Flüchtlinge: Verteilungsschlüssel vorgestellt

Anselm Sprandel (Zentrale Koordinierungsstab für Flüchtlinge), Anjes Tjarks (Grüne), Andreas Dressel (SPD), Klaus Schomacker ( Volksinitiative „Hamburg für gute Integration“ ) und Sven Blum (Bürgerinitiative Neugraben-Fischbek - souverän in Süderelbe) stellten den Orientierungs- und Verteilungsschlüssel (OVS) vor.Foto: Jan Greve

„Noch Luft nach unten“
Flüchtlinge: Verteilungsschlüssel vorgestellt

 (mk) Neugraben. Der Zentrale Koordinierungsstab für Flüchtlinge (ZKF), die Volksinitiative „Hamburg für gute Integration“ (HGI) und der Dachverband Initiativen für Integration (IFI) haben gemeinsam einen Orientierungs- und Verteilungsschlüssel (OVS) ausverhandelt. Am 5. April wurde das Ergebnis im Hamburger Rathaus der Öffentlichkeit vorgestellt.
Zehn Monate nach der Verständigung der Hamburger Bürgerschaft mit der Volksinitiative „Hamburg für gute Integration“ liegt der dort vereinbarte kriteriengestützte Hamburger Verteilerschlüssel nun abgestimmt vor. Dieser greift die Vorschläge des von der Bürgerinitiative Neugraben-Fischbeks entwickelten und im Januar 2016 veröffentlichten Verteilungsschlüssels auf, der auf folgenden Komponenten basierte: Einwohner, Fläche, Sozialstatus und Infrastruktur.
Diese Komponenten seien nun auch Basis im OVS und werden mit kleinteiligen, amtlich verfügbaren und aktualisierbaren Daten verarbeitet. Der OVS wird dabei in zwei Schritten ermittelt. In einem ersten Schritt wird auf kleinräumiger Ebene (941 statistische Gebiete) aus Einwohnerzahlen, Flächengröße und Sozialstatus nach RISE ein prozentualer Anteil – der Orientierungsschlüssel – ermittelt. Diese Anteile können auf Stadtteil- bzw. Bezirksebene aggregiert werden. Zukünftig seien jedoch auch von Verwaltungsgrenzen unabhängige Sozialraumbetrachtungen möglich. In einem zweiten Schritt wären bei vermuteten lokalen Versorgungsengpässen Daten zu neun Infrastrukturkriterien (u.a. KITA, Schulen, Ärzte, Polizei) zu erheben und den Hamburger Fachbehörden zur Maßnahmenprüfung zu übergeben.
Der OVS diene dabei als wichtige Entscheidungsgrundlage für zukünftige Standortplanungen und zur Schaffung neuer bzw. Reduzierung vorhandener Plätze. Damit wird einem der wesentlichen Punkte aus den Bürgerverträgen, bei der Planung jene Stadtteile zu betrachten, die bisher nur geringe Unterbringungsleistung erbracht haben, Rechnung getragen. Zugleich können nun zukünftig auch wichtige Problemlagen identifiziert werden. Der Schlüssel sei jedoch ausdrücklich kein Instrument und kein Auftrag zur Umverteilung bestehender Unterkünfte bzw. Unterkunftskapazitäten, heißt es in einer Pressemitteilung der Bürgerinitiative (BI) „Neugraben-Fischbek – souverän in Süderelbe“.
Für zukünftige Standortbetrachtungen wird dem Bezirk Harburg im Orientierungs- und Verteilerschlüssel ein Anteil von 10,05% zugewiesen. Damit wird für die aktuelle Prognose von Folgeunterkünften eine rechnerische Platzzahl von rund 3.440 erreicht. Mit den bestehenden und geplanten Folgeunterkünften in Neugraben-Fischbek (1.348), Sinstorf (597), Harburg (422), Neuenfelde (308), Neuland (308), Rönneburg (260) und Heimfeld (198) sind bereits Unterkünfte in dieser Größenordnung im Bezirk geplant bzw. errichtet. Darüber hinausgehende Standortplanungen seien gemäß OVS folglich lediglich als Ersatz für zu schließende Unterkünfte bzw. bei steigenden Prognosezahlen zu verfolgen, betont die Bürgerinitiative.
Eine detaillierte Auflistung der Schlüsselzahlen ist der Webseite der Bürgerinitiative www.binf-online.de zu entnehmen.
HGI-Sprecher Klaus Schomacker: sagte: „Das Ergebnis dieser Verhandlungen bewerten wir positiv. Die zukünftige Verteilung der Flüchtlinge in unserer Stadt ist eine der wesentlichen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Integration. Dafür wurde nun mit dem kriteriengestützten Orientierungs- und Verteilungsschlüssel (OVS) zur Flüchtlingsunterbringung ein wichtiges Werkzeug geschaffen. Die Fehler der Vergangenheit sollten sich nun nicht mehr wiederholen.“
BI-Mitglied Sven Blum stellte fest : „Wir freuen uns, dass die letzte Kernforderung der Bürgerinitiative Neugraben-Fischbek, die faire Verteilung, nun mit dem im Orientierungs- und Verteilungsschlüssel (OVS) erfüllt ist. Wichtige Komponenten, die die Bürgerinitiative Neugraben-Fischbek bereits mit dem Neugrabener Verteilungsschlüssel Anfang 2016 erarbeitet und vorgeschlagen hatte, sind auch in den OVS übernommen wurden. Eine Überbelastung flächenstarker Stadtteile wurde damit zumindest abgefedert. Mit der Berücksichtigung von Infrastrukturkriterien sind nun auch Probleme, wie sie in Neugraben-Fischbek immer noch auftreten, in den Blickpunkt der Bewertung gerückt.“
BI-Mitglied Jan Greve äußerte sich folgendermaßen: „Für den Sozialraum Süderelbe sieht der Schlüssel mit circa 1.430 Plätzen noch Luft nach unten. Der Schlüssel dient ausdrücklich nicht für eine aktuelle Umverteilung vereinbarter Platzzahlen. Sofern jedoch zukünftige Prognoseanpassungen eine Reduzierung der Plätze im Bezirk Harburg möglich machen, werden wir dies auch für Neugraben-Fischbek einfordern.“