Landkreis Harburg als Basis für gutes Leben weiterentwickeln

SPD -Die drei SPD-Landtagskandidatinnen Sabine Schulz-Rakowski Sabine Lehmbeck und Steffi Menge (v.l.n.r.) sowie SPD-Kandidat Michael Cramm (l.) für das Landratsamt in Winsen standen Rede und Antwort. Tobias Handtke moderierte die Veranstaltung

Landkreis Harburg als Basis für gutes Leben weiterentwickeln.

SPD-Landtagskandidatinnen und Landratskandidat stellten Pläne vor.

Das Sommerfest des SPD-Unterbezirks Landkreis Harburg am 26. August nutzten die drei nominierten SPD-Landtagskandidatinnen und der SPD-Landratskandidat zur Vorstellung ihrer politischen Ideen und Vorhaben. Sabine Lehmbeck kandidiert im Wahlkreis 50 für Winsen, Salzhausen und die Elbmarsch, Sabine Schulz-Rakowski im Wahlkreis 51 für Seevetal, Rosengarten und Neu Wulmstorf sowie Steffi Menge im Wahlkreis 52 für Buchholz, Hollenstedt, Jesteburg und Tostedt. Michael Cramm, Bürgermeister in Tespe, stellt sich für die Leitung des Kreishauses in Winsen zur Wahl. Die Moderation des Nachmittags übernahm Tobias Handtke, Bürgermeister in Neu Wulmstorf.
Das oben genannte Motto der Podiumsdiskussion „Den Landkreis Harburg als Basis für gutes Leben weiterentwickeln“ hatten die Diskutanten so ausdrücklich gar nicht gewählt. Vielmehr ergab es sich für die Zuhörer als Schlussfolgerung aus dem Gehörten. Handtke forderte seine Podiumsgäste deutlich in dieser Richtung heraus, indem er ihre jeweilige Motivation abfragte und wissen wollte, wofür sie „brennen“, wenn sie jetzt für den nächsten Landtag oder die Leitung des Kreishauses kandidieren. Menge brachte es als erste auf den Punkt: „Für uns drei Frauen geht es darum, dass der Landkreis Harburg, der Teil der Metropolregion Hamburg ist, im Landtag in Hannover nicht mehr vor allem als Randlage in Niedersachsen zur Kenntnis genommen wird.“ Der Landkreis sei nicht nur durch seine Nähe zur Hansestadt ökonomisch gut aufgestellt, bestätigten ihre Kolleginnen. Es gebe mehrere namhafte Unternehmen, die die Wirtschaftslandschaft hier prägen, ergänzte Cramm. Schulz-Rakowski war der Meinung, die Coronazeit habe gezeigt, dass die Landespolitik vor Ort besser umsetzbar sein müsse. Aus den weiteren Beiträgen wurde entsprechend deutlich, dass es doch einiges zu tun gibt, um die Städte und Dörfer regional zu fördern und das Leben hier lebenswerter zu gestalten. So fehlten der Wirtschaft sowie für Erziehung oder Pflege gerade wegen der exponierten Lage des Landkreises die Fachkräfte, brachte Schulz-Rakowski ein. Cramm gab zu bedenken, dass die Pendler, die täglich in Hamburg ihre Erwerbsarbeit verrichten, vielmehr dort zum Wohlstand beitragen. Das müsse sich in der Kooperation innerhalb der Metropolregion besser als bisher niederschlagen. Eine wichtige Aufgabe für die Leitung des Landkreises sei damit schon offensichtlich: Es gehe um gute Arbeitsplätze in der Region und den Nutzen daraus für die ganze Region. „Also um gute Kultur“, brachte Lehmbeck ihr persönliches Wahlthema in die Debatte ein. Wobei Kultur für ihr Verständnis nicht erst beim Schöngeistigen anfängt. Dazu gehöre die Versorgung. „Mit Äpfeln“, fügte die Apfelhof-Landwirtin mit einem Lachen hinzu. Und weiter ernsthaft, dass die Lebensbereiche „zusammen gedacht“ werden müssten. Arbeitsplätze seien die eine Seite. „Wir brauchen hochwertige Kitaangebote, digital ausgestattete Schulen, bequeme und umweltgerechte Radwege, Pflege vor Ort.“ „Und eine gute Kommunikation“, ergänzte sie nach kurzer Denkpause. „Wenn die Menschen ihre persönlichen Chancen wahrnehmen sollen, müssen sie diese auch kennen.“ Im Zuge der digitalen und virtuellen Informationsflut habe die Politik auch die Aufgabe, Leitfaden zu sein. „Und Sicherheit zu vermitteln“, fügte Michael Cramm hinzu, der als ehemaliger Polizist weiß, wovon er spricht. Kreativ würden Menschen erst, wenn sie sich gut aufgehoben fühlten.
Eine zweite Runde des Gesprächs drehte sich um die gesellschaftlichen und politischen Veränderungen, die derzeit durch Deutschland gehen, und darum, was zu tun sei, um den Wandel positiv zu gestalten. Der Fachkräftemangel wurde noch einmal im Hinblick auf neue Ausbildungswege thematisiert. Sabine Schulz-Rakowski berichtete aus ihrem Berufsalltag als Sozialpädagogische Assistentin (SPA), dass die bis jetzt rein schulische Ausbildung für Erzieherinnen durch mehr Praxisbezug ergänzt werden müsse. „Macht man das nicht, dann gehen dem Beruf auch Absolvent*innen verloren, wenn nämlich die Erkenntnis zu spät kommt, dass die praktische Arbeit mit Kindern anspruchsvoll und auch belastend ist“, betonte sie. Weiter stellte sie fest: „Vom Ehrenamt gerade in der sozialen Arbeit wird heute viel mehr Professionalität verlangt als früher, vor allem soziale und pädagogische Kompetenzen, die aber nur selten vermittelt werden.“ So könne Überforderung entstehen, die dazu führe, dass das Ehrenamt zunehmend verloren gehe. Es dürfe auch nicht der Fehler gemacht werden, bei Fachkräftemangel die Arbeit auf das Ehrenamt zu verlagern. „Denn davon tragen dann am Ende vor allem die Frauen die negativen Konsequenzen, weil sie mit dem Ehrenamt keine Altersvorsorge aufbauen können.“
Steffi Menge sieht ein ähnliches Problem in ihrem Beruf als Lehrerin. Dort werde über sogenannte Quereinsteiger diskutiert, denen dann jedoch oft die pädagogischen Fähigkeiten fehlten. „Die werden aber gerade jetzt dringend gebraucht, weil die Schülerinnen und Schüler zu lange zu Hause unterrichtet werden mussten.“ Da sei einiges nachzuholen und auch zu reparieren.
Die dritte Gesprächsrunde befasste sich vor allem mit dem „Betongold“ in der Infrastruktur des Landkreises. „Oft müssen die finanziellen Gegebenheiten dafür herhalten, dass nur eines von mehreren notwendigen Projekten umgesetzt wird“, so Cramm. Man müsse mindestens den Anspruch stellen, dass die Bereiche zusammen gedacht und umgesetzt werden. So dürfe im ländlichen Raum nicht nur an Straßen gedacht werden. Auch öffentlicher Nahverkehr und aus Umweltgründen eine zuverlässige Bahn sowie Radwege seien erforderlich. Als großes Problem wurde die Ärzte- und Gesundheitsversorgung angesprochen. Viele Landärzte gehen demnächst in Rente. Aus SPD-Sicht würden regionale Versorgungszentren eine Lösung bieten. Insbesondere, wenn diese nicht gewinnorientiert seien, sondern gemeinnützig arbeiten, beispielsweise als kommunale Genossenschaft, so Cramm, könnte damit der ländliche Raum gut versorgt werden. Und Das Wohnungsproblem sei ebenso dringend, waren die Podiumsgäste sich einig. Zwar habe der Landkreis inzwischen die Kommunale Wohnungsbau-Gesellschaft (KWG) gegründet, die Angebote seien aber nicht ausreichend, sagte Cramm. Zur Verbesserung könne er sich einen Fonds für kommunale Planung vorstellen. Die Landtagskandidatinnen wissen aus Erfahrung, dass die Planungsverfahren entschlackt werden müssten. Alte, unmoderne Routinen müssten abgeschafft werden. Cramm führte auch das Beispiel erneuerbarer Energien an. Die Energiepolitik habe es bisher versäumt, die Prioritäten neu so zu setzen, dass die Energiewirtschaft nicht nur effizient, sondern auch umweltgerecht arbeite. Ein Beispiel dafür könnte die Förderung von grünem Wasserstoff sein. Dafür habe der Landkreis gute Voraussetzungen. Es sei jedoch eine neue Standortpolitik erforderlich, die er sich gern auf seine SPD-Fahne schreibe.
Die Gesprächsrunde endete mit einer weitgehend positiven Bewertung der derzeitigen Bundespolitik. Die vier Befragten waren sich einig in der Bewertung, dass es „ganz gut“ sei, dass der Kanzler nachdenke, bevor er sich zu schwierigen Fragen äußere. Dadurch werde deutlich, dass die Regierung mit Bedacht handele und dass ein menschlicher Umgang miteinander wichtig sei.