Notiert: Der Kampf um die Nullen

Notiert: Der Kampf um die Nullen.

von Peter Müntz.

Vor lauter Begeisterung hat der Leser beinahe stramm gestanden. Vor einer Null mit Ausrufezeichen. Das hatte seinen guten Grund: Das Hamburger Abendblatt vermeldete am 20. Mai unübersehbar auf Seite 1: null Corona-Infektionen am 19. Mai in der Hansestadt. Das änderte sich zwar während der nächsten Tage, doch am 25. Mai war es wieder soweit. Da hatte man sich aber an diese Null beinahe schon wieder gewöhnt. Irgendwo im Innenteil des Blattes kam sie ganz unauffällig zum Zug.
Dabei ist das mit den Nullen so eine Sache. Vorzugsweise Fußballer und Politiker bringen wir gerne mit dieser Ziffer in Verbindung und bedenken sie mit diesem nicht gerade freundlichen Attribut. Das hat sich mittlerweile gewaltig geändert. Ganz im Gegenteil: Die Herren Politiker aus den Häusern für Finanzen und Wirtschaft, die tagein tagaus mit den Nullen jonglieren, als gäbe es kein morgen, sind gefragte und respektierte Leute. Ob Milliarden oder Billionen, Otto Normalverdiener kann das eh nicht so genau nachvollziehen, ob bei der Lufthansa oder anderenorts. Je mehr, desto besser, und das ist durchaus ernst gemeint.
Es ist noch gar nicht so lange her, da wäre manch einem dieser Polit-Akteure angesichts einer langen Reihe aus nicht weniger als 11 Nullen (EU-Wiederaufbaufonds) der Angstschweiß auf die Stirn getreten und er wäre vor Entsetzen grün angelaufen. Wie schwer man sich damit tut, zeigt seit Jahren die Debatte über die Grundrente. Da führt eine Null an der falschen Stelle beinahe zu einer Staatskrise und zum Sturz der Regierung. Das Problem ist bis heute nicht gelöst, obwohl viel weniger Nullen im Spiel sind (Ein Schelm, wer Böses dabei denkt). Oder sind wir hier wieder bei der personifizierten Null?
Irgendwann wird uns alle der alte oder neue Alltag wieder haben, der uns mit seinen üblichen Nullen jeglicher Couleur beschäftigt. Sie sind dann erneut in den Reihen mancher Kicker und Politiker und manchmal auch an der Tür jenes Häusels auszumachen, dass gelegentlich mit einer Doppelnull statt eines Herzchens oder den bekannten Piktogrammen aufwartet. Dann ist alles wieder beim Alten. Doch was lernen wir daraus: Es lohnt sich durchaus, auf die Null zu bauen, vor allen Dingen auf die schwarze!
Im Übrigen gilt unverändert das lateinische „Noli mi tangere.“ (Dt.: Rühr mich nicht an/fass mich nicht an, oder auf Corona-Deutsch: Abstand halten!)