Tauschregal verkommt zur Müllhalde

Eigentlich ist ein Tauschregal eine gute Sache. Viele nutzen es aber auch als Abladeplatz für Sperrmöbel wie hier beim Tauschregal Mokrystraße/Ecke Vogelhüttendeich. Foto: au

Tauschregal verkommt zur Müllhalde.

Wilhelmsburger Tafel fühlt sich im Stich gelassen.

So hatte sich Gudrun-Toporan-Schmidt, Leiterin der Wilhelmsburger Tafel, das nicht vorgestellt: Seit Mitte Juni vergangenen Jahres steht ein Tauschregal auf dem Gelände der Tafel Wilhelmsburg im Vogelhüttendeich. Doch das Regal ist regelmäßig unaufgeräumt, vermüllt, sogar Lebensmittel werden hier abgelegt – und keiner kümmert sich darum. „Das war nicht Sinn und Zweck der Sache“, stellt sie ernüchtert fest.
Kurzer Rückblick: Eigentlich sind Tauschregale eine schöne Sache. Man legt dort Sachen hinein, die man selber nicht mehr braucht, ein anderer will sie haben und nimmt sie mit. Im Reiherstiegviertel gab es 2017 zeitweise drei Tauschregale. Auch wenn die Absicht dahinter eine gute ist, sorgten die Tauschregale immer wieder für Diskussionen. Unter anderem beschäftigte sich der Quartiersbeirat Reiherstiegviertel mehrere Male mit der Thematik. Der Grund dafür waren immer wieder starke Verschmutzungen im Bereich der Tauschregale. Das Problem: Das Bezirksamt Hamburg-Mitte duldete die auf öffentlichem Grund stehenden Tauschbörsen nur, für die Reinigung ist die Stadtreinigung Hamburg nicht zuständig.
Im Juni vergangenen Jahres dann zeichnete sich eine Lösung des Problems ab. Auf einer Sitzung des Quartiersbeirats machte die Tafel Wilhelmsburg der Anwohnerinitiative Tauschkiste/Tauschregal – Bewohner des Reiherstiegviertels, die sich für den Erhalt der Tauschregale einsetzte – das Angebot, einen Teil des Grundstückes am Deichhaus zur Verfügung zu stellen. Die dafür notwendigen Vorbereitungsarbeiten, das Versetzen eines Zaunsegmentes und der Vorbereitung der Fläche wurde finanziell durch den Altkleiderfonds der SAGA/GwG gefördert. Feierlich wurde dieses Tauschregal, das vorher an der Ecke Veringstraße/Fährstraße zu finden war, Mitte Juni eingeweiht. „Und die Anwohnerinitiative wollte sich darum kümmern, dass das Tauschregal nicht vermüllt. Wir haben gesagt, dass wir auch helfen, aber nicht, dass wir das ganz alleine machen“, erinnert sich Toporan-Schmidt. So aber sieht derzeit die Realität aus. Jeden Tag aufs Neue wird das Regal von der Wilhelmsburger Tafel aufgeräumt. „Gestern kam eine fremde Frau und sagte, ich räum das jetzt mal auf, so geht das doch nicht“, erzählt die Leiterin der Tafel. Toporan-Schmidt fühlt sich derweil von der Anwohnerinitiative im Stich gelassen. Seit Dezember versucht sie, die Mitglieder zu erreichen, um eine Lösung des Problems zu zu finden. Bisher ohne Erfolg!
Ob es die Anwohnerinitiative überhaupt noch gibt, konnte eine Befürworterin des Tauschregals, die nicht namentlich genannt werden möchte, nicht sagen. „Die Frage ist schwer zu beantworten, weil es im Grunde nie eine feste Initiative im Sinne einer Organisation gab. Wir waren Anwohnerinnen und Anwohner des Stadtteils, die die Tauschkiste gern nutzen und uns für den Erhalt eingesetzt haben. Der eine mehr, der andere weniger. Der eine öfter, der andere seltener – je nachdem, wie es die Zeit zuließ. Unser primäres Ziel ist es, den Erhalt der Kiste zu unterstützen“. Auf die Frage, ob sich nun wirklich nicht mehr gekümmert wird, sieht sie die Gesellschaft in der Verantwortung: „Hier besteht der Wunsch, dass mit der Tauschkiste verfahren wird, wie es sich im öffentlichen Raum gehört: Ich hinterlasse einen Ort so, wie ich ihn vorgefunden habe – beziehungsweise wie ich ihn vorfinden möchte. Das klappt leider nicht immer. Das Kümmern und Instandhalten kann nicht nur die Aufgabe der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Tafel sein oder einer kleinen Gruppe von Anwohnerinnen und Anwohnern“.
Für Gudrun Toporon-Schmidt steht indes fest: „Wenn sich nicht bald was ändert, dann reißen wir das Regal wieder ab!“ Auch CDU-Lokalpolitiker Jörn Frommann sieht keine Chance mehr für ein Weiterbestehen des Tauschregals: „Leider hat es die Anwohnerinitiative nicht geschafft, die vor rund einem Jahr ausgestreckte Hand von Verwaltung, Politik und Deichhaus zu ergreifen und für einigermaßen vernünftige Zustände im und um die Tauschregale zu sorgen. Die Vermüllung, insbesondere des Tauschregals am Deichhaus, hat unzumutbare Zustände für die Bewohner erreicht und die Tauschregale müssen nunmehr unverzüglich durch die Initiatoren entfernt werden. Einen weiteren Aufschub kann es nicht geben. Auch wenn die Initiative nicht direkt für den Müll verantwortlich gemacht werden kann, so ist das Projekt auch wegen ihrer mangelnden Unterstützung des Deichhauses als gestorben anzusehen.“
Auch ein paar hundert Meter den Vogelhüttendeich hinauf bietet sich das gleiche Bild: An der Ecke Mokrystraße/Vogelhüttendeich macht das zweite Tauschregal des Reiherstiegviertels keinen guten Eindruck. Abgestellte Möbel, Sperrmüll und Unrat sind hier jeden Tag vorzufinden. Im Internet wurde bereits dazu aufgerufen, sich mehr um die Tauschregale zu kümmern.