St. Johannis bald ohne Glockenturm?

pm -Per Handy war Hamburgs oberste Denkmalschützerin in die Gesprächsrunde mit Andreas Harriefeld (li.) und Hans Christian Lied zugeschaltet

St. Johannis bald ohne Glockenturm?.

Hohe Sanierungskosten: Gemeinde hat Abriss beantragt.

Im Juli vergangenen Jahres hatte es die Pastorin Sabine Kaiser-Reis noch hinter vorgehaltener Hand gesagt. Eigentlich könne sich die St. Trinitatis-Gemeinde die Sanierung des Dreifaltigkeits-Glockenturmes aus dem Jahr 1954 gar nicht leisten. Er befinde sich in einem kritischen Zustand, seine Standfestigkeit sei bedenklich und er müsse genau genommen abgerissen werden. Nun könnte das schneller passieren, als manch einer gedacht hat, denn die Gemeinde hat tatsächlich im Schulterschluss mit dem zuständigen Kirchenkreis einen Abrissantag gestellt. Und: Er ist bewilligt! Das hat der Baudezernent Hans Christian Lied in der jüngsten Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses im Bürgerzentrum Feuervogel bekannt gegeben. Schadhafte Stellen wurden in den 70er-Jahren lediglich mit Spritzbeton „zugekleistert“, hieß es. Die Folge: „Das Ding ist löchrig wie ein schweizer Käse.“ Vorsichtshalber hatte man die Glasscheiben und das Kreuz sowie die Turmuhr schon entfernt, die Glocken wurden im Kirchenvorraum abgestellt. Im alten Turm werden sie wohl nicht wieder läuten. 2019 beliefen sich die Sanierungskosten auf eine dreiviertel Millionen Euro (plus Kosten für eine neue Verglasung).
Erschwerend war hinzugekommen, dass es einen Personalwechsel im zuständigen Architekturbüro gegeben hatte. „Wir wissen aktuell nicht, wie es weiter geht“, sagte die Pastorin Sabine Kaiser-Reis damals, zumal die Gemeinde für die letzte, jedoch „unzulängliche Sanierung“ aus dem Jahr 1994, noch bis in nächstes Jahr jährlich 60.000 Euro bezahlen muss. Jetzt also der mögliche Abriss. Das kann sich heute zwar niemand so richtig vorstellen – die St. Johanniskirche und die Bremer Straße ohne den das Stadtbild prägenden Glockenturm – aber der Spannbeton bröckelt gnadenlos weiter. Dabei hätte die Oberflächenbeschichtung alle 15 Jahre erneuert werden müssen.
Erst jüngst hatte Andreas Harriefeld, Architekt im Kirchenkreis Hamburg-Ost, nach einer Begehung die Sanierung auf mittlerweile 1,4 Millionen Euro taxiert. Daraufhin wurden erste Sanierungsarbeiten unterbrochen und zunächst ad acta gelegt. Das macht das Problem aber nicht einfacher, denn der Turm steht auf der Liste des Amtes für Denkmalschutz. Dessen Leiterin, Dr. Anna Joss, war zwar in die Ausschussitzung eingeladen worden, konnte aber nicht persönlich teilnehmen und ließ sich per Handy zu- und in die Debatte einschalten. Sie räumte frank und frei ein: „Der Abrissantrag hat uns kalt erwischt.“ Allerdings gab sie auch zu verstehen, dass man noch nach günstigeren Sanierungskosten suchen wolle. Mittlerweile beschäftige sich der Kirchengemeinderat auch mit der Möglichkeit des Neubaus eines Glockenturms, hieß es. Das Amt für Denkmalschutz wünscht sich jedenfalls einen Kirchturm „mit großer Strahlkraft.“ Ob das der alte oder ein neuer Turm sein wird, ist heute noch vollkommen offen.