Feuertaufe mit Bravour bestanden

Foto: Angelina Thranow -Das neu zusammengestellte Nachwuchs-Team von Blau-Weiss Buchholz belegte in Bremerhaven Rang vier. Nach dem Rückzug des Velberter Teams sind die Buchholzer Paare aber wieder die Nummer drei im deutschen Formations-Tanzsport.

Feuertaufe mit Bravour bestanden.

Blau-Weiss Buchholz erreicht Latein-Finale.

Buchholz/Bremerhaven. Die Deutschen Meisterschaften im Formationstanzen Latein endeten am vergangenen Sonnabendabend in der Bremerhavener Stadthalle mit einem Knaller: Das hinter den Abonnementssiegern vom Grün-Gold-Club Bremen zweitplatzierte Team des TSZ Velbert, das zum wiederholten Mal die Vizemeisterschaft errungen und sich damit außerdem für die Weltmeisterschaften am 18. Dezember in Bremen qualifiziert hatte, verzichtete auf seinen WM-Startplatz. Die langjährige Trainerin Astrid Kallrath gab gleichzeitig die Auflösung des Teams bekannt, das damit vermutlich auch nicht an der im Januar beginnenden Formations-Bundesliga-Saison teilnimmt.
Das favorisierte A-Team des Grün-Gold-Clubs Bremen siegte erwartungsgemäß. Mit 34,23 Punkten setzten die „Grün-Goldenen“ ihre nationale Erfolgsgeschichte fort. Die zehnfachen Weltmeister, die seit ihrer Gründung von Roberto Albanese trainiