A26-Ost: Wichtiges Verkehrsvorhaben oder einfach nur überflüssig?

In Kirchdorf-Süd soll die A26-Ost in einen Tunnel laufen. Während die einen den Bau der Autobahn verhindern wollen sehen die anderen den Bau als zwingend notwendig. Foto: BWVI

A26-Ost: Wichtiges Verkehrsvorhaben oder einfach nur überflüssig?.

Meinungen bleiben kontrovers.

Die einen wollen sie unbedingt, die anderen sie unbedingt verhindern: Die A26-Ost, auch Hafenquerspange genannt, erregt nach wie vor die Gemüter von Befürwortern und Gegnern (Der Neue RUF berichtete). Auch die Politiker von SPD und Grünen sind sich bei den Koalitionsverhandlungen nicht einig, wie man bei diesem strittigen Punkt eine gemeinsame Linie finden kann. Bei den Verhandlungen am vergangenen Sonntag wurde das Thema dann auch gleich vertagt. Befürworter und Gegner haben indes eine klare Meinung angesichts der A26-Ost!
So hält der Wirtschaftsrat Hamburg die Hafenautobahn A26-Ost angesichts ihrer großen Entlastungseffekte für den Verkehr im Hafen für unverzichtbar, teilte er vergangene Woche mit. Das wankelmütige Verhalten der Grünen in den Koalitionsverhandlungen mit der SPD – bereits 2008 stimmten sie in der schwarz-grünen Koalition für das Infrastrukturprojekt und unterstützten es in den Folgejahren – kritisiert der Wirtschaftsrat scharf und warnt vor einem Déjà-vu à la Elbvertiefung.
„Mit der Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan ist die Hafenautobahn offiziell zu einem der wichtigsten Verkehrsvorhaben in Deutschland geworden. Die Querverbindung zwischen A1 und A7 ist lebenswichtig, um den Hafen und den Hamburger Süden langfristig vor einem Verkehrskollaps zu schützen. Die Entlastungseffekte für die Köhlbrandbrücke, die Innenstadt, die B73 und auch den Harburger Binnenhafen liegen auf der Hand. Der Versuch von Grünen und Umweltverbänden, die A26-Ost nun gegen die ebenso unentbehrliche neue Köhlbrandquerung auszuspielen, ist scheinheilig. Sie wissen ganz genau, dass eine neue Köhlbrandquerung keine Hafenautobahn ersetzt. Umgekehrt gilt das genauso“, betont der Landesvorsitzende Dr. Henneke Lütgerath.
Dass sich Hamburgs Verkehrsinfrastruktur am Rande der Belastbarkeit bewege, sei ein selbst geschaffenes Problem: „Gründe dafür sind Planungsfehler, viel zu lange Genehmigungsverfahren und eben nicht zuletzt Gerichtsprozesse, die Projekte bis zur Unendlichkeit in die Länge ziehen. Das kann sich Hamburg als Wirtschaftsmetropole des Nordens nicht leisten, schon gar nicht vor dem Hintergrund der Corona-Krise. Auf Fahrrädern werden wir es bestimmt nicht aus der Rezession schaffen“, so Lütgerath.
Nach dem schier endlosen Ringen um die Elbvertiefung – das den Hamburger Hafen wirtschaftlich schwer getroffen habe – warnt der Wirtschaftsrat davor, dass sich Umweltverbände nun auf die A26-Ost einschießen und zum Ziel von Klagewellen machen. Der Wirtschaftsrat bekräftigt daher seine Forderung nach beschleunigten Planungsverfahren und einer Einschränkung der Verbandsklage. Der Landesvorsitzende Henneke Lütgerath dazu: „Das deutsche Verfahrensrecht rollt Umweltverbänden geradezu den roten Teppich aus, um die Verbandsklage als pauschales Blockadeinstrument zu missbrauchen. Dieser Praxis muss seitens der Politik Einhalt geboten werden.“
Der Wirtschaftsrat Hamburg sieht die Bürgerschaft und die Hamburger Bundestagsabgeordneten gefordert, sich auf Bundes- und EU-Ebene dafür einzusetzen, dass das Verbandsklagerecht wieder auf ein verträgliches Maß reduziert wird.
Im Gegensatz dazu fordert der NABU Hamburg angesichts dramatisch wegbrechender Steuereinnahmen die SPD auf, sich in den Koalitionsverhandlungen beim Thema Verkehr zu bewegen. Hamburg sollte sich nach Ansicht des NABU beim Bundesverkehrsministerium dafür stark machen, statt der A26-Ost die Köhlbrandquerung voll umfänglich zu finanzieren. Denn laut aktueller Kostenschätzung schlage die für den Hamburger Hafen lebenswichtige Köhlbrandquerung mit etwa 3,2 Milliarden Euro zu Buche. Hamburg müsse sich aller Voraussicht nach mit rund 50 Prozent an den Kosten beteiligen. Das entspräche 1,6 Milliarden Euro – also genau die Summe, die voraussichtlich an Steuereinnahmen wegbricht, so der NABU.
„Der Bund wird niemals beide Vorhaben – die A26-Ost und die Köhlbrandquerung – finanzieren. Das hat der Staatssekretär des Bundesverkehrsministeriums, Enak Ferlemann, unmissverständlich klargemacht. Deswegen wäre eine Umfinanzierung in dieser dramatischen finanziellen Situation eine wirklich kluge Lösung. Auch nur darüber nachzudenken, veraltete Verkehrsvorhaben wie eine teure und mittlerweile infrastrukturell überflüssige A26-Ost umzusetzen ist, ganz abgesehen von den ökologischen Risiken, ökonomisch völlig unverantwortlich“, sagt Malte Siegert, Leiter Umweltpolitik beim NABU Hamburg.
Das Mindeste wäre nach Ansicht des NABU Hamburg ein Moratorium für die kommende Legislaturperiode. Dann könne in fünf Jahren geschaut werden, wie sich die internationale Seewirtschaft sowie der Hamburger Hafen einerseits und wie sich die Hamburger Finanzen nach der Corona-Krise andererseits entwickeln.
Inwiefern sich die beiden Koalitionspartner in Bezug auf die A26-Ost geeinigt haben, stand bis Redaktionsschluss noch nicht fest.