„Der Ernstfall ist schon jetzt“

pm -Dierk Trispel: Es ist wichtig dass in so einem Fall die Behörden funktionieren

„Der Ernstfall ist schon jetzt“.

Verwaltung: Bezirk ist für den Ernstfall gut aufgestellt.

Auf Nachfrage aus der CDU bestätigte es der Verwaltungsdezernent Dierk Trispel (er war für die erkrankte Bezirksamtsleiterin Sophie Fredenhagen eingesprungen) am Dienstag in der Sitzung des Hauptausschusses: Ja, in Harburg habe es einen ersten Corona-Fall gegeben und die Person befinde sich in häuslicher Quarantäne. Mittlerweile dürften es einige Fälle mehr sein. Die Christdemokraten hatten kurzfristig angeregt, dass die Bezirksverwaltung möglichst kurzfristig in öffentlicher Sitzung „die Bevölkerung über die Situation sowie Schutzmaßnahmen und Verhaltensempfehlungen informieren sollte. Auf einen entsprechenden Antrag hatte die Fraktion bewusst verzichtet, weil dieser erst nach mehreren Wochen zu einer Beantwortung führen würde. Der Fraktionsvorsitzende Ralf-Dieter Fischer hatte mit Trispel vereinbart, dass letzterer im Ausschuss über die Situation in Harburg berichtet. Trispel hatte sich dann sinnigerweise Dr. Robert E. Wegner, Leiter des Harburger Gesundheitsamtes, an die Seite geholt. Die Partei Die Linke hatte ihrerseits einen entsprechenden Antrag für die Bezirksversammlung am 24. März eingebracht und erwartet nun im Fachausschuss einen Bericht. Der soll auch Auskunft darüber geben, wie eine Hausquarantäne der Erkrankten mit ausreichender Versorgung durchgeführt wird „und wie erkrankte Obadachlose unter Quarantäne gestellt werden.“
Das Timing für diesen Sachstandbericht war gut gewählt, steigen doch die Zahlen der mit dem Coronavirus Infizierten täglich und sprunghaft. „Panik hilft uns nicht weiter“, sagte Wegner, stellte aber ernüchternd fest: „Der Ernstfall ist schon jetzt.“ Auch sei der Bezirk gut aufgestellt, er stehe in ständiger Verbindung mit den zuständigen Stellen und Stäben. Auch der Gesundheitsdezernent bestätigte, dass man am Anfang einer sehr dynamischen Phase sei. Gleichwohl gelte es, diese Dynamik merklich zu verlangsamen, damit die Kurve der Neuerkrankungen möglichst flach gehalten wird.
Trispel erläuterte ergänzend, dass jede Behörde und auch die Bezirke, wenngleich auch für andere Fälle als jetzt eingetreten, über so genannte Pandemiepläne verfügten, die jetzt zur Anwendung kommen. Diese regeln das Funktionieren der Behörden (Trispel: „Das ist gerade in solchen Situationen besonders wichtig.“) und legt fest, wer wann im Falle eines Falles – wie er jetzt in Italien eingetreten ist – seine eigenen vier Wände verlassen darf und welchen Betrieben Öffnungszeiten zugestanden werden. Auch habe das Bezirksamt Schutzausrüstung nachbestellt. Stand Dienstag habe das Bezirksamt noch keine „mitarbeiterbezogenen Maßnahmen (zum Beispiel Home-Office, wofür bis zu 60% über ein entsprechendes Endgerät verfügten) erlassen müssen.
Die Hamburger Bezirksämter weisen seit Donnerstag per Aushang an den Eingängen darauf hin, dass Besucher, die sich innerhalb der letzten 14 Tage in Regionen und Ländern aufgehalten haben, die zum Risikogebiet für den neuartigen Coronavirus (Covid-19) gelten, gebeten werden, von einem Besuch abzusehen. Dasselbe gilt für Besucher, die sich in den letzten 14 Tagen zwar nicht in Covid 19-Risikogebieten aufgehalten haben, aber grippale Krankheitsanzeichen aufweisen. Diese Maßnahme hatte der Leiter des Gesundheitsamtes am Dienstag angekündigt. In den Aushängen sind je nach möglichem Anliegen E-Mail-Adressen benannt. Weiter weisen die Bezirksämter darauf hin, dass viele Dienstleistungen auch von zu Hause erreicht werden können über: www.hamburg.de/behoerdenfinder oder https://serviceportal.hamburg.de.
Besonders Personen, die jetzt aus den Ski-Ferien in Italien (Südtirol), aus dem Iran oder aus China zurückkämen, sollten sich unter 116117 mit dem Kassenärztlichen Notdienst in Verbindung setzen, um ihren Status zu klären, empfahl Wegner eindringlich. Er betonte, dass besonders Großeltern aus der Kinderbetreuung herausgehalten werden sollten, weil sie als ältere Personen eher ansteckungsgefährdet sind. Das erschwere dann zwar die eh schon ungewöhnliche Situation, sei aber die einzig richtige Lösung, um gegebenenfalls auch Todesfälle zu vermeiden.
Zuvor hatte der CDU-Abgeordnete Rainer Bliefernicht angeregt, der Bezirk solle empfehlen, auf Versammlungen und Veranstaltungen zu verzichten. Das würde auch den psychologischen Druck von Entscheidungsträgern nehmen. Wegener hingegen sagte, man wolle sich den Empfehlungen der Hamburger Behörden anschließen. Tatsache sei aber auch, dass man sich nicht auf etwas vorbereiten könne, von dem man nicht wisse, wie es es sich entwickeln werde. Das gelte natürlich auch für Harburg.