Langfristige Stärkung der stationären Pflege in Hamburg.
Stadt Hamburg kauft Pflegen & Wohnen zurück.
380 Millionen Euro, 2.400 Plätze, 2.000 Mitarbeiter, 13 Standorte: Am vergangenen Dienstag hat die Stadt Hamburg mitgeteilt, dass sie nach 18 Jahren „Pflegen & Wohnen“ von der Deutsche Wohnen zurückkauft und damit wieder in städtische Hand zurückführt wird. Dazu gehören auch die Standorte in Wilhelmsburg in der Herman-Westphal-Straße und in Heimfeld. In Wilhelmsburg werden derzeit im Rahmen der Initiative Zukunftspflege mehrere bestehende Gebäude der Hamburger Pflegeeinrichtung durch die Neubauten „Haus Linde“ und „Pflegen & Wohnen Wilhelmsburg“ ersetzt.
Der Grund für den Rückkauf: Die langfristige Sicherung und Stärkung der Versorgung in der stationären Pflege in Hamburg! Der Ankauf erfolge nach intensiven Prüfungen und Verhandlungen über die HGV Hamburger Gesellschaft für Vermögens- und Beteiligungsmanagement (HGV), die zur Finanzbehörde gehörende Konzernholding der Stadt, in der ein Großteil der privatrechtsförmlichen Unternehmen der FHH gebündelt sind. Der Kaufpreis beträgt 380 Millionen Euro und wird von der HGV ohne Haushaltsbelastung finanziert. Der Senat habe am 14. Januar grünes Licht gegeben, dass der fertig ausgehandelte Kaufvertrag am 17. Januar notariell unterzeichnet werden konnte. Parallel habe der Senat eine Mitteilung an die Bürgerschaft auf den Weg gebracht, mit der diese noch in der laufenden Wahlperiode um Zustimmung zum Ankauf gebeten wird.
Das Ankaufsinteresse der Stadt begründe sich mit einem konkreten Risiko für die stationäre pflegerische Versorgungssicherheit in Hamburg. Denn die Verpflichtungen und Begrenzungen des Vertrags über den Verkauf von P&W aus dem Jahr 2007 laufen Ende des Jahres 2026 aus. Trotz der in den Bebauungsplänen verankerten Veränderungssperren könnte ein neuer, anderer privater Betreiber nach diesem Zeitpunkt das bestehende Angebot reduzieren. Dies könnte die Versorgungsituation der stationären Pflege in Hamburg deutlich verschlechtern und teilweise sogar gefährden, erklärte Pflegen & Wohnen.
Der Erwerb biete die Möglichkeit, die stationäre Pflegeversorgung in Hamburg langfristig zu optimieren und Engpässe bei der Verfügbarkeit von Pflegeplätzen für die Bevölkerung zu reduzieren. Bestehende spezialisierte Versorgungsangebote, wie bei der Versorgung von Menschen mit Demenz, können über 2026 hinaus gesichert und neue, bislang nicht oder nicht ausreichend verfügbare Angebote in der Zukunft entwickelt werden, beispielsweise durch die Schaffung von Kurzzeitpflegeplätzen. Darüber hinaus werden die Arbeitgeberattraktivität sowie die Innovationskraft von P&W als Teil des Hamburger Konzerns gestärkt und eine klare Transparenz bezüglich der Kostenstruktur geschaffen, so Pflegen & Wohnen weiter.
„In einem zentralen Bereich der Daseinsvorsorge übernimmt Hamburg wieder selbst Verantwortung – nach sorgfältiger Prüfung und unter strengen wirtschaftlichen Maßgaben. PFLEGEN & WOHNEN HAMBURG wird ein starker Partner in der innovations- und investitionsstarken Hamburger Stadtwirtschaft werden, mit dem sich vielfältige Synergien in Stadt und Konzern Hamburg eröffnen“, zeigte sich Finanzsenator Dr. Andreas Dressel angetan.
Auf den Coup der Stadt Hamburg gab es ein unterschiedliches Echo. Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Claudia Loss, begüßte den Kauf: „Mit dieser Entscheidung des Senates sichern wir, das ist mir als Pflegepolitikerin besonders wichtig, Angebote in der Spezialpflege für Menschen, die zum Beispiel an Demenz erkrankt sind (besonderer Bereich) oder im Wachkoma liegen oder alkoholabhängige Menschen, die am Korsakowsyndrom leiden. Diese wären sonst ab 2027 gefährdet gewesen.“
Auch die Die Linke kann dem Ankauf etwas abgewinnen. Deniz Celik, pflegepolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke in der Hamburgischen Bürgerschaft: „Der Rückkauf von Pflegen und Wohnen ist eine sehr gute und längst überfällige Nachricht! Die Linke steht ein für eine Pflege, die die Pflegebedürftigen und die Beschäftigten in den Mittelpunkt stellt, statt Profite auf ihrem Rücken zu erwirtschaften. Pflege ist Daseinsvorsorge und gehört in die öffentliche Hand. Sie hätte niemals mit der Privatisierung von Pflegen und Wohnen 2007 renditeorientierten Konzernen überlassen werden dürfen. Deshalb haben wir die Privatisierung stets kritisiert und schon 2017 den Rückkauf von Pflegen und Wohnen in der Bürgerschaft gefordert.“
Kritischere Töne hingegen kommen von der CDU. Dazu erklärt Thilo Kleibauer, Sprecher der CDU-Fraktion für Haushalt und Öffentliche Unternehmen: „Der Ankauf von Pflegen & Wohnen wirft viele Fragen auf. Wie in anderen Bereichen auch setzen SPD und Grüne hier ihren Kurs fort, immer neue öffentliche Unternehmen zu gründen und Anteile an privaten Unternehmen aufzukaufen. Die überwiegende Anzahl der Pflegeheime in Hamburg wird allerdings von privaten und nicht-staatlichen Institutionen betrieben. Frühere SPD-Senate haben bereits unter Beweis gestellt, dass die Stadt nicht unbedingt der bessere Betreiber von Pflegeheimen ist. Unter Führung der SPD befanden sich die Pflegeheime in Hamburg in einem traurigen Zustand. Jetzt geht es darum sicherzustellen, dass die SPD ihre Sünden der Vergangenheit bei Pflegen & Wohnen nicht wiederholt.“