Netzwerk „Grünes Wissen“ ins Leben rufen

Bernhard von Ehren (li.) und Frank Horch beim Gedankenaustausch in der Baumschule Fotos: pm

Netzwerk „Grünes Wissen“ ins Leben rufen
Agrarsenator Frank Horch und Klimawandelbäume

 (pm) Harburg. Sie heißen „Cedrus deodara“, Gymnocladus dioicus“ oder „Quercus palustris“, sie sind keilförmig, rechteckig, quadratisch hoch- oder niedrigstämmig, pilzrund oder knorrig, und gesehen hat sie mancher von uns, der am südlichen Ortsrand von Harburg und dem angrenzenden Landkreis zwischen Marmstorf, Kiekeberg, Woxdorf, Beckedorf und Tötensen unterwegs ist. Es sind Bäume, die auf den 600 Hektar der Baumschule Lorenz von Ehren wachsen und gedeihen. Auf seiner Sommertour informierte sich der Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) am Mittwoch in eben dieser Baumschule, deren Geschäftsführender Gesellschafter Bernhard von Ehren ist, über innovative Kulturmethoden, Fortschritte in der Klimaanpassung, Umwelt- und Ressourcenschutz und auch regionale Produktion.

Laubbäume, Nadelbäume – alle zumeist Zierbäume – so weit das Auge reicht am Stadtrand von Harburg

Bernhard von Ehren machte zunächst deutlich, dass nicht alles grün und nachhaltig sei, was sich als solches bezeichne. „Auch in den Baumschulen müssen wir neue und innovative Wege gehen“, kündigte er an, wobei man heute natürlich nicht wissen könne, was in 20 oder 30 Jahren – dann unter gewandelten Wetter- und Klimabedingungen – gefragt sein werde. von Ehren: „Wir produzieren in den blauen Dunst.“ Nur eines werde bleiben: Baumschulen sind die einzigen Produzenten von „Klimaanlagen für draußen.“ Deshalb sei es notwendig, ein Netzwerk „Grünes Wissen“ ins Leben zu rufen und an einem runden Tisch zu versammeln.“ Es gebe unendlich viel zu tun.
Hamburg sei eine „Bio-Stadt“, stellte Horch fest und verwies u.a. auf das grüne Programm des Senats, in dem Nachhaltigkeit und Produktionsgartenbau im Mittelpunkt stünden. „Durch den Entwicklungsprozess der Nachhaltigkeitsstrategie soll die Zukunftsausrichtung des hamburgischen Produktionsgartenbaus gelingen“, kündigte er an. Hierzu arbeite man an der Vernetzung des Gartenbaus in Hamburg bzw. in der Me­tropolregion.

Bäume als architektonischer Straßenschmuck: Ein schattenspendender Baumpilz-Pavillon aus acht Hainbuchen

Daher sei es sein Ziel (er sei ja auch Senator für Agrarwirtschaft in Hamburg), „die im Aufbau befindliche ressort- und fachübergreifende Zusammenarbeit im Bereich Baumschule insbesondere am Beispiel der Themen „Grün in der Stadt“ und „Klimawandel“ im Gartenbau sowie „nachhaltige Produktionsweisen“ sichtbar zu machen. von Ehren erhofft sich eine enge Begleitung in Zukunftsfragen und innovativen Themen, damit der Wirtschaftsstandort Me­tropolregion Hamburg weiterhin ein Schwergewicht in der Pflanzenproduktion bleibt.“
Konkret informierte sich der Senator am Mittwoch in dem Betrieb mit seinen 183 Mitarbeitern vor allen Dingen über das Thema „Klimawandelbäume“, ein Exportschlager der Baumschule, die ihre Bäume zwischen Island und Kasachstan verkauft – mit sehr unterschiedlichen Anforderungen, wobei über den Pflanzenhandel das komplette Sortiment geliefert wird. Kunde sind Garten- und Landschaftsbau, Kommunen (mit denen das Geschäft sehr umständlich sei, wie Bernhard von Ehren bedauerte), Gartenarchitekten, Planer, andere Baumschulen, Privatkunden und Investoren. Was aber nicht jeder wisse: „Jeder Baum, den Sie im Straßenbild sehen, kommt aus einer Baumschule und nicht etwa, wie viele meinen, aus dem Wald.“ Ob junger oder alter Baum, ob groß oder klein – die Baumschule liefere ein einwandreies Produkt und das Überleben des Baumes hängt ausschließlich von der Pflege durch den neuen Eigentümers ab. Die Bäume in der Baumschule werden alle vier Jahre verpflanzt, wobei es mittels eines maschinellen Vorgehens lediglich noch zwei Minuten dauert, bis man den Baum samt Wurzelballen aus dem Erdreich hebt. Die Zeiten von Spaten und Hacke sind vorbei.
Nicht weniger als 500.000 Bäume, die jedes Jahr mindestens einmal geschnitten werden und über 1000 Arten werden mittels eines ausgeklügelten Flächenmanagementes hier großgezogen, „erzogen,“ wie es richtig heißt.
Sehr gefragt seien beispielsweise Kastanien, Kugelbäume in Osteuropa, hochstämmige Bäume in Zürich und niedrigstämmige in London. Letztlich sei die Baumschule eine Manufaktur, wobei man jedoch den Begriff „Klimawandelbaum“ nicht konkret definieren könne, weil die Anforderungen sehr unterschiedlich seien. Den richtigen Baum für den Kunden herauszufinden, ist das daily business der Baumschule.
Der Baum, der nach Stückzahlen von der Baumschule Lorenz von Ehren am meisten verkauft wird, ist der Eisenholzbaum, der, egal ob Insekten oder extreme Wetterbedingungen, sehr robust ist „und eine tolle Herbstfärbung hat.“ Der Bedarf an solchen Bäumen sei sehr hoch, erläuterte der Baumschulinhaber. Problem dabei: Der Wurzelraum in den Städten sei sehr begrenzt.
Für Hamburg brach Frank Horch eine Lanze. Ihm werde immer vorgeworfen, dass die Stadt beispielsweise im Vergleich zu Kopenhagen zu wenig für den Radverkehr tue. Dafür stünde in Hamburg alle zwei Meter ein Baum, wohingegen man sie in der dänischen Hauptstadt förmlich suchen müsse. Die Thematik sei mithin komplexer, als gemeinhin dargestellt. Nicht Kompromisse seien daher gefragt sondern gute Lösungsansätze. „Grün ist ein must, kein nice to have“, bestätigte ihn von Ehren. Gerade deshalb müsse die Forschung in den Baumschulen gefördert werden, erwartet Bernhard von Ehren. Hamburg werde seine diesbezügliche Förderung im kommenden Jahr von 300.000 Euro um 200.000 Euro aufstocken, kündigte Horch an und versprach eine enge Kooperation mit der Wirtschaft.
Gemeinsam teilte man die Meinung, „dass Bäume nicht einfach so wachsen“, ein weiterer Grund, gemeinsam an einem Strang zu ziehen.