„Es hat sich soviel getan in den vergangenen Jahren!“

In der Karl-Kunert-Straße die damals noch Industriestraße hieß hat Melanie Leonhard ihre ersten zwölf Lebensjahre verbracht. Foto: au

„Es hat sich soviel getan in den vergangenen Jahren!“

Rundgang durchs Reiherstiegviertel mit Senatorin Leonhard

Neugierig guckt sie über den Zaun der Kita Emmaus. Sie weiß noch genau, wo ihre Gruppe damals ihren Raum hatte: Melanie Leonhard, Senatorin für Arbeit, Soziales, Familie und Integration, kann sich gut an ihre Kindheit erinnern. Bis zu ihrem zehnten Lebensjahr wohnte die heute 41-Jährige mit ihren Eltern und drei Geschwistern in Wilhelmsburg, genauer gesagt im Reiherstiegviertel.
Auch heute ist Leonhard, die seit dem Weggang von Olaf Scholz seit März dieses Jahres auch Landesvorsitzende der SPD Hamburg ist, gerne in Wilhelmsburg. „Ich habe Freunde hier, die ich regelmäßig besuche, wenn es die Zeit zulässt“, erzählt Leonhard bei einem Rundgang durch das Reiherstiegviertel. 29 Jahre ist es her, dass die Sozialdemokratin zusammen mit ihrer Familie nach Harburg weggezogen ist, die Erinnerungen sind geblieben.
Da ist zum Beispiel der Bunker: „Hier haben wir uns immer regelmäßig getroffen, dann ging es auf den Bunkerspielplatz oder in die Spielstunde des Spielhauses. Auch damals schon gab es schon eine Seilbahn hier, das war der Hit“, schmunzelt die Mutter eines Sohnes. Vom Bunker selber und seinen enormen Veränderung ist sie immer noch sehr begeistert. „Von da oben hat man noch mal einen ganz besonderen Blick auf Hamburg und auch auf Wilhelmsburg“, so die Senatorin. Auch sonst ist sie von den Veränderungen auf den Elbinseln sehr angetan, die sie selber als stellvertretendes Mitglied der AG Bildung und Schule der Zukunftskonferenz Wilhelmsburg im Jahr 2001 ein Stück weit mitgestaltet hat. „Es hat sich soviel getan in den vergangenen Jahren!“
Bis heute geblieben und sowohl heute als auch damals für gut befunden ist die Buchhandlung in der Fährstraße. 1985 hatte ein Buch besonders ihre Aufmerksamkeit erregt: Oliver Maass – Das Spiel mit der Zaubergeige“ aus der Weihnachtsserie des ZDF. „Ich bin jeden Tag an der Buchhandlung vorbeigelaufen und wollte dieses gelbe Buch haben, bis es auf einmal weg war, da war ich schon sehr enttäuscht. Aber dann kam ich nach Hause und da war es! Mein Vater hatte es für mich gekauft“, erinnert sich Leonhard gerne an diese Geschichte zurück. Auch der Stübenplatz nimmt eine wichtige Rolle ein. Nicht nur, dass Melanie Leonhard auf dem Platz das Fahrradfahren gelernt hat, hier wurde auch eine Leidenschaft geweckt, die bis heute anhält. „Auf dem Markt gab es einen riesigen Stand mit Kassetten, da bin ich dann immer hin und habe mir Hörspielkassetten gekauft. Ich bin bis heute ein großer Fan von ‘Die drei Fragezeichen‘ und sammel auch immer noch Kassetten“.
Letzte Station des Rundgangs ist die Karl-Kunert-Straße: Damals, als Leonhard mit ihrer Familie hier wohnte, hieß dieses kleine Stück nördlich des Vogelhüttendeichs noch Industriestraße. Dann wurde das Gebiet aufgrund von städtebaulichen, funktionalen und sozialen Problemlagen in den 1980er-Jahren als Sanierungsgebiete Wilhelmsburg S1 (Vogelhüttendeich) und Wilhelmsburg S4 (Industriestraße/Mokrystraße) ausgewiesen. Aus gutem Grund, wie Leonhard noch weiß. „Die Wohnsituation damals war teils sehr prekär. Die Toiletten in unserem Haus waren teilweise auf dem Flur!“ Viele ihrer Freundinnen zogen damals aufgrund der schwierigen Verhältnisse weg aus Wilhelmsburg, die meisten Richtung Harburg. Geprägt hat die Kindheit in Wilhelmsburg die Sozial- und Familiensenatorin bis heute, auch politisch, denn vieles hat die 41-Jährige unmittelbar selbst erlebt. So konnten beispielsweise die meisten aus dem Viertel damals nicht in Urlaub fahren, auch Arbeitslosigkeit beeinflusste viele Familien. „Ich kann das alles nachfühlen. Ich weiß, was es braucht, was wichtig ist. Und das ist vor allem Arbeit, Arbeit ist das A und O!“