt. Nach und nach wird hier ein – wenn auch ein kleiner – dichter und wertvoller Tideauwald entstehen. Von der Maßnahme profitieren viele Tiere und Pflanzen, etwa die Beutelmeise oder die Echte Engelwurz.
„Wir wollen mit unseren Projekten neue Lebensräume für Pflanzen und Tiere an der Tideelbe schaffen. Gleichzeitig liegt es uns am Herzen, dass auch wir Menschen Zugang zur einzigartigen Natur vor der Haustür bekommen. Zusammen mit Wilhelmsburger Kindern einen neuen Auwald am Wilhelmsburger Elbufer zu pflanzen und den Bäumen beim Wachsen zuzusehen, ist daher ein echtes Highlight, sowohl für uns als auch für die Kinder“, freut sich Dr. Elisabeth Klocke, Vorstand der Stiftung Lebensraum Elbe.
Der Hintergrund: Auwälder sind sehr wertvolle, heute leider seltene Lebensräume. Noch seltener sind die Tideauwälder. Sie entstehen dort, wo die Gezeiten die Flussufer formen, der Abstand zum Meer allerdings schon so groß ist, dass das Süßwasser dominiert. Auch in Hamburg sind Tideauwälder sehr selten und oft nur reliktartig vorhanden. Der Bau von Deichen und die Elbvertiefungen haben ihre Spuren hinterlassen: Vordeichflächen sind rar und ihre Ufer meist stark befestigt – für die Entwicklung von täglich überschwemmten Auwäldern fehlt schlicht der Platz.
Die Entwicklung dieses Auwalds ist die erste Maßnahme eines rund 650.000 Euro schweren Renaturierungsprojekts an der Bunthäuser Spitze. An einigen Stellen sollen außerdem die steinernen Uferbefestigungen abgesenkt werden. Auch dadurch entsteht mehr Platz für die Natur. Zu guter Letzt soll die Fläche auch für den Menschen erlebbarer gemacht werden.