Sondersitzung des Gesundheitsausschusses

pm -Dr. Christopher Wenck ärztlicher Direktor der Klinik

Sondersitzung des Gesundheitsausschusses.

Helios Mariahilf: Wo liegen die Probleme in der Geburtshilfe?.

Am 22. Februar findet eine Sondersitzung des Gesundheitsausschusses der Bezirksversammlung statt. Sie beginnt um 16.30 Uhr im großen Sitzungssaal des Harburger Rathauses. Eingeladen sind Philip Fröschle, Geschäftsführer der Helios Mariahilf Klinik sowie der ärztliche Direktor, Chrisopher Wenck. Von ihnen erwarten die Auschussmitglieder und die Öffentlichkeit (die Sitzung ist öffentlich) Auskünfte über die jüngsten Vorkommnisse in dieser Klinik an der Stader Straße – speziell in der geburtshilflichen Abteilung, der einzigen im Bezirk. Erst am Dienstag waren Fröschle und Wenck im Gesundheitsausschuss der Bürgerschaft, um zu berichten. Anlass: Zuerst hatte Dr. Maike Manz (43), Chefärztin der Geburtshilflichen Abteilung, gemeinsam mit vier weiteren Oberärzten ganz überraschend im Dezember gekündigt. Der Grund: Sie hatten sich über Missstände im Krankenhaus beschwert. Wenige Tage später musste der Kreißsaal vorübergehend geschlossen werden, nur Notgeburten waren möglich. Der Grund: erkrankte Ärzte. Die Folge: Schwangere mussten abgewiesen werden. Dann ein weiterer Tiefschlag: An dem Wochenende starb im Mariahilf eine Frau bei der Geburt ihres siebten Kindes (es überlebte). Das alles ist entsetzlich“, zeigte sich Jörn Lohmann, Fraktionsvorsitzender Die Linke und Vorsitzender des Gesundheitsausschusses, erschüttert. „Unser tiefstes Mitgefühl gilt den Hinterbliebenen, die diese Tragödie erleiden müssen.“
Von Personalengpässen könne keine Rede sein, sagte Fröschle in der Ausschusssitzung, und die Wirtschaftlichkeit an erste Stelle zu stellen, könne man sich gar nicht erlauben. Umgekehrt werde ein Schuh daraus: Gute Medizin sei erst die Voraussetzung für Wirtschaftlichkeit. Auch habe zu jedem Zeitpunkt genügend ärztliches Personal zur Verfügung gestanden. Und von Unzufriedenheit in der Ärzteschaft sei ihm nichts bekannt gewesen, berichtete Wenck.
Die Linke in der Bezirksversammlung hat mittlerweile auch den Senat und den Helios-Konzern zum Handeln aufgefordert. „Auch wenn die Klinikleitung von einer ‚bisher einmaligen Reihung von unglücklichen Ereignissen‘ spricht und einen Zusammenhang mit der akuten Personalnot am Wochenende abstreitet, fordern wir eine umfängliche Untersuchung“, so Lohmann.
„Der Verkauf Hamburger Kliniken an große Konzerne, für die am Ende nur Zahlen wichtig sind, die Zusammenlegung der beiden Geburtenstationen südlich der Elbe – das alles muss untersucht und ausgewertet und transparent gemacht werden, welche Auswirkungen diese Schritte wirklich auf das Wohl von Patienten und Mitarbeitern hatten und immer noch haben. Wichtig ist in dem Zusammenhang auch, dass die Ärtztinnen und Ärzte von ihrer vertraglich vereinbarten Verschwiegenheitspflicht entbunden werden“, fordert Lohmann und fuhr fort: „Es kann doch nicht sein, dass die einzige Geburtenstation, die es seit der Zusammenlegung mit der Geburtenstation des AKH in Hamburg südlich der Elbe gibt, keine Entbindungen mehr vornehmen kann.
Grund für die Misere seien Personalengpässe, die bis Montagmorgen anhalten sollen. In der Helios Mariahilf Klinik hatten vor Kurzem mehrere leitende Ärzte aufgrund der Arbeitsbedingungen gekündigt. Als ursächlich hierfür sieht Lohmann die Privatisierung und den Verkauf von Kliniken an große Privatunternehmen an: „Hier sieht man, was die Privatisierung von Kliniken anrichtet: Wenn es nur noch danach geht, wieviel Gewinn gemacht wird, geht dies zu Lasten der Arbeitsbedingungen. Deshalb kündigt das Personal oder wird krank, und am Ende sind die Leidtragenden auch die Menschen, die ärztlicher Hilfe bedürfen.“
