CDU braucht eine attraktive Mannschaft

Foto: pm -Michael Schaefer

CDU braucht eine attraktive Mannschaft.

Neujahrsempfang: Karin Prien macht ihren Parteifreunden Mut.

Die CDU leckt nach der krachenden Niederlage bei der Bundestagswahl im Herbst ihre Wunden – coram publico. Auch der CDU-Ortsverband Harburg-Mitte. Beim alljährlichen Neujahrsempfang im Landhaus Jägerhof fiel diese Aufgabe zunächst dem stellv. Ortsverbandvorsitzenden Michael Schaefer zu. Er musste die Vorsitzende und CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Birgit Stöver sowie eigentliche Gastgeberin am Sonntag spontan vertreten, denn in ihrem näheren Umfeld war eine Person positiv getestet worden. Sie begab sich daraufhin vorsichtshalber sofort in Quarantäne und blieb der Veranstaltung fern. 2021 hatte dieser Empfang mit normalerweise bis zu 150 Gästen coronabedingt nicht stattfinden können. Lag es 2022 am Virus, an der Vorsicht oder schlicht an einer Portion Politikmüdigkeit, dass diesmal gerade mal 60 Mitglieder und Freunde der CDU den Weg nach Hausbruch fanden? Alle, die nicht da waren, versäumten eine redliche Analyse von Schaefer sowie einen faktenreichen Rück- und Ausblick von Karin Prien, Bildungsministerin in Schleswig-Holstein und vormalige CDU-Bürgerschaftsabgeordnete in Hamburg, bis sie Daniel Günther, Ministerpräsident im nördlichsten Bundesland, abwarb und nach Kiel lockte. Doch die Bande nach Hamburg sind geblieben.
Michael Schaefer räumte unumwunden ein, dass 2021 nicht das beste Jahr für die CDU gewesen sei. „Der Vertrauensverlust der Bevölkerung hat uns betroffen gemacht“, stellte er fest. Das habe dann zu der herben Wahlniederlage geführt. Schuldzuweisungen lagen Schaefer fern, „denn wir waren im Wahlkampf immer ein Team.“ Gleichwohl räumte er ein, dass „die, die es jetzt sind, nicht die waren, die wir in Harburg haben wollten“. Interne Streitigkeiten in der Bundes-CDU über Inhalte und Personen hätten darüber hinaus das Ganze nicht einfacher gemacht. Alexander Backhaus, 2. stell. Vorsitzender des Ortsverbandes, bemängelte auch den fehlenden Diskurs in der Partei. Aus der Position der Stärke heraus hätte auch Angela Merkel anders auftreten müssen – nach innen und nach außen gleichermaßen, so seine Sichtweise. Besonders die Diskussion um die Energie der Zukunft und die damit verbundenen Kosten hätten die Bürger besonders irritiert und auch verunsichert. Hier sei eine klare Ansage/Aussage zu Atomstrom- und Kohleausstieg versus regenerative Energie von vielen potenziellen CDU-Wählern vermisst worden.
Karin Prien berichtete zunächst über die Regierungsarbeit der Jamaika-Koalition in Kiel. Vertrauensvoll und vertraulich sei sie und es habe bis heute keine einzige Durchstecherei gegeben. Obwohl die Grünen ein traditionell eher linker Landesverband seien und CDU und Grüne gerade beim Thema innere Sicherheit oft weit auseinander lägen, habe man sich auf einen gemeinsamen Weg einigen können. Beispiel: Sogar eine Abschiebehafteinrichtung sei mit grüner Beteiligung möglich gewesen.
Breiten Raum widmete Prien der von ihr verantworteten Bildungspolitik und Kultur. Noch mehr Chancengerechtigkeit im Bildungssytem mahnte sie an, was aber auch viel Geld koste. Zu ihrer Freude und Überraschung habe sie das aber auch immer bekommen. Allerdings müsse das Geld schneller dort angekommen, wo es hingehört – gerade in Zeiten der Pandemie, in der Schulkinder infolge der zahlreichen Regelungen auf der Strecke zu bleiben drohten. Als Erfolg des von ihr geleiteten Ressorts führte Prien u.a. die Initiierung einer „Schul-Cloud“ an, in der Lern- und Lehrmanagement für alle griffbereit abrufbereit stehen, ebenso wie die Ausstattung von Schülern und Lehrern mit Endgeräten, „denn nicht nur die Pädagogik, auch die Technik – sprich: Digitalisierung – darf keinesfalls zu kurz kommen“, so der Gast von der Förde. Mit großem Aufwand würden darüber hinaus Lehrkräfte qualifiziert. Das habe u.a. auch dazu geführt, dass es aktuell keine Vakanzen bei der Leitung von Grundschulen gebe. „Man kann mit den Grünen durchaus auch CDU-Bildungspolitik machen“, stellte sie fest. Allerdings sollte man in der Schulpolitik nicht immer nur die Defizite in den Mittelpunkt stellen, sondern auch die sich bietenden Möglichkeiten. Nur so könne man alle Beteiligten – Schüler, Eltern und Lehrer – mitnehmen. Festzuhalten bleibe, dass es in Schleswig-Holstein aktuell und zum Glück keine Schulkämpfe gebe.
Auch zeigte sie sich überzeugt, „dass wir das Ding“ (sie meinte die Pandemie) bald überwunden haben werden. Das Budget für Wissenschaft und Kultur, das besonders in die Schulen hinein wirken müsse, sei während der letzten Jahre kontinuierlich gestiegen, berichtete Prien, bedauerte aber, dass viele – zu viele – ihr Studium nicht zu Ende brächten.
Auf die Bundespolitik bezogen analysierte die CDU-Ministerin, dass ihre Partei wohl den falschen Kanzlerkandidaten gehabt habe, wenngleich sie selbst hinter Armin Laschet gestanden habe. Markus Söder sei für sie nur zweite Wahl gewesen. Aber auch das Wahlprogramm habe in der Breite nicht gegriffen. Nicht zuletzt seien andere Parteien während des Wahlkampfes in den sozialen Netzwerken erfolgreicher unterwegs gewesen. Mit Blick in die Zukunft mahnte Prien: „Wir brauchen eine attraktive Mannschaft, die die Union führt.“ Mit Friedrich Merz an der Parteispitze sei das durchaus zu machen, ist sie sich ebenso wie auch Michael Schaefer sicher. Die beiden CDU-Politiker betonten ausdrücklich: „Man muss wieder wissen, wofür die CDU steht.“ Ein zentrales Thema müssten dabei Bildung und Wissenschaft sein. Und: Es werde in der CDU keine Rechtsverschiebung geben. Nun gelte es, der Ampel, die im Begriff sei, ein großes Umverteilungsprogramm zu fahren, genau auf die Finger zu gucken.