Mehr Elbnatur an der Bunthäuser Spitze.
Entwicklung eines Tideauwalds in Moorwerder.
Auf den ersten Blick lässt einen der Anblick erstarren: Auf dem Weg zum kleinen Leuchtturm an der Bunthäuser Spitze fällt einem sofort auf der linken Seite des Leitdamms eine kahle Fläche auf. Dass hier vorher Sträucher und Pappeln standen, kann man nur noch erahnen. Ein Banner direkt an der Fläche klärt auf, was es damit auf sich hat: Am Ufer der Nordelbe entwickelt die Stiftung Lebensraum Elbe einen Tideauwald. Dieser Lebensraum ist im Zuge der Befestigung der Bunthäuser Spitze verloren gegangen. „Auwälder sind sehr wertvolle, heute leider seltene Lebensräume. Noch seltener sind die Tideauwälder. Sie entstehen dort, wo die Gezeiten die Flussufer formen, der Abstand zum Meer allerdings schon so groß ist, dass das Süßwasser dominiert. Auch in Hamburg sind Tideauwälder sehr selten und oft nur reliktartig vorhanden. Der Bau von Deichen und die Elbvertiefungen haben ihr Spuren hinterlassen: Vordeichflächen sind rar und ihre Ufer meist stark befestigt – für die Entwicklung von täglich überschwemmten Auwäldern fehlt schlicht der Platz“, heißt es seitens der Stiftung Lebensraum Elbe. Das soll sich nun – zumindest in diesem kleinen Bereich – ändern: Dafür wird eine aufgeschüttete Fläche so gestaltet, dass die Tide wieder täglich ein- und ausschwingen kann.
Anfang Oktober wurden auf der rund 1.000 Quadratmeter großen Vordeichfläche standortfremde Pappeln, Brombeersträucher sowie der sich immer weiter ausbreitende, invasive Japanische Staudenknöterich entfernt. „Ich kann das nachvollziehen, dass das auf den ersten Blick sehr verstörend wirkt. Aber alle Maßnahmen sind eng mit den Behörden und weiteren Akteuren, wie zum Beispiel der Gesellschaft für ökologische Planung abgestimmt, und alle Genehmigungen liegen vor“, erklärt Dr. Elisabeth Klocke, Vorstand der Stiftung Lebensraum Elbe. In den kommenden Monaten wird die Fläche so gestaltet, dass sie wieder unter den täglichen Einfluss von Ebbe und Flut fällt, das heißt, die Fläche wird rund 50 Zentimeter tiefer gegraben. Im kommenden Frühjahr wird die Stiftung dort die typischen Weiden der Elbufer, zum Beispiel Silber-, Bruch- oder Korbweiden pflanzen. „Auch Flatterulmen und Eschen werden wieder gepflanzt“, weiß Elisabeth Klocke. So soll nach und nach ein kleiner, dichter, und wertvoller Süßwassertideauwald entstehen. „Das ist das, was hier hergehört“, so Klocke. Mit der Maßnahme sollen auch viele Tiere und Pflanzen profitieren, wie zum Beispiel die Beutelmeise oder die Echte Engelwurz.
Und es sind noch weitere Maßnahmen geplant: So soll unter anderem das Deckwerk, also die Uferbefestigung, abgesenkt werden und der neu entstehende Auwald soll direkt erlebbar sein. Auf dem Weg zum Leuchtturm soll es zukünftig möglich werden, in die Welt der Elbe einzutauchen und sich zwischen Weiden, Uferstauden oder inmitten des bis zu vier Meter hohen Schilfs wiederzufinden. Ein neu anzulegender Erlebnispfad soll eindrucksvoll begreifen lassen, welche wertvollen Lebensräume Ebbe und Flut hier täglich gestalten. „Man soll das Ufer erleben. Und wir wollen Info-Schilder aufstellen, damit man sich mit der Geschichte der Elbe auseinandersetzen kann“, verrät die Stiftungsvorsitzende. Bis es soweit ist, wird es allerdings noch dauern. „Es braucht seine Zeit“, erzählt Klocke.
Insgesamt stehen der Stiftung Lebensraum Elbe für das gesamte Renaturierungsprojekt 650.000 Euro zur Verfügung. Die Stiftung wurde im Mai 2010 durch Beschluss der Hamburgischen Bürgerschaft gegründet. Die Arbeit ist legislatur- und parteiübergreifend. Wer Fragen oder Anregungen hat, weitere Informationen zum Renaturierungsprojekt und den Kontakt zur Stiftung gibt es unter www.stiftung-lebensraum-elbe.de.
