„Wir fühlen uns betrogen!“ Verschleierung eines sozialen Bauvorhabens?

„Wir fühlen uns betrogen!“
Verschleierung eines sozialen Bauvorhabens?

Anlieger lehnen das Wohnprojekt Foßholt 1 ab

„Wir sind Anwohner im Foßholt 16 in dritter Generation. Anfang des Jahres wurde in unmittelbarer Nähe eine Flüchtlingseinrichtung gebaut,“ schreibt der RUF-Leser und erinnert gleichzeitig daran, dass in einem Bürgervertrag ein Zeitraum von fünf Jahren vereinbart wurde, in dem keine weitere sozialen Bauvorhaben in der Nähe der bestehenden Einrichtung entstehen dürfen. Nun stelle man erstaunt fest, dass abgesehen davon, „dass es durch eine permanente Dauerbeschallung durch spielende Kinder, laute Musik und laute nächtlich geführten Telefonaten vorbei sei mit der idyllischen Ruhe, „nun auch noch am Foßholt 1 (direkt gegenüber der Flüchtlingseinrichtung) ein durch einen privaten Investor verdecktes soziales Bauvorhaben entstehen wird.“ Diese geplanten Container-Miniwohneinheiten sollen, so Engelmohr, von der Behörde für Arbeit, Soziales, Frauen und Integration (BASFI) für das öffentlich geförderte Programm „Hier wohnt Hamburgs Jugend“ genutzt werden. „Wir sehen das als Verschleierung eines sozialen Bauvorhabens und fühlen uns als Anwohner betrogen!“ schreibt er weiter, eine Meinung, der sich zahlreiche Rönneburger anschließen, darunter auch Petra Karies. „Das Wohnprojekt Foßholt 1 sorgt bei den Anwohnern am Foßholt und Rönneburger Freiheit sehr für Unmut,“ sagt sie und fährt fort: „Wir Anwohner sind besonders über die Missachtung des Bürgervertrags sauer, in dem uns zugesichert wurde, ähnliche Einrichtungen nicht in der Nähe der Flüchtlingsfolgeunterkunft zu bauen. Nun wird hier ein weiterer sozialer Brennpunkt geschaffen, wenn die Belegung mit 24 jungen Erwachsenen aus betreutem Wohnen etc. erfolgen soll.“
Wie jetzt bekannt wurde, hat vor wenigen Tagen ein Investor einen überarbeiteter Bauantrag eingereicht. Jetzt sei alles so angepasst, „dass jedes Detail bebauungsplankonform ist,“ wie ein Anlieger sagte, der namentlich nicht genannt werden möchte. Demnach sei das Bauamt nun verpflichtet, mit Frist bis spätestens Mitte August eine Baugenehmigung zu erteilen.“ Er fährt fort: „Der baurechtliche Zug ist also abgefahren, politische Einwände können nicht mehr geltend gemacht werden.“ Zwar würden CDU und SPD unverändert dagegen stimmen wollen (wenn es denn möglich wäre), doch gebe es jetzt „für die Politiker nichts mehr abzustimmen.“ Das bestätigte auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Ralf-Dieter Fischer. Mit einiger Verwunderung reagierte indessen der SPD-Fraktionsvorsitzende Jürgen Heimath auf die Äußerungen aus Rönneburg. In der Unterkunft würden Personen untergebracht, in der Regel Auszubildende, die am Wohnungsmarkt bisher keine Chance hatten. Wohnungen an Auszubildende zu vermieten sei, betonte Heimath ausdrücklich, a.) nicht verboten, es sei b.) ein ordnungsgemäßer Bauantrag eingereicht worden und c.) könne man sich die Mieter auf einem Nachbargrundstück nicht aussuchen. „Oder haben manche Personengruppen – Jugendliche, Senioren, Auszubildende etc. – auf einem bestimmten Grundstück kein Recht auf eine Wohnung?“ fragt sich Heimath. Insofern sei das ein ganz normaler Vorgang und die Politik müsse nicht eingreifen.
Über den Bebauungsplan könne leider nichts mehr erreicht werden, bedauert Günter Bosien, der die Harburger CDU im Regionalausschuss mit vertritt. Er ist auch der Meinung, „dass der Umweg über diese privaten Mietverträge bewusst von der BASFI genutzt wird, um Hindernisse zu umgehen.“ Er bestätigte, dass im Regionalausschuss nachgefragt wurde, welche Bewohner denn nun dort einziehen sollen. Die Antwort habe gelautet: „Junge Erwachsene mit ‘schwierigen familiären Verhältnissen‘“. Bosien: „Wobei auf genauere Nachfrage die ‘schwierigen Verhältnisse‘ dann auch ‚alles Mögliche“ sein könnten, von entspannten ehemaligen Wohngruppenbewohnern bis zu problematischeren Lebensverläufen.“ Ihm sei jedoch nicht gegenwärtig, dass von ganz „harmlosen“ zukünftigen jugendlichen Bewohnern die Rede gewesen wäre.
Im Regionalausschuss wurde auch erwähnt, dass die Wohnungen zwar allen Bedürftigen, die auf dem normalen Wohnungsmarkt keine Chance hätten, für Mietverträge offen stünden. Daher meinen die Anlieger vor Ort: „Das ist vom Investor bzw. der BASFI immer schön geredet worden und klingt auch ganz sozial, aber wieso soll der Investor bei einer frei werdenden Wohnung sich irgendjemanden in der Stadt suchen, wenn er mit einem einzigen Anruf bei der BASFI oder der Lawaetz-Stiftung sofort einen jungen Bewohner aus deren Betreuungsprogrammen präsentiert bekommt?“ Mit anderen Bewohnern als jungen Erwachsenen rechne man daher gar nicht. Die Skepsis bleibt.
Der Harburger CDU-Abgeordnete Martin Hoschützky vertritt die Meinung, dass dieses Konstrukt mit dem Umweg über den Investor dem Zwecke dient, die BASFI offiziell aus der Sache zu halten. Mit der Einbindung der Jugendlichen, die am Foßholt wohnen werden, sei es schwierig, meint er, weil die soziale Struktur vor Ort nicht gegeben sei. Auch ihr voraussichtlich kurzer Aufenthalt in diesen Wohnungen lasse das gewünschte Miteinander vor Ort eher schwierig erscheinen. Bezogen auf die Geltung des Bürgervertrags bestätigte Hoschützky, dass er natürlich Geltung habe, weil Personen, die älter sind als 18 Jahre, hier Wohnraum fänden. Anders wäre es gewesen, wenn minderjährige Flüchtlinge, die einer besonderen Betreuung bedürften, hier untergebracht worden wären.
Bekannt ist auch ein Angebot der örtlichen Politiker, im Gegenzug für eine Zustimmung für die immer wieder umstrittenen Unterkünfte in der Nöldekestrasse auf die Foßholt-Bauten zu verzichten. Das aber sei von der BASFI nicht angenommen worden.
Das alles sei sehr ernüchternd, stellt Petra Karies fest, zumal wenn sie daran zurückdenkt, „dass mir Holger Stuhlmann (ehemaliger Sozialdezernent im Bezirksamt Harburg) im Frühjahr persönlich am Telefon gesagt habe, dass die BASFI mit dem Foßholt gar nichts zu tun hat.“
„Die Wohnsituation ist jetzt schon angespannt genug. Noch ein weiteres soziales Wohnprojekt können wir nicht verkraften,“ stellt Karies fest.“ Die Baukommission hat dem Bauvorhaben diese Woche dem Vernehmen nach zugestimmt. Jetzt ist zeitnah eine Eingabe beim Eingabenausschuss vorgesehen. Bleibt die Frage – oder besser, die Befürchtung – dass der Eingabenausschuss gegen ein privates Wohnprojekt – bei positiver Baurechtslage – nichts machen kann.