Grüne: Keine Angst vor Veränderungen

Illustration: Jai Wanigesinghe

Grüne: Keine Angst vor Veränderungen.

Jörn Hansen: „Glückliche Schlaraffen live im Herzen Harburgs“.

Die Grünen gehen in die Offensive: „Rieckhof – es geht weiter!“ heißt es eingangs einer Pressemitteilung des Kreisverbandes Bündnis 90/die Grünen und der grünen Bezirksfraktion von Dienstag. Und: „Das Interessenbekundungsverfahren (IBV – die Red.) ist gestartet. Potenzielle Träger können sich ab sofort mit ihren Konzepten an der Ausschreibung für das Harburger Bürgerhaus beteiligen. Viel wurde in letzter Zeit über die Zukunft des Rieckhofs diskutiert und spekuliert.“ Weiter heißt es: „Tatsache ist, dass es nie darum ging, den Rieckhof zu schließen oder etwas abzuschaffen, was gut funktioniert“, so Bianca Blomenkamp, grüne Fraktionsvorsitzende in der Bezirksversammlung. Aber: „Nach 37 Jahren ist es aber an der Zeit, das bestehende Konzept zu hinterfragen und Neues zuzulassen. Wir freuen uns auf ein modernisiertes Haus mit vielfältigen Angeboten für alle Harburger Bürger*innen.“ Die Ideen, die im Begleitgremium gesammelt wurden, haben vor allem eins gezeigt: Gerade in der jüngeren Zielgruppe kam das bestehende Konzept nicht mehr an, wenn es überhaupt bekannt war.“
Für den Kreisvorstand der Grünen ergänzen die Vorstandssprecherinnen Cornelia Bartsch und Ann-Kathrin Rückmann: „Es war an der Zeit, das Konzept des Rieckhofs zu überdenken und auf gesellschaftliche Veränderungen zu reagieren – und wir freuen uns, dass nun ein Ideenwettbewerb stattfindet, der in Ergänzung zum Bewährten mehr Vielfalt zu bringen verspricht.“ Heinke Ehlers, kulturpolitische Fachsprecherin der grünen Bezirksfraktion, fügt hinzu: „Häufig wird der Mut, Veränderungen zuzulassen und neue Impulse verschiedenster Gruppierungen mit einzubeziehen, verwechselt mit der fehlenden Wertschätzung von Altbewährtem. In den vergangenen Wochen und Monaten mussten wir leider erleben, dass weniger die Chancen, die uns die Beteiligung neuer Akteur*innen bieten können, im Fokus lagen als vielmehr die Angst vor möglichen Veränderungen. Ich freue mich jetzt auf einen echten Wettbewerb um die besten und frischesten Ideen für ein zukunftsfähiges Bürger*innenhaus in Harburg.“
In einem ergebnisoffenen Verfahren soll jetzt die beste Lösung für alle gefunden werden. Jede Initiative und jeder Verein darf sich daran beteiligen, auch die aktuellen Betreiber. „Offen für neue Ideen zu sein, bedeutet nicht, alles neu zu erfinden. Wenn man ehrlich evaluiert, kommt man meist zu dem Schluss, dass einiges erhalten und manches angepasst werden kann“, so Heinke Ehlers.
Indessen hatte das Bezirksamt mit Datum vom 4. November den Aufruf zur Interessenbekundung herausgegeben. Dort hieß es: „…anschließend bewertet eine Jury aus Bezirkspolitik, Zivilgesellschaft (bspw. Seniorenbeirat, Integrationsrat, Vertretungen von Menschen mit Behinderung, Schüler:innen und Studierende sowie Vertretungen der Netzwerke Jugendforum Harburg und Süderelbe) und Verwaltung alle Interessenbekundungen. Die Jury schlägt dem Bezirksamt Harburg den Träger …“. Man sollte es kaum glauben, aber nur fünf Tage später sah sich das Bezirksamt veranlasst, eine zweite, aktualisierte Version herauszugeben. Zwischenzeitlich hatte sich der Integrationsrat kritisch zum IBV geäußert. Der Text wurde nun angepasst und dahingehend verändert: „Anschließend bewertet eine Jury aus Bezirkspolitik, Verwaltung sowie – jetzt neu – lediglich noch „mit beratender Stimme, Repräsentant:innen verschiedener Bevölkerungsgruppen (beispielsweise Senior:innen, Jugendliche und junge Erwachsene, Menschen mit Zuwanderungsgeschichte, Menschen mit Behinderung). Sie alle gehören – anders als in ursprünglichen Ausschreibungstext – nicht mehr der Jury an, sondern haben lediglich noch beratende Stimme. Hieß es am 4. Novemeber noch „Die Jury schlägt dem Bezirksamt Harburg den Träger vor“, liest man es jetzt: „Die Entscheidung über die Aufforderung zur Antragstellung liegt beim Bezirksamt Harburg. Nach Abschluss des IBV wird Einvernehmen mit der Bezirksversammlung hergestellt…“. Hat diese bereits Einvernehmen signalisiert?
In der Zwischenzeit hatte sich laut einem Bericht des Portals „Besser im Blick“ der Integrationsrat von der IBV-Fassung vom 4. November distanziert. In der zweiten IBV-Version vom 9. November wird der Integrationsrat prompt nicht mehr namentlich genannt.
Jörn Hansen, Noch-Geschäftsführer des Rieckhofs, verfolgt das Prozedere mit Spannung. Das Bezirksamt hatte aus gegebenem Anlass einen hübschen Flyer mit einem noch hübscheren Wimmelbild herausgegeben. Hansen dazu: „Absolut köstlich ist das extra, dicht bis wirklichkeitsgetreu erstelle Wimmelbild des Bürgerhauses Harburg… endlich ein „Haus für alle. Toll, dass es dort schon ein 2. und 3. Stockwerk gibt … Alle gleichzeitig unter einem Dach, eine Bar im 2. Stockwerk, zwei Bühnen … eine fröhlich pfeifende Reinigungskraft mit Uniformmütze mittendrin … läuft. Volksfest auf dem 1,5 Meter breiten Fußgängerweg vor dem Haus…, fehlen nur noch die Stelzenläufer … ein Traum … alles glückliche Schlaraffen live im Herzen Harburgs …“.