„Wir waren ein Haus der Begegnung!“

Ein Überbleibsel der Demonstrationen zum Erhalt des Sozialkaufhauses SpendaBel in den Veringhöfen Foto: au

„Wir waren ein Haus der Begegnung!“.

Sozialkaufhaus SpendaBel seit Ende Januar dicht.

Es waren emotionale Momente vor dem Sozialkaufhaus SpendaBel in den Veringhöfen. „Wir haben so geweint, das war sehr traurig!“, beschreibt Roswitha Arndt die Situation am Samstag, 27. Januar. Rossi, wie die Frau von ihren Freunden genannt wird, hat bis letzten Sommer dort gearbeitet. Nun musste sie mit ansehen, wie das Sozialkaufhaus in Wilhelmsburg an diesem letzten Samstag im Januar geräumt wurde. „Das war mehr als nur Möbel verkaufen. Wir waren ein Haus der Begegnung“, so Arndt weiter. Kleinmöbel, Kleidung, Haushaltsgegenstände und Upcycling-Produkte wurden für kleines Geld an bedürftige Menschen verkauft.
Am 31. Januar dieses Jahres musste das Sozialkaufhaus, das vom sozialen Träger einfal gGmbH betrieben wurde, aufgrund von bundesweiten Kürzungen im Sozialbereich schließen. Zwar ist auch die Kleiderkammer Wilhelmsburg von den Kürzungen betroffen – eine Maßnahme wurde gestrichen -, kann aber wie bisher den Wilhelmsburgern Kleidung und Heimtextilien gegen kleines Geld anbieten.
Nicht nur Roswitha Arndt ist über die Kürzungen entsetzt, auch Initiativen, Parteien und der Beirat für Stadtteilentwicklung Wilhelmsburg setzen sich für den Erhalt beziehungsweise für Alternativen ein. So hat die Initiative „Wilhelmsburg solidarisch“ vor der Schließung mehrere Male für die Rettung des Sozialkaufhauses demonstriert. „Die Zahl der Armutsbetroffenen wächst und die Inflation macht Menschen mit wenig Geld ernsthaft zu schaffen. Es ist unfassbar, dass ausgerechnet jetzt Sozialkaufhäuser geschlossen werden“, erklärt Jannike Hansen für Wilhelmsburg solidarisch in einer Pressemitteilung. Laut Initiative wäre der Erhalt des Sozialkaufhauses auch unabhängig von den Jobcentermitteln möglich gewesen. Besonders enttäuschend sei, dass die Kürzungen sogar hatten umgesetzt werden können, ohne die Sozialkaufhäuser zu gefährden. Jannike Hansen weiter: „Soziale Probleme lassen sich nicht durch Kürzungen bei Sozialleistungen und verächtliche Kommentare gegen Erwerbslose lösen. Wir fordern die Bereitstellung von kostenfreiem Raum für die ehrenamtliche Organisation eines Projekts, in dem Menschen mit wenig Geld günstig an Alltagsgegenstände kommen.“
In die gleiche Richtung geht auch eine Empfehlung des Beirats für Stadtteilentwicklung Wilhelmsburg aus der Sitzung am vergangenen Dienstag, der den Regionalausschuss Wilhelmsburg/Veddel dazu anregt, Möglichkeiten zur Weiterführung des Sozialkaufhauses in Wilhelmsburg zu erörtern und Alternativen zur Förderung eines ehrenamtlichen Sozialkaufhauses, insbesondere durch Zurverfügungstellung geeigneter Räume, zu entwickeln sowie die Bemühungen für alle Bürgerinnen und Bürger transparent und offen darzulegen.
Für die Linksfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft ist „die Schließung der Sozialkaufhäuser ein schwerer sozialpolitischer Fehler“. „Die plötzliche Streichung von knapp 800 Arbeitsgelegenheiten und die Schließungen der Sozialkaufhäuser haben massive Auswirkungen auf die soziale Infrastruktur. Die Preissteigerungen sind für niemanden so stark spürbar wie für Menschen mit wenig Geld. Sie trifft dieser Verlust also besonders hart. Der Senat muss jetzt handeln, um nicht die Stadtteile immer mehr sich selbst zu überlassen. Anstelle des Kahlschlags brauchen wir den Erhalt aller Angebote und die Umwandlung der Arbeitsgelegenheiten in sozialversicherungspflichtige Jobs aus städtischen Mitteln. Hamburg hätte sich an anderen europäischen Ländern orientieren können, wo Sozialkaufhäuser in vielen Städten und Gemeinden selbstverständlich etabliert sind. Durch die Weigerung des Senats, Geld in die sozialen Einrichtungen der Stadt zu investieren und sich nur mit den Bundesmitteln schadlos zu halten, gehen der Stadt nicht nur die Sozialkaufhäuser verloren. Auch Senior*innenbegleitungen, RepairCafés und die BarrierePiloten sind durch die Kürzungen betroffen. Es ist schon immer falsch gewesen, diese wichtige soziale Infrastruktur nur aus Arbeitsmarktmitteln des Bundes finanzieren zu wollen. Nun rächt sich dieser Fehler angesichts der Kürzungen im Bundeshaushalt“, erklärt dazu Olga Fritzsche, sozialpolitische Sprecherin der Linksfraktion.