„Ich setze ein bisschen auf Zeit“

Grüne -Die grüne Bürgerschaftsabgeordnete Dr. Gudrun Schittek übt scharfe Kritik an der Deges

„Ich setze ein bisschen auf Zeit“.

Dr. Gudrun Schittek kritisiert DEGES.

Die grüne Bürgerschaftsabgeordnete Dr. Gudrun Schittek fühlt sich von der Deutschen Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (DEGES) übergangen. Sie habe fristgerecht zum 1. März ihre Einwendung gegen die von der Hamburger Wirtschaftsbehörde erteilte vorläufige Anordnung für die A26-Ost- Abschnitt 6c, hier insbesondere gegen den Bau von Hilfsbrücken in Wilhelmsburg unter den Gleisen der S- Bahn, der Fern- Regional- und Güterbahn, abgegeben. Zur Erinnerung: Für den Bau der Hilfsbrücken soll die S-Bahn an einigen Wochenenden in den Jahren 2024 und 2025 sowie ergänzend über mehrere Wochen in 2025 vollständig gesperrt werden. Die Fern-, Regional- und Güterbahnen werden in der Bauzeit der Hilfsbrücken von einem stark eingeschränkten Gleiswechselbetrieb mit Geschwindigkeitsbegrenzungen betroffen sein. Schittek gehe davon aus, dass es wie bei in der Vergangenheit in Hamburg ausgeführten Bahnarbeiten umfassende, über die derzeitig geplanten Sperrpausen hinaus weitergehende Streckensperrungen und länger andauernden Gleiswechselverkehr geben wird.
Sogar eine zwangsweise Sperrung des vollständigen Eisenbahnbetriebs schließe sie nicht aus. Bei den Hilfsbrücken handelt sich um ein einzigartiges Projekt. Geplant ist ein komplexer Tunnelbau in offener Bauweise bei schwierigem Untergrund. Auf diesen Hilfsbrücken sollen dann, während des nachfolgenden, noch nicht terminierten abschließenden Tunnelbaus der A26-Ost, die S-Bahnen, die schweren Güterzüge sowie der Regional- und Fernverkehr rollen. Ein Notfallkonzept sei ihr nicht bekannt. Für den erforderlichen Schienenersatzverkehr befürchte sie im zwischen Sommer 2024 und Frühjahr 2026 geplanten Umbau des Busbahnhofes Harburg große Einschränkungen.
Schittek: „Ich lebe selbst im Bezirk Harburg und befürchte, dass der ÖPNV in Hamburgs Süden durch den Bau der Hilfsbrücken außerordentlich stark eingeschränkt werden wird.“ Darüber bemängelt Schittek eine ungenügende Informationspolitik seitens der DEGES. „Bei derart komplexen Arbeiten am „offenen Herzen“ der Eisenbahn ist es in Deutschland beim Autobahnbau nach dem Fernstraßengesetz Pflicht, dass der Bauträger die betroffenen kommunalen Entscheidungsgremien über eine Anhörung rechtzeitig ins Boot holt. Für das Bundesland Hamburg gilt dabei die durch die Verfassung gegebene Besonderheit, dass Hamburg ein Stadtstadt ist und eine Einheitsgemeinde bildet: Wesentliche Aufgaben der kommunalen Selbstverwaltung in Hamburg obliegen nicht den Bezirksversammlungen, sondern grundsätzlich der Hamburger Bürgerschaft und dem Senat. Nach deutscher Rechtsprechung zum Fernstraßengesetz sind die Hamburger Bezirke keine derartigen Gemeinden, sondern Senat und Bürgerschaft“, ruft Schittek in Erinnerung.
Statt die Anhörung an den Senat und die Bürgerschaft zu adressieren, habe die DEGES, so Schittek, die Anfrage zur Stellungnahme an den Bezirk Hamburg-Mitte und die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen adressiert. Da insbesondere aber auch der Bezirk Harburg von den Sperrungen und Kapazitätseinschränkungen betroffen sein wird, erscheine ihr die gewählte DEGES-Vorgehensweise willkürlich. Sie sei zudem nicht sachgemäß, da lediglich eine Information der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen noch keine vollständige Senatsanhörung darstellen könne. Schittek: „Es fehlen die Voten der folgenden Behörden: Die Umweltbehörde, die sich intensiv zu den ökologischen Folgen der Baumaßnahmen hätte äußern müssen. Die Verkehrsbehörde, die einen funktionsfähigen und tüchtigen ÖPNV samt Schienen-Ersatzverkehr sicherstellen muss. Die Wirtschaftsbehörde, die klären muss, ob die Hafengüterverkehre noch hinreichend funktionieren. Die für die Bezirke verantwortliche Wissenschaftsbehörde, die die Stellungnahme der beiden betroffenen Bezirke Harburg und Mitte aus der Anhörung hätte zusammenfassen müssen.“
Alle vier betroffenen Behörden hätten gemeinsam als Senat eine Stellungnahme öffentlich abgeben sollen und der Hamburger Bürgerschaft anschließend Zeit für dessen öffentliche Beratung in den zuständigen Ausschüssen geben müssen, betont die grüne Politikerin.
„Ich, als direkt gewählte Bürgerschaftsabgeordnete des in Harburg liegenden Wahlkreises Süderelbe und zugleich Mitglied des Verkehrsausschusses, bin daher bei der Ausübung meines Mandats übergangen worden. Meine Mitwirkungs- und Informationsrechte als Abgeordnete sind missachtet worden“, moniert Schittek.
Sie habe daher beantragt, dass die vorläufige Anordnung zugunsten der DEGES zurückgenommen wird, bis die Anhörung der Freien und Hansestadt Hamburg als Gemeinde nach § 17 Abs. 2 Satz 1 FStrG vollständig erfolgt sei – das bedeutet, dass der Hamburger Senat und natürlich die Bürgerschaft unverzüglich angehört werden müssen. Gegenüber dem Neuen RUF erläutert die Grüne, dass sie in ihrer Bürgerschaftsfraktion mit ihrem Aufbegehren die einzige sei. Zwar würden ihre Parteifreunde auch Bauchschmerzen mit der A26-Ost haben. Aber deren Tenor sei, man könne gegen die Entscheidung des Bundes nichts ausrichten, so Schittek. Diese sieht ihren Protest auch nicht als chancenlos. „Ich setze ein bisschen auf Zeit“, gibt Schittek zu. Sie hoffe, dass dadurch ein Umdenken bei wichtigen Instanzen ausgelöst werden könne. Dabei verweist Schittek auf das Bundesfinanzministerium. Dieses könnte angesichts der immensen Kosten für die A26-Ost und die ebenfalls geplante neue Köhlbrand-Querung (Brücke oder Tunnel) ins Grübeln geraten. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium, Bettina Hagedorn (SPD), habe vor einem knappen Jahr auf einer Podiums-Diskussion erklärt, dass man beide Projekte nicht gleichzeitig realisieren könnte, so Schittek.