Aus Stahl wird Kalk: Die perfekte Kreislaufwirtschaft

HRV/priv. -Stahl ± was wird aus den Nebenprodukten? HRV-Geschäftsführer Matthias Hirschberg: „Mehr als 200.000 Tonnen Nebenprodukte finden jährlich den Weg zurück in den Wirtschaftskreislauf. Konverterkalk ein Nebenprodukt wird zu qualitativ hochwertigem Düngemittel. Abbau von Naturkalk kann somit reduziert werden.Ò

Aus Stahl wird Kalk: Die perfekte Kreislaufwirtschaft.

In Hamburg entsteht ein wertvolles Recyclingprodukt.

Nachhaltigkeit! Dieses Thema spielt auch in der Hamburger Stahlindustrie eine immer größere Rolle. Seit 2006 gehören die Hamburger Stahlwerke auf der Dradenau zum Weltmarktführer ArcelorMittal, der das Thema zu einem Schwerpunkt seiner Unternehmensphilosophie gemacht hat. Die Tochtergesellschaft Hanseatische Recyclingprodukt-Vertriebsgesellschaft (HRV) ist heute ein wesentlicher Pfeiler dieser Nachhaltigkeitsstrategie. Sie führt jedes Jahr rund 200.000 Tonnen Nebenprodukte aus der Stahlproduktion des Hamburger Stahlwerkszurück in den Wirtschaftskreislauf. Dazu gehört vor allem Kalk, der als Nebenprodukt bei der Stahlherstellung in großen Mengen anfällt, daneben hochwertiger Schotter und Splitt. Die HRV bereitet mit ihren gut 100 Mitarbeitern die Schlacken, die bei der Herstellung von Stahl anfallen, professionell auf. Während Splitt und Schotter von Straßenbauunternehmen weiter verarbeitet werden, bereitet man den so genanten Konverterkalk für Landwirte auf und stellt ihn als qualitativ hochwertiges Düngemittel wieder zur Verfügung. Wie sinnvoll das ist, beschreibt HRV-Geschäftsführer Matthias Hirschberg: „Durch unsere nachhaltige Wiederverwendung der Nebenprodukte kann zum Beispiel der Abbau von Naturkalk reduziert werden. Auch für die Landwirte ist der Einsatz von Konverterkalk sinnvoll: Sie arbeiten mit einem hoch wirksamen Düngemittel in überwachter und gleichbleibender Qualität.“
Im Stahlwerk von ArcelorMittal in Finkenwerder, direkt an der Elbe, verarbeitet man Eisenerz in Stahlprodukte, die zum Beispiel das Ausgangsmaterial für Stahlseile und Schrauben, für Bettfedern und Autoachsen, aber auch für den Stahl in Stahlgürtelreifen, für Maschendraht oder Bewehrungsstahl am Bau. Hier werden jedes Jahr etwa 1,1 Millionen Tonnen Stahl erzeugt, wofür wiederum 700.000 Tonnen Roheisen eingesetzt werden. „Auch hier spielt Recycling eine wichtige Rolle“, weiß Hirschberg. „Große Mengen Stahl werden aus recyceltem Schrott erschmolzen.“
Mit Großschiffen wird Eisenerz direkt zum Werksgelände gebracht und durch Gasreduktion zu sogenanntem Eisenschwamm reduziert. Das wird zusammen mit den Schrotten aufgeschmolzen. Bei diesem Prozess entsteht der mengenmäßig größte Anteil von Nebenprodukten; mehr als 100.000 Tonnen Schlacke. Dies sind mineralische Reste, die bei dem Schmelzvorgang im Ofen verbleiben und noch heiß und flüssig von den HRV-Mitarbeitern transportiert und nach dem Abkühlen weiterverarbeitet werden. Die erkalteten Schlacken werden aufgebrochen, gesiebt und danach zu Schotter und Splitten weiterverarbeitet: Da der Split ein hohes Eigengewicht und eine hervorragende Körnung aufweist, wird er vor allem für den Unterbau von Straßen mit hoher Belastung eingesetzt. Restmetall, das beim Sieben anfällt, wird im Stahlwerk wieder geschmolzen. Das Prinzip der Nachhaltigkeit ist perfekt umgesetzt.
Aber die Kreislaufwirtschaft geht, dank HRV, noch weiter: Wenn heißer, flüssiger Stahl abgegossen wird, bleibt die sogenannte weiße Schlacke übrig, die zunächst abgekühlt wird. Diese wird gebrochen und mehrere Male gesiebt. Dadurch gewinnt die HRV Konverterkalk; auch hierbei entsteht kein Abfall, denn separierte Metallreste wandern wieder zurück in die Stahlproduktion.
Der gewonnene Konverterkalk ist in der Landwirtschaft ein wertvolles Düngemittel. „Gerade der Konverterkalk hat fantastische und vielfältige Eigenschaften, die sich auf die Bodenstruktur sehr positiv auswirken. Das zeigen renommierte Langzeittests des Instituts für Baustoff-Forschung“, erläutert Hirschberg.
In zahlreichen Feld- und Gefäßversuchen konnten die positiven Eigenschaften des Konverterkalks, beispielsweise gegenüber Naturkalken, bestätigt werden. So sind die Erträge in der Landwirtschaft deutlich höher, wenn mit Konverterkalk gedüngt wird. Ein weiterer Vorteil ist die gleichbleibende Qualität und Zusammensetzung des Konverterkalks; garantiert durch die genormten Produktionsprozesse. Ein Wermutstropfen bleibt: Für Endverbraucher und Hobbygärtner gibt es den Hamburger Kalk noch nicht zu kaufen. Immerhin: „Wir denken darüber nach“, sagt Hirschberg.