BUND: Storch und Kiebitz in Wilhelmsburg vor dem Aussterben

Der Wilhelmsburger Umweltschützer Harald Köpke macht unter anderem den Herbizideinsatz bis in wasserführende Gräben für den Rückgang der Kiebitze verantwortlich Foto: G. Bertram

BUND: Storch und Kiebitz in Wilhelmsburg vor dem Aussterben.

Lebensräume für Wiesenvögel bedroht.

Der BUND Hamburg schlägt Alarm! Noch vor wenigen Jahren brüteten auf der Elbinsel Wilhelmsburg noch viele Kiebitze. Heute stünden die imposanten Flieger mit ihrem namensgebenden, lauten Kiwitt-Ruf dort kurz vor dem Aussterben. Schuld daran sei nicht zuletzt das ohne gültigen Bebauungsplan errichtete Logistikzentrum Obergeorgswerder, auf dessen Flächen vor dem Bau bis zu 20 Kiebitzpaare brüteten, ist der BUND Hamburg der Ansicht. „Die Kiebitze haben den ‚gesetzlich vorgeschriebenen Umzug‘ auf die vorgesehenen Ausgleichsflächen nicht mitgemacht. Diese waren offensichtlich nicht feucht genug“, klagt der ehemalige BUND-Vorsitzende Harald Köpke. „Geht es um Eingriffe in die Natur, ist die örtliche Politik ganz vorne mit dabei. Wenn es um einen funktionierenden Ausgleich geht, schweigen die Verantwortlichen. Das Interesse am Thema Artensterben ist bei allen Beteiligten ausbaufähig“, kritisiert Köpke.
Im Jahr 2021 soll es im Wilhelmsburger Osten nur noch fünf brütende Kiebitzpaare gegeben haben. Und selbst deren Bilanz sehe dramatisch aus: Zwei Nester wurden untergepflügt. Hierzu laufen polizeiliche Ermittlungen. Zwei weitere seien vermutlich von Nesträubern (Marderhund oder Fuchs) geplündert worden, sodass letztlich nur ein Kiebitzpaar auf einer Fläche der Stiftung Ausgleich Altenwerder seinen Nachwuchs erfolgreich großziehen konnte.
Auch dem letzten Storchenpaar in Wilhelmsburg gehe es schlecht und schon bald könnte es mit den Störchen auf der Elbinsel insgesamt vorbei sein, warnt Harald Köpke. Ursache dafür sei der dramatische Rückgang der Amphibienbestände, ein Hauptnahrungsmittel der stolzen Vögel. Wo vor einigen Jahren noch Hunderte Amphibien anzutreffen waren, kämen Gras- und Moorfrösche sowie Erdkröten so gut wie nicht mehr vor. In diesem Frühjahr seien nur noch vereinzelt Laichballen dieser Tiere zu finden gewesen.
Köpke sieht hier einen Zusammenhang mit der „Vermaisung“ der Landschaft, die vor drei Jahren auch in Wilhelmsburg Einzug gehalten hat. Der Maisanbau erfolge unter massivem Einsatz von Totalherbiziden wie etwa Glyphosat und die Frage, welche Abstände beim Spritzmitteleinsatz von den Be- und Entwässerungsgräben einzuhalten sind, sei in Hamburg bislang nicht abschließend geklärt. In der landwirtschaftlichen Praxis würden zum Teil Feldwege und Gräben einfach „mitbehandelt“.
Köpke hat immer wieder auf diesen Missstand hingewiesen und klare Regelungen sowie Transparenz eingefordert, zuletzt 2015 bei der Erarbeitung der „Richtline für die Unterhaltung der Hamburger Gewässer“. Die von der SPD dominierte Wirtschaftsbehörde, die bis 2020 für die Landwirtschaft zuständig war, habe dies bislang jedoch erfolgreich verhindert und sich sogar für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf stadteigenen Flächen eingesetzt. Andere Bundesländer seien bei diesem Thema weiter.
Der Naturschützer Harald Köpke hofft, dass mit dem Wechsel der Abteilung Landwirtschaft von der Wirtschaftsbehörde in die Umweltbehörde dem Schutz der Umwelt künftig ein höherer Stellenwert beigemessen wird, auch wenn die Zuständigkeit für das Thema Pflanzenschutz bei der Wirtschaftsbehörde verblieben ist – zu viel Naturschutz habe man dann doch nicht gewollt.