Jubel und Enttäuschung

Jubel und Enttäuschung.

Grüne zieht Bilanz der Koalitionsverhandlungen.

Es ist ein erster Erfolg für die frischgebackene grüne Bürgerschaftsabgeordnete Dr. Gudrun Schittek. Der sogenannte „Vollhöffner Wald“ soll laut Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Grünen erhalten bleiben. Die auf diesem Areal eigentlich vorgesehene Ansiedlung von Logistikgewerbe sei vom Tisch und soll an anderer Stelle umgesetzt werden. „Das ist eine super Nachricht“, jubelte Schittek. Die engagierte Politikerin hatte bereits im Februar 2019 einen Antrag zum Erhalt des Wäldchens formuliert, der im Hauptausschuss der Bezirksversammlung eine Mehrheit fand. Zur Enttäuschung von Schittek unterstützte die grüne Führung in Hamburg das Vorhaben nicht – man müsse sich an Abmachungen des Koalitionsvertrages halten, hieß es damals. Aber Schittek ließ nicht locker: Sie organisierte zusammen mit Mitgliedern der Klimaschutzinitiative Vollhöfner Wald Spaziergänge, an denen sich zahlreiche Bürger beteiligten. Es folgten unter anderem Demonstrationen, Baum-Besetzungen wie im Hambacher Forst, Internetauftritte, Infostände und Berichte in den Medien. Mit Erfolg: Der Vollhöfner Wald wurde zum Gesprächsthema in der Öffentlichkeit. Auch die Harburger SPD war gegen die Zerstörung des Vollhöfner Waldes. Dem folgten anscheinend die Genossen bei den jüngsten Koalitionsgesprächen. Schittek: Bürgermeister Peter Tschentscher habe sich viel Zeit für das Thema genommen, die SPD habe den Erhalt des Vollhöfner Waldes akzeptiert. Während Schittek vom Erhalt fest ausgeht, will die Klimaschutzinitiative noch nicht von Entwarnung sprechen.
„Wir haben einen wichtigen Teilerfolg errungen. Als Klimaschutzinitiative Vollhöfner Wald können wir nicht beurteilen, ob die verhandelnden Politiker*innen tatsächlich verstanden haben, dass alle Wälder wegen der gefährlichen Klima- und Artenschutzkrise erhalten werden müssen. Es weckt allerdings unser Misstrauen, dass die Rettung des Völli an Bedingungen geknüpft wird: Er soll erst aus der Hafennutzung entlassen und zum Naturschutzgebiet erklärt werden, wenn Ersatzflächen für die Hafennutzung zur Verfügung stehen. Leider will die kommende Regierung offenbar weiterhin auf (Hafen-)wachstum setzen und ökologisch wertvolle Flächen vernichten“, teilte die Klimaschutzinitiative in einer Pressemeldung mit. Diese fordert ein klares und bedingungsloses Bekenntnis von SPD und Grünen zum Vollhöfner Wald. In den Koalitionsvertrag gehöre ein konkreter Zeitplan für die Herausnahme des Waldes aus dem Hafen und die Ausweisung als Naturschutzgebiet. Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, lädt sie am 31. Mai ab 12 Uhr am Vollhöfner Wald zu einer öffentlichen Kundgebung ein. Auf dieser müssten auch die geforderten Corona-Maßnahmen (Abstand und Maskenpflicht) eingehalten werden, so die Initiative.
Laut gut informierten Kennern der Materie sollen statt des Vollhöfner Waldes nun zwei andere Flächen für das Logistikgewerbe auserkoren worden sein – ein Areal nördlich der Altenwerder Kirche und ein ehemaliges Spülfeld zwischen der Holborn Raffinerie und dem Kohlekraftwerk Moorburg.
Aber zurück zur grünen Bürgerschaftsabgeordneten Schittek. Dass die Grünen bei den Koalitionsverhandlungen grünes Licht für den Bau der A26-Ost gegeben haben, trifft bei ihr auf Unverständnis. Dass eine weitere Autobahn gebaut werden soll, obwohl man eigentlich für eine drastische Wende in der Verkehrspolitik eintrete, sei laut Schittek „eine falsche Entscheidung“. Mit dem Bau eines Tunnels, der die betagte Köhlbrandbrücke ablösen soll, gebe es neben anderen Trassen doch schon genügend Wege, um den Verkehr nach Hamburg zu leiten. Sie könne mit dem Ja zur A26-Ost nicht leben, so Schittek. Diese setzt sich für den Weiterbestand der Köhlbrandbrücke ein – statt Autos solle sie für Radfahrer benutzbar bleiben, schlägt Schittek vor. Ganz bitter stößt der grünen Politikerin auch das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen auf, wonach Moorburg nicht aus dem Hafenerweiterungsgebiet herausgenommen wird. Dass sei gegenüber der dortigen Bevölkerung nicht in Ordnung. Sie würde zum Bittsteller degradiert, kritisiert Schittek, die sich in diesen Punkten enttäuscht von den grünen Verhandlungsführern zeigt, unverblümt.