Nach Prüfung entschieden, Gebühren zu erhöhen.
Bezirk will Marktbeschicker stärker zur Kasse bitten.
Das kommt bei den Marktbeschickern des Wochenmarktes Am Sand nicht gut an: Anfang September wurde den Obleuten vom Fachamt Verbraucherschutz, Gewerbe und Umwelt, Gewerbe und Marktwesen mitgeteilt, dass eine Erhöhung der Gebühren bevorstehe. Grund: Der durch das Bezirksamt veranstaltete Wochenmarkt Am Sand könne seit mehreren Jahren nicht mehr kostendeckend betrieben werden, heißt es in einem Antrag der Verwaltung für die Bezirksversammlung. Die Kostendeckung befände sich laut des zuständigen Fachamtes in den letzten Jahren in einer Abwärtsspirale: 2018 98,10% Fehlbetrag -4.187,99 Euro, 2019 94,97% Fehlbetrag -11.130,53 Euro, 2020 96,82% Fehlbetrag -7.034,31 Euro, 2021 93,13% Fehlbetrag -15.511,94 Euro, 2022 93,17% Fehlbetrag -15.832,37 Euro und 2023 83,64% Fehlbetrag -46.227,91 Euro. Und auch die Zwischenbilanz für 2024 zeige eine Kostendeckung von nur noch rund 80%, unkt das Fachamt. Die letzte Gebührenerhöhung für den Harburger Wochenmarkt habe im Jahr 2013 stattgefunden (von 2,80 Euro auf 3,10 Euro pro Frontmeter Standbreite). 2023 wären bei 47.468 abgerechneten Frontmetern Gebühren in Höhe von 147.151,70 Euro vereinnahmt worden. Um den Fehlbetrag auszugleichen, wäre demnach eine Gebühr in Höhe von 4,07 Euro erforderlich gewesen, rechnet die Verwaltung vor. Diese sieht sich im Recht und beruft sich auf das Hamburgische Gebührengesetzt: „Gemäß § 6 Abs. 1 Hamburgisches Gebührengesetz sind Gebühren grundsätzlich so festzulegen, dass die Kosten nicht unterschritten werden.“ Die laufenden Kosten der Marktfläche Am Sand wie beispielsweise die Reinigung der Marktfläche und Winterdienst seien in den letzten Jahren stark gestiegen. Auch in den nächsten Jahren sei hier mit weiteren Kostensteigerungen zu rechnen. Die Anzahl der Beschicker, über die die Gebühreneinnahmen generiert werden, sei seit Jahren rückläufig. Vor diesem Hintergrund müsse – auch trotz der zum 1. Oktober 2024 erfolgten Streichung des besonders schwachen Montags als Markttag – davon ausgegangen werden, dass die aktuellen Marktgebühren künftig keine Kostendeckung mehr bewirken können, macht sich die Fachbehörde keine Illusionen. Eine Gebührenerhöhung für den Wochenmarkt Am Sand sei rechtlich möglich, da sich der durch die Hamburgische Gebührenordnung für das Marktwesen vorgegebene Gebührenrahmen im Bereich von 3,10 Euro bis 5 Euro bewege. Eine Erhöhung sei auch erforderlich, um den Wochenmarkt kostendeckend zu betreiben. Lange Rede, kurzer Sinn: „Vor diesem Hintergrund hat sich das Bezirksamt nach sorgfältiger Prüfung entschieden, die Standgebühren zum 01.01.2025 auf 4 Euro pro angefangenen Frontmeter zu erhöhen.“
Wie ist die Resonanz bei den Betroffenen? Wochenmarktbeschicker Rüdiger Nawrot (Gurken-Rudi), der seit rund 17 Jahren mit Spreewaldgurken sein Geschäft in Harburg macht, kann die Verteuerung der Standgebühren teilweise nachvollziehen. Es sei alles teurer geworden in Zeiten der Inflation. Ihn ärgere aber vor allem die Abzocke bei den Stromgebühren, die die Stadt vor zwei Jahren um satte 100% erhöht habe. Sein Stand umfasse circa 6 m, sog. Palettenplatz (drei Paletten Lkw-Stückgut). Er kostete früher einmal 65 Euro Standgebühren, aktuell beliefen sich die Gebühren auf ungefähr 285 Euro. Er beurteile das Problem so, dass die Stadt nicht genug für den Erhalt des Marktes tue. Jeder zusätzliche fehlende Stand auf dem Wochenmarkt aufgrund höherer Gebühren bedeute für die Kunden einen weiteren Verlust an Attraktivität.
Wochenmarktbeschicker Jürgen Birkholz (Scherenschleifer), der über 16 Jahre die Treue zum Wochenmarkt Am Sand hielt, hat sich vor Kurzem von diesem Standort verabschiedet.
Er fühle sich miserabel von der Stadt und dem Marktmeister behandelt. Er suche jetzt lieber den Markt in Langenhorn auf. Laut Birkholz wäre sein Stand ohne Absprache an einen Fischstand seit der Matjes-Saison vergeben worden. Auf Nachfrage bei der Fischerin, wann die Matjessaison zu Ende sei und er wieder auf seinen Platz dürfe, erhielt er die Antwort: „Februar … und dann beginnt schon wieder die neue Saison.“
Isabell Oertzen (ehemals Stand Käsespezialitäten Oertzen) habe inzwischen ihre Stände an Torge Kräkel und Tom Stamer verkauft und betreibe nur noch ihren eigenen Hofladen. Die Entscheidung, den Montag als Markttag zu streichen und gleichzeitig die Standgebühren zu erhöhen, sei für sie völlig unverständlich. „Da stellt sich doch die Frage, ob diese Maßnahmen wirklich im Sinne der Kunden, der Marktbetreiber und der Attraktivität Harburgs sind“, so Oertzen.
Ihr Vorschlag wäre, den Montag als Markttag beizubehalten, aber die Fläche anders zu nutzen. „Warum sperrt man nicht von Montag bis Mittwoch die Hälfte des Platzes, wo ohnehin weniger los ist? Die frei werdende Fläche könnte als Parkplätze genutzt werden, was gerade unter der Woche viele Besucher anziehen würde. Kunden hätten direkt am Markt Parkmöglichkeiten und die Stadt könnte durch Parkgebühren zusätzliche Einnahmen generieren. Gleichzeitig könnten die Marktbeschicker entlastet werden, indem man für diese Tage die Standgebühren reduziert oder sogar aussetzt“, erklärt Oertzen.
Das hätte ihrer Meinung nach mehrere Vorteile: Der Markt bleibe ein Treffpunkt, gerade für Stammkunden, die montags trotzdem kommen würden. Die Tradition eines sechs Tage geöffneten Wochenmarktes in Harburg würde erhalten bleiben. Die Stadt hätte zusätzliche Einnahmen durch Parkgebühren, während die Marktbeschicker weniger belastet würden. Mehr Parkplätze könnten neue Kunden anziehen, die den Markt bisher vielleicht gemieden haben. Ab Donnerstag könnte dann die gesamte Fläche wieder als Wochenmarkt genutzt werden. An den Hauptgeschäftstagen wie Freitag und Samstag wären moderate Gebührenerhöhungen denkbar, um das Ganze auszugleichen. So blieben die wichtigsten Tage erhalten und der Markt würde für alle Beteiligten attraktiv bleiben, erläutert Oertzen.
„Für mich wäre das ein sinnvoller Kompromiss, der den Interessen der Stadt, der Marktbetreiber und der Kunden gerecht wird. Der Wochenmarkt Harburg-Sand ist ein Stück Tradition und ein Ort der Begegnung, den es unbedingt zu erhalten gilt. So profitieren am Ende alle – eine echte Win-Win-Situation“, meint Oertzen.