„Der Senat ist nun gefordert, schnellstmöglich diesen unhaltbaren Zustand zu beenden und dafür zu sorgen, dass so etwas nie wieder vorkommt. Schließlich hat er dafür gesorgt, dass es nur noch diese eine Geburtsstation im Süden Hamburgs gibt“, fordert Kadriye Baksi, Mitglied Die Linke-Bezirksfraktion. „Aber auch Helios und Asklepios selbst müssen in die Pflicht genommen werden. Schwangere Frauen, alle, die medizinischer Hilfe bedürfen und auch die Angestellten dürfen nicht dem Gewinnstreben untergeordnet werden.“
Noch am 29. Januar stellten SPD, Linke und Grüne in der Bezirksversammlung einen gemeinsamen Antrag. Die dort gestellten Fragen sollen nun in der Sondersitzung des Ausschusses beantwortet werden. Die Parteien legen ausdrücklich auch Wert auf die Feststellung: „Hier ist eine sachliche Betrachtung der Situation erforderlich. Die zum Teil im Raum stehenden Schuldzuweisungen und Dramatisierungen tragen nicht sonderlich zur Beruhigung (der Bevölkerung – die Red.) bei.“ Zunächst sollte den Beteiligten die Möglichkeit zur objektiven Darlegung der Situation und der Perspektiven gegeben werden… Eftichia Olowson-Saviolaki, SPD-Abgeordnete in der Bezirksversammlung, hofft nun auf maximale Aufklärung, damit wieder perspektivisch gearbeitet werden könne. Die CDU-Abgeordnete in der Bezirksversammlung, Brit-Maike Fischer Pinz, stellte indessen fest: „Es ist dramatisch, wenn eine leitende Ärztin mit ihren Oberärzten eine Klinik verlassen.“
Die CDU möchte außerdem geklärt wissen, „wie es dazu kommen konnte, dass sowohl die Chefärztin als auch dei Oberärzte ihre Tätigkeit aufgeben. Nicht zuletzt habe es auch in den letzten Jahren auch einen zu häufigen Wechsel in der Stelle des kaufmännischen Direktors gegeben,“ sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Ralf-Dieter Fischer und machte keinen Hehl aus seiner Meinung, dass die Lösung mit zwei Entbindungskliniken – am Mariahilf und an der AKH besser gewesen wäre, als die Zusammenlegung.
„Die Hamburger Gesundheitspolitik verschließt seit Jahren die Augen vor der geburtshilflichen Krise“, sagt indessen Mascha Grieschat von der Regionalgruppe Hamburg der Bundeselterninitiative Mother Hood e.V. Seit dem Jahr 2014 informiere sie, Grieschat, die Hamburger Gesundheitsbehörde sowie Politiker von CDU, SPD, Grünen und Linken regelmäßig über die prekären Zustände und warne vor gesundheitlichen Gefahren, „die sich aus der geburtshilflichen Unterversorgung ergeben.“ Sie erinnert daran: „Auch Olaf Scholz hatte mit Matthias Bartke von der SPD am 12. Juli 2017 vor laufender Kamera in Osdorf versprochen, sich der Sache anzunehmen.“ Effektive Schritte für eine bessere Versorgung Schwangerer seien jedoch ausgeblieben.
Erst jetzt, nach den Kündigungen in Harburg, komme Bewegung in das Thema. Grischat fährt fort: „Lokale Politiker*innen rätseln öffentlich darüber, wo das Problem liegen könnte. Dabei ignorieren sie, worauf Mother Hood seit Jahren hinweist: Die Versorgung von Schwangeren und ihren (ungeborenen) Kindern ist in der gesamten Hansestadt nicht mehr zu jeder Zeit sichergestellt. Immer wieder treffen Schwangere auf überfüllte Kreißsäle und zu wenig Personal. Durch die Schließung des Kreißsaals im Asklepios Klinikum Harburg vor zwei Jahren spitzt sich die Situation südlich der Elbe besonders zu.“ Die Probleme in der Geburtshilfe bestünden „nicht erst seit gestern“ und seien nicht auf Harburg begrenzt, stellte Grischat fest.
Für die Gesundheitssenatorin hatte sich nach der Sitzung des Gesundheitsausschusses der Bürgerschaft folgendes Fazit ergeben: Der sichere Betrieb der Geburtsklinik sei gewährleistet.