„Bau des Schöpfwerks muss nun zügig kommen!“

Der Großeinsatz von Feuerwehr THW und vielen weiteren Helfern verhinderte ein Binnenhochwasser in Finkenwerder Foto: Aktionsbündnis Alte Süderelbe

„Bau des Schöpfwerks muss nun zügig kommen!“.

Alte Süderelbe drohte überzulaufen.

So hatten sich viele Bewohner von Finkenwerder das Weihnachtswochenende nicht vorgestellt: Anstatt gemütlich die Zeit bis zum Heiligabend mit Geschenke einpacken, Kekse backen und Weihnachtsbaum schmücken zu verbringen, sorgten sie sich um das Binnenhochwasser, das Finkenwerder und den Süderelberaum bedrohte. Keller liefen voll, Gärten und Obstplantagen verwandelten sich in kleine Seenlandschaften. Grund für den Ausnahmezustand in Finkenwerder war das Sturmtief Zoltan, das die Pegel in Finkenwerder steigen ließ. Der mit dem Sturm einhergehende dauerhafte Starkregen sorgte dafür, dass große Wassermengen aus dem Süderelberaum in die Alte Süderelbe flossen. Durch den gleichzeitig hohen Pegelstand in der Elbe konnte das aufgelaufene Wasser in der Alten Süderelbe aber nicht zurück in den Strom fließen, die Fluttore des Storchennestsiels nicht geöffnet werden. Die Folge: Die Alte Süderelbe drohte überzulaufen. Nur der Einsatz der Berufs- und Freiwilligen Feuerwehr sowie Einsatzkräfte des Technischen Hilfswerkes verhinderte eine größere Katastrophe. „Dass diesmal alle mit einem blauen Auge davongekommen sind, ist einem Anwohner zu verdanken, der die Berufsfeuerwehr alarmierte. Gemeinsam mit der Freiwilligen Feuerwehr, dem Technischen Hilfswerk und der Werkfeuerwehr der Firma Holborn Europa Raffinerie GmbH koordinierte man über einen operativen Leitungsstab, der eng mit dem regionalen Katastrophendienststab des Bezirksamtes Hamburg-Mitte zusammenarbeitete, den Einsatz. Hochleistungspumpen wurden aus Hamburg, Bremen und Niedersachen organisiert, über die Hauptzufahrtsstraße nach Finkenwerder wurden Schläuche gelegt, die Straße gesperrt und zeitweise 85.000 Liter Wasser pro Minute mit Hochdruck in die Elbe gepumpt“, erklärt Patricia Maciolek vom Aktionsbündnis Alte Süderelbe. Kurios: Bereits seit 2004 gibt es einen Beschluss zum Bau eines Schöpfwerkes am Storchennestsiel, umzusetzen von der Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA). Doch dort sei bisher wenig passiert, teilt das Aktionsbündnis weiter mit.
Unter dem Eindruck der Geschehnisse werden die Stimmen nach dem Bau des Schöpfwerks nun wieder laut. „Unser großer Dank gilt den Einsatzkräften von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk, der Polizei, der Bezirksämter Hamburg-Mitte und Harburg sowie des Landesbetriebs Straßen, Brücken und Gewässer, die mit ihrem tagelangen Einsatz Schlimmeres verhindert haben. Dieser Einsatz hat aber auch noch einmal allen vor Augen geführt, wie dringend es ein Schöpfwerk am Storchennestsiel braucht, um bei Starkregen die massiven Wassermengen aus dem ganzen Süderelberaum, sogar aus dem niedersächsischen Umland, aus der Alten Süderelbe tideunabhängig in die Elbe entwässern zu können. Die Umweltbehörde hat für das erste Halbjahr 2024 eine Bedarfs- und Vorplanung sowie Kostenberechnung angekündigt. Aus Sicht des Bezirks muss der Bau des Schöpfwerks nach jahrzehntelanger Diskussion nun zügig kommen“, erklärt dazu Ralf Neubauer, Bezirksamtsleiter von Hamburg-Mitte und selber in Finkenwerder wohnhaft.
Auch die Politik ist sich einig, dass nun dringend gehandelt werden muss. So könne „ein Extremwetterereignis wie dieses jederzeit wieder passieren. Auch mit Blick auf den Klimawandel ist immer häufiger mit solchen Problemen zu rechnen. Deshalb darf in der Umweltbehörde nicht mehr lange über ein Schöpfwerk diskutiert werden. Wir fordern die Behörde von Senator Kerstan dazu auf, dafür zu sorgen, dass das Schöpfwerk schon bald auch tatsächlich gebaut wird“, so die Finkenwerder Bezirksabgeordnete und Vorsitzende der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte, Carina Oestreich (SPD). Barnabas Crocker, Bezirksvorsitzender der FDP Harburg, findet, dass „das Hochwasserschutzkonzept der Alten Süderelbe überarbeitet werden muss. Neben der schon geplanten Deicherhöhung in Neuenfelde und Cranz muss es auch ein Konzept dafür geben, wie mit größeren Wassermengen aus dem Binnenland umgegangen wird. Es wäre ein Schildbürgerstreich, wenn der erhöhte Elbdeich die Gebiete vor Elbhochwassern schützen würde, während sich das Wasser gleichzeitig hinter dem Deich staute. Dadurch wäre wenig gewonnen. Der Senat ist nun am Zug, es muss schnell ein besseres Hochwasserschutzkonzept her“. Gudrun Schittek, Wahlkreisabgeordnete der Grünen-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft für Süderelbe, meint zur aktuellen Lage: „Wir haben aktuell erlebt, dass die Gefahr von Binnenhochwasser durch Starkregen für Neuenfelde, Francop und Finkenwerder sehr real ist. Verschärft wird die Situation durch zunehmende Versiegelung durch neue Baugebiete und den Bau der A26. Der Bau von Schöpfwerken an der Alten Süderelbe zur Entwässerung in das Köhlfleets und auch an der Estemündung in das Mühlenberger Loch ist unbedingt erforderlich. Das Monitoring der Wasserstände und die Alarmierung, Be- und Entwässerung leisten die örtlichen Wasserverbände in ehrenamtlicher Arbeit äußerst zuverlässig und verantwortungsvoll. In Zukunft sollte die Abstimmung mit den zuständigen Behörden und mit den Bezirken Harburg und Mitte verbessert werden.“
„Neben der Notwendigkeit eines Schöpfwerks zeigt dieses Wochenende aber auch, wie unsinnig und sogar bedrohlich die Öffnung der Alten Süderelbe, die immer noch nicht vom Tisch ist, wäre. Würde sie geöffnet, würden bei schweren Stürmen zusätzlich zu dem sich durch Starkregen aufbauendem Hochwasser die Tiden in vollem Umfang in der Alten Süderelbe auflaufen. Und dann?“, fragt das Aktionsbündnis Alte Süderelbe, das seit Jahren gegen die Öffnung der Alten Süderelbe kämpft (der Neue RUF berichtete).