„Die Pläne sind völliger Unsinn“

„Die Pläne sind völliger Unsinn“.

Stadtentwicklungsausschuss stimmte neuen Bauflächen zu.

Der Mangel an bezahlbaren Wohnungen ist seit Jahren bekannt. Der von der SPD geführte Hamburger Senat hatte sich seit 2011 ein ambitioniertes Wohnungsbau-Programm auf die Fahnen geschrieben, das in den ersten Jahren auch Erfolge zeitigte. Aber zuletzt stagnierte die Entwicklung. Eine Konsequenz war auch der Wechsel von Bausenatorin Dorotheè Stapelfeldt zu Karen Pein. Die Gründe für den Rückgang des Baus von Neu-Wohnungen liegen im generell begrenzten Grundstücksangebot eines Stadtstaates, in der Rücksichtnahme auf den Umweltschutz und der explosionsartigen Verteuerung der Baumaterialien infolge des Ukraine-Krieges begründet. Unter diesen Voraussetzungen wird die Suche nach geeigneten Arealen immer schwieriger. Jeder noch so kleine Raum wird deswegen auf seine Tauglichkeit hin untersucht. So auch in Süderelbe und Harburg.
Das bezirkliche Wohnungsbauprogramm wird in Harburg jährlich aktualisiert. Die Verwaltung präsentierte im Stadtentwicklungsausschuss am 4. September der Öffentlichkeit wieder sieben neue Flächen für die Aufnahme in das Wohnungsbauprogramm. In der Neugrabener Region wären dies laut des Baudezernenten Hans-Christian Lied die Gründstücke Cuxhavener Straße 356, Falkenbergsweg 1 und 3, Hausbrucher Bahnhofstraße 31 und das „Postareal Neugraben“ in der Neugrabener Bahnhofstraße/Scheideholzweg. Der Standort Cuxhavener Straße 356 weist aktuell einen Glasereibetrieb auf. In dem als Mischgebiet ausgewiesenen Areal könnten bis zu 20 Wohnungen entstehen, wobei 35 Prozent auf öffentlich geförderten Wohnungsbau entfallen sollen. Die Lage dieses Standortes habe sowohl Vor- als auch Nachteile, heißt es in dem Antrag des Baudezernates: „Die stark verkehrsbelastete Lage erfordert gehobenen Aufwand hinsichtlich Ausrichtung und Lärmschutz der Wohn- und Schlafräume, die Nähe zum Bahnhof und Zentrenbereich macht den Standort dennoch für Wohnnutzungen attraktiv.“ Am Standort Falkenbergsweg 1 und 3 sollen laut Mitteilung der Bauabteilung mittels einer sinnvollen Nachverdichtung der Bestandsnutzung 42 neue Wohnungen entstehen. Am Standort des sogenannten Postareals Neugraben, dessen Gebäude abgerissen werden sollen, plane man zu 100 Prozent öffentlich geförderte Wohnungen. Rund 70 neue Wohnungen sollen gebaut werden. Als zentrumnahes Wohnen in Ortsrandlage mit Grünbezug wird die Lage angepriesen. Wenn alles gut geht, wäre ein Baubeginn 2026 möglich, teilte Lied mit. „Reines Wohnen“ in bis zu 30 neuen Wohnungen, so die Verwaltung, soll ebenfalls am Standort Hausbrucher Straße 31 in ein paar Jahren Realität werden. Möglich wird das durch eine Nachverdichtung der bislang ungenutzten Baufläche – teilweise müssten Baumfällungen vorgenommen werden, kündigt die Verwaltung an.
In Harburg richte sich das Augenmerk in erster Linie auf den Karstadt-Komplex. Nach der Schließung des Kaufhauses befinde man sich erst in der Konzeptfindung, hebt die Bauabteilung hervor. „Die Aufgabe der bisherigen Kaufhaus-Flächen eröffnet Potenziale für eine moderne, innerstädtische Mischnutzung“, heißt es dazu aus dem Baudezernat. Genaue Angaben zu den neuen Wohnungen könne man noch nicht vornehmen. Zusammen mit dem Gebäude „Großer Schippsee 16“, das wahrscheinlich abgerissen werden soll, rechne man als Mindestansatz jedoch mit ungefähr 50 neuen Wohnungen, erläuterte Lied. Darüber hinaus sollen durch Aufstockung eines Gebäudes in der Hans-Fitze-Straße 2 25 neue Wohnungen entstehen. Der Baubeginn hier könnte 2026 sein, so Lied. Dieser fügte noch den Standort Rönneburger Straße 48 hinzu. Bis zu 40 neue Wohnungen sollen hier in guter Lage in gewachsener Wohnumgebung realisiert werden, nachdem die alten Gebäude abgerissen worden seien. Eine Baugenehmigung wäre schon erteilt, erläuterte Lied.
Dieser erbat von den Parteien im Stadtentwicklungsausschuss grünes Licht für die ambitionierten Pläne. Die gab es aber nur mehrheitlich. Die CDU verweigerte ihre Zustimmung. Man sollte darüber abstimmen, wenn die Projekte wirklich baureif seien und nicht wie früher in der DDR auf Jahre hinaus ins Blaue planen, sagte CDU-Fraktionsvorsitzender Ralf-Dieter Fischer. Zudem habe die Verwaltung die Eigentümer der Flächen teilweise wohl noch gar nicht kontaktiert. Zu kritisieren sei überdies, dass man sich anscheinend nicht über genaue Details der betreffenden Grundstücke informiert habe. Beispielsweise das Areal an der Cuxhavener Straße 356. Die naheliegende Kreuzung Cuxhavener Straße/Am Neugrabener Bahnhof soll in diesem Bereich mittelfristig verbreitert werden. Dadurch verkleinere sich die Fläche an der Cuxhavener Straße 356. Es könne auch nicht angehen, dass viele Bäume für die Neubau-Wohnungen in der Hausbrucher Straße 31 gefällt werden. Dies sei hier weit und breit die einzige Grünfläche, kritisierte Fischer. Dieser legte noch nach: „Die Pläne sind völliger Unsinn“. Baudezernent Lied vernahm es und entgegnete, dass man lediglich nach neuen Flächen für den Wohnungsbau Ausschau gehalten habe. Andere Aspekte spielten da eher eine untergeordnete Rolle, räumte Lied ein.