„Bei mir kam richtig Wehmut auf!“

Holzschnitzer Erich Gerer war persönlich anwesend, als seine riesige Eule demontiert wurde

„Bei mir kam richtig Wehmut auf!“

Hölzerne Eule aus Sicherheitsgründen demontiert

Seit dem 15. Juni ist die Süderelbe-Region um ein Wahrzeichen ärmer. Es bedurfte nur eines kleinen Stoßes mit dem Greifarm eines Baggers, und schon war die riesige hölzerne Eule am Parkplatz des Restaurants „Sukredo“ Geschichte. Das monumentale Kunstwerk leistete keinen Widerstand gegen seine Demontage. Der Zahn der Zeit hatte seine Wirkung nicht verfehlt.

Beim Aufprall auf den Boden wurden an vielen Stellen morsche Bestandteile des Kunstwerkes herausgebrochen
„Nach beinahe vier Jahrzehnten war die Eule an vielen Stellen morsch geworden. Auch die Verankerung des Denkmals war nicht mehr intakt.
Auch die Rückseite war von etlichen Rissen durchzog
Die Eule musste aus Sicherheitsgründen demontiert werden“, sagt der als „Eulenschnitzer“ international bekannte Künstler Erich Gerer. Dieser hatte vor Wochen von Bauarbeitern auf der Baustelle im Ehestorfer Heuweg vom Abriss seines „Babys“ Kenntnis erhalten. „Ich kam gerade vom Einkaufen zurück, als ein Bauarbeiter sagte, dass es nun gleich los gehen würde. Ich war persönlich dabei, als meine Eule umgekippt wurde. Bei mir kam richtig Wehmut auf“, erzählt Gerer mit traurigem Blick.
Der gebürtige Österreicher war 1975 nach Süderelbe gekommen. Er machte sich schnell einen Namen als kreativer Holzschnitzer, der keine Scheu hatte, auch exotische Motive in Holz festzuhalten. Ende der 1970er-Jahre hatte er bereits eine kleinere Eule (vier Meter hoch) fertiggestellt und am selben Ort aufstellen lassen. Da er dringend viel Geld für die Reparatur seines Saabs benötigte, der mit einem kapitalen Motor- und Getriebeschaden auf der Autobahn verreckt war, verkaufte er die Eule an einen Hollenstedter Kunden. Doch so ganz ohne Eule wollte Gerer aber nicht sein. 1982 schnitzte er in sieben Monaten eine gewaltige Eule (sieben Meter Höhe) aus Mahagoni und ließ sie an gleicher Stelle wieder aufrichten. Seine Vorliebe für Eulen erklärt Gerer damit, dass er in seiner Kindheit zahlreiche Eulen aufgezogen und ausgewildert habe. Wer sich in seinem Außenatelier ein bisschen umschaut, wird hölzerne Eulen in jeder Größe finden. Bis zuletzt hoffte Gerer, dass seine regelmäßigen Schutzanstriche das Kunstwerk vor dem Verfall retten könnte – vergebens, wie sich nun herraustellte. Auch in den sozialen Netzwerken wäre die Anteilnahme an der Fällung der großen Eule beachtlich gewesen. Ob er sich nochmals an eine solche gewaltige Aufgabe herantrauen würde, sei mehr als fraglich. Angesichts seines fortgeschrittenen Alters (75 Jahre) sei die Arbeit für ihn zu schwer. Man müsse Tag und Nacht schuften, um solch eine kolossale Skulptur zu erschaffen, winkt Gerer ab. Was geschieht nun mit dem hölzernen Torso? Er soll zersägt werden. Er wolle aber keine Bestandteile der Eule als Andenken behalten, versichert Gerer.