Selbstmord auf Raten aus Angst vorm Tod?

Jürgen Heimath Foto: pm

Selbstmord auf Raten aus Angst vorm Tod?
SPD: Katholisches Schulsystem schafft sich ab

„Man muss den Eindruck gewinnen, dass das Erzbistum Hamburg aus den eklatanten Fehlern der Vergangenheit nicht lernen will“, stellt Jürgen Heimath, SPD-Fraktionsvorsitzender in der Bezirksversammlung, fest. Dabei bezieht er sich auf die Ausführungen von Ansgar Thim (seit 2013 Generalvikar im Erzbistum Hamburg) und Dr. Anne Hutmacher (Leitung Schulaufsicht und schulfachliche Beratung) im Bistum über die Planungen zu den katholischen Schulen in Hamburg, die sie auf der Sondersitzung des Ausschusses für Soziales, Bildung und Integration am 6. Februar im Rieckhof tätigten (siehe Seite 1 ff.).
Tenor war, so Heimath, „dass die Schließung von fünf Schulen und die sofortige Aussetzung von Neuaufnahmen unumstößlich sei. Ferner, dass drei weitere Schulen zwar noch in dieser Anmelderunde neue Schülerinnen und Schüler aufnehmen, jedoch nur dann auch in einem Jahr weitergeführt werden, falls Dritte gewonnen werden können, die die Investitionslücken schließen. Dabei soll die Trägerschaft durch das Erzbistum beibehalten werden. Dies klingt nach einemweiter so“ mit fremdem Geld.“ Das aber sei die Vergesellschaftung der Kosten ohne Teilung oder Abgabe der Steuerungsverantwortung, so Heimath.
„Das würde jedoch nichts daran ändern, dass das Erzbistum und vordem der damalige katholische Schulverband seinen Fürsorgepflichten zur Bildung von Pensionsrückstellungen nicht nachgekommen sind. Diese Verpflichtungen bestehen weiter, und die daraus resultierende Belastung kann auch durch Schulschließungen nicht vermieden werden“, betont Claudia Loss, stellv. Fraktionsvorsitzende. Auch die einseitige Interpretation zu der Höhe und Angemessenheit der Zuwendungen seitens der Stadt müssten als Versuch verstanden werden, von der eigenen Verantwortung für die finanzielle Misere abzulenken, meint Loss und kommt zu dem Schluss: „Aufnahmestopps reduzieren nicht die Kosten, aber sie reduzieren die Erlöse.“
Ohne eine grundlegende Umsteuerung und Neuaufstellung sei zu befürchten, dass es in wenigen Jahren die nächsten Standorte treffen werde. Heimath: „Ob das durch das Erzbistum Hamburg geleistet werden kann, erscheint nach der Sitzung fraglicher als vorher. Wer derart die Axt an das katholische Schulsystem in Hamburg legt, nimmt den Rückzug der ehrenamtlichen Gemeindearbeit durch Lehrerinnen und Lehrer, Eltern und Schüler billigend in Kauf. Und sägt damit auch an dem Ast, auf dem er sitzt.“
Mit der Initiative ‚Hamburger Schulgenossenschaftformiere sich ein gesellschaftliches Bündnis zur Fortführung des Gesamtsystems der katholischen Schulen in Hamburg. Der breite Konsens zum Erhalt und die gesellschaftliche Verankerung der Initiatoren biete neue Chancen für alle 21 katholischen Schulen in Hamburg, heißt es von der SD weiter, und: „Im Gegensatz zum Erzbistum Hamburg würde nicht die Schließung aller Standorte in Harburg das Konzept dominieren, sondern vielmehr ein Prinzip der Solidarität zwischen den Schulen untereinander und der Hamburgerinnen und Hamburger mit dem Gesamtsystem der katholischen Schulen in Hamburg.“
Warum nicht auch von Hamburg lernen und das System handlungsfähig gestalten?“ fragt indessen Loss und ergänzt: „Die Liegenschaften können in ein Sondervermögen übertragen werden. Mit den entsprechenden dinglichen Sicherheiten wäre eine Vermögensverwaltung zur Sanierung und auch Erweiterung denkbar, die analog zum Hamburger Vermieter-Mieter-Modell für die Gebäude zuständig ist und diese an den Schulträger vermietet.“
Die im Kirchendienst verbeamteten Lehrerinnen und Lehrer könnten laut Heimath und Loss bis zu ihrer Pensionierung über Regelungen der Mitarbeiterüberlassung an den Trägerverliehen‘ werden. Aus den laufenden beamtenrechtlichen Verpflichtungen käme das Erzbistum sowieso nicht raus und eine sinnvolle Weiterbeschäftigung gegen zumindest teilweiser Kostenübernahme könne man als win-win-Situation werten.
Besonders betroffen mache jedoch die Aussage, dass die Garantie zur Beendigung der Schullaufbahn nur für den ersten erreichbaren Schulabschluss gelten solle. Heimath: „Wer jetzt oder in den vergangenen Jahren seine Kinder am Niels-Stensen-Gymnasium eingeschult hat, kann sich dann nach der zehnten Klasse eine andere Schule suchen, sofern es Abitur machen möchteeine Annahme, die bei einer Anmeldung am Gymnasium naheliegend ist. Sogar eine mögliche Fortsetzung an der Sophie-Barat-Schule oder der Sankt-Ansgar-Schule kann nicht garantiert werden. Lediglich für die Jahrgänge, die direkt vor der Oberstufe stehen, wird eine Garantie gewährt. Das ist eindeutig zu wenig.“ Heimath und Loss fordern das Erzbistum Hamburg auf, „allen Schülerinnen und Schülern, die am Niels-Stensen-Gymnasium eingeschult sind, den Weg am Niels-Stensen-Gymnasium bis zu ihrem endgültig angestrebten Abschlussalso auch dem Abitur – zu garantieren.“
Wenn Generalvikar Thim sagt, er wolle die ‚Politik in’s Boot holen‘, so verkennt er die Lage.“ Heimath: „Das Boot ist Leck geschlagen und gehört in die Werft zur Reparatur. Mit Loch im Boden und dem alten Kapitän weiterrudern führt zum Untergang des gesamten katholischen Schulsystems. Hier ist sicher eine Agilität erforderlich, die das Erzbistum missen lässt. Seit 2013 ist Thim in der Verantwortung. Seit Jahren und Jahrzehnten ist die falsche Steuerung des Systems offensichtlichohne dass sich etwas geändert hätte. Soviel Glauben aufzubringen, dass sich künftig etwas ändert, fällt schwer.“
Das Problem liege sicherlich nicht in der pädagogischen Qualität der katholischen Schulen. Diese sei unbestritten. Allerdings, so Loss, „liegt das Problem in der ökonomischen Qualität des Steuerungssystems. Dieser Systemfehler muss behoben werden.“