„Wir sind insgesamt realistischer in der Planung“

W. Marsand -Falls die Kosten zur Sanierung des Freibades Neu Wulmstorf zu stark steigen müsse man über eine Schließung der Anlage nachdenken heißt es aus der Verwaltung

„Wir sind insgesamt realistischer in der Planung“.

Gemeinderat stimmt Haushalt 2022 einstimmig zu.

Auf seiner jüngsten Sitzung am 31. März hat der Rat der Gemeinde Neu Wulmstorf nach eingehender Aussprache den Haushaltsplan 2022 auf den Weg gebracht. Die Mitglieder des Gemeinderates verabschiedeten dem Haushalt einstimmig. Für Investitionen sollen insgesamt 26.891.100 Euro aufgebracht werden. Hauptposten sei dabei der Neubau des multifunktionalen Gebäudes für die Ganztagsgrundschule am Moor inklusive Neubau einer Turnhalle, eines Veranstaltungsbereiches und einer Mensa. Da die Kosten für solche große Investitionen nicht alle aus der eigenen Liquidität heraus bedient werden können, wäre eine Kreditaufnahme in Höhe von rund zwölf Millionen Euro geplant. In dem Ergebnishaushalt seien ordentliche Erträge in Höhe von 41.121.285 Euro und ordentliche Aufwendungen in Höhe von 41.867.991 Euro (Betriebseinnahmen und -ausgaben) geplant worden. Der Haushalt 2022 der Gemeinde Neu Wulmstorf wäre somit unausgeglichen und weise im Ergebnishaushalt einen Fehlbetrag in Höhe von ungefähr 747.000 Euro auf, heißt es in einer Pressemitteilung der Gemeinde Neu Wulmstorf.
Dass der Haushalt ohne Probleme durchgewinkt wurde, überrascht. So hatte Kämmerer Jörg Schröder Ende 2021 im Finanzausschuss vor einer Lücke von rund 4,5 Millionen Euro im Haushalt gewarnt. Erträge von 37,71 Millionen Euro stünden Ausgaben von 42, 273 Millionen Euro gegenüber. Von diesem Defizit müsse man runter, mahnte Schröder. Auch CDU-Ratsherr Gerhard Peters kritisiert seit Jahren die seiner Meinung nach überbordenden Ausgaben. Als Paradebeispiel nennt er den Neubau der Grundschule am Moor mit Sporthalle, Veranstaltungsteil und zentraler Mensa. Dafür muss Neu Wulmstorf rund 26 Millionen Euro hinblättern. Ein ähnliches Schulprojekt in Garbsen, so Peters, würde lediglich mit circa 17 Millionen Euro zu Buche schlagen. Grund: In Garbsen würde nur nach Standardausführung gebaut, während in Neu Wulmstorf alles überdimensioniert wäre. Zudem verwerte man in Garbsen auch recycelte Baustoffe, was die Kosten ebenfalls senke, führt Peters aus. Wie kommt nun die drastische Senkung des Defizits von ungefähr 4,5 Millionen auf 747.000 Euro zustande? Kämmerer Schröder listet die Posten, die zur Verringerung des Defizits geführt hätten, auf: „Verbesserungen Fachbereich Service 2.850.000 Euro (davon Mehrerträge Steuern, allgemeine Zuweisungen, Umlagen 2.426.000 Euro), Verbesserungen Fachbereich Ordnung und Soziales 199.000 Euro, Verbesserungen Fachbereich Ortsentwicklung und Immobilienwirtschaft 695.000 Euro“.
Bürgermeister Tobias Handtke erklärte dazu in seiner Rede: „Die Reduzierung des Defizits in diesem Jahr und in der Planung in den folgenden ist aber auch möglich gewesen, da wir einen wirklichen Schnitt bei der Ansatzbildung intern durchgeführt haben. In vielen intensiven Gesprächen in den Fachbereichen haben wir Reserven herausgenommen, Ansätze in Frage gestellt und durchlaufende Posten durchleuchtet. Darüber hinaus haben wir Einnahmeerwartungen realistisch angepasst. Das Ergebnis ist Ihnen bekannt mit insgesamt über 3,7 Mio Euro Verbesserungen. Natürlich wurden hier Maßnahmen auch geschoben, unabdingbar. Allerdings sind bei durchlaufenden Positionen damit Projekte nicht automatisch in Frage gestellt worden. Wir sind insgesamt realistischer in der Planung, was aus unternehmerischer Sicht notwendig ist, wenn ich mir genau diese Reserven in einer Wirtschaftlichkeitsprognose nicht erlauben kann.“ Außerdem sei ihm auch wichtig zu betonen, dass man auch gar nicht die Personalstärke an Bord habe, um die vielen Projekte zeitgleich anzugehen. Man müsse sich für die Zukunft neben den finanziellen Möglichkeiten für eine Durchführung auch die personelle Ressource genau anschauen, erläuterte Handtke. Weiterhin betonte er: „Wir werden mit diesem korrigierten Haushaltsansatz aber natürlich auch die Erwartung bremsen müssen, dass sich traditionell die Jahresergebnisse besser darstellen, als in der Planung vorgesehen. Eine Planung ist dann gut, wenn sie sich an der realen Erwartung orientiert. Hierfür waren für uns die IST-Ergebnisse, vor allem aus der VOR-Corona Zeit, die maßgebende Vorgabe.“ Darüber hinaus machte Handtke deutlich, dass auch die im Zuge des Ukraine-Krieges gestiegenen Energiekosten für den Neu Wulmstorfer Haushalt negative Folgen zeitigen wird.
Man müsse den Beitrag zum Haushaltsausgleich zusammen leisten. Das sei ein Marathon, kein Sprint, beschwor Handtke die Ratsmitglieder. „Verschont“ von den Reduzierungen blieben laut Handtke die Bereiche Kitas, Schulen und Sicherheit. Gesetzlich vorgeschriebene Maßnahmen hätten grundsätzlich Vorrang vor anderen erforderlichen Projekten. Zugleich müsse in den kommenden Jahren eine radikale Streichung unserer wertvollen freiwilligen Strukturen vermieden werden, die getragen werden durch ein hohes Maß an ehrenamtlichen Engagement. Sie machten das vielfältige Leben in dieser Gemeinde aus, so der Bürgermeister. Zu finden sind diese Leitsätze zur Minderung des Haushaltsdefizits in einem Strategiepapier Handtkes aus dem Februar 2022. Unter dem Titel „ Haushaltspolitik der Gemeinde Neu Wulmstorf mit Perspektiven 2030“ ist ein umfangreicher Katalog mit anzuwendenden Grundsätzen und Prioritätssetzungen erarbeitet worden, der „perspektivisch die jährliche Balance von Erträgen und Aufwendungen“ herstellen soll. Auf gut deutsch übersetzt heißt dies nichts anderes, als dass eine realistische, eher unternehmerisch geprägte Handlungsweise Einzug halten soll, damit die Gemeinde Neu Wulmstorf das Heft des Handelns in den eigenen Händen behält. Handtke räumt dies ein: „Ziel war und bleibt es, ein Haushaltssicherungskonzept zu vermeiden, das uns Fesseln anlegt und wenig Spielraum vor Ort lässt und dazu führen würde, dass wir in den freiwilligen Strukturen Einschnitte vornehmen müssen. Wir als Verwaltung sind in den vergangenen Monaten im engen Austausch mit der Kommunalaufsicht gewesen. Die Idee mit einem eigenen Strategiepapier, uns einen verbindlichen Rahmen selbst aufzulegen, ist bei der Kommunalaufsicht nicht nur angenommen worden, sondern wurde außerordentlich begrüßt. Das Strategiepapier verschafft die finanziellen Spielräume, um in die Projekte zu investieren, die uns als Gemeinde in Zukunft mehr Ertrag erwarten lassen.“ Vor diesem Hintergrund deutet Kämmerer Schröder eine mögliche Schließung des Freibades Neu Wulmstorf an, wenn die Sanierungskosten irgendwann zu hoch werden. Auch Handtke hatte bereits öffentlich im Gespräch mit dem Neuen RUF über eine Schließung des maroden Freibades nachgedacht, und als Alternative auf das geplante Kombibad im Neubaugebiet Fischbeker Reethen hingewiesen. Das Strategiepapier von Handtke stieß auf eine unterschiedliche Bewertung. Während es CDU-Ratsherr Peters mehr als Instrument zur Überprüfung der Haushalts-Konsolidierung einstufte und es damit seiner Partei ermöglichte, dem Haushalt 2022 trotz Bauchschmerzen zuzustimmen, hob SPD-Ratsherr Thomas Grambow vor allem die Punkte hervor, die zur Verbesserung der Habenseite (Gewerbesteuer, Einkommenssteuer) führen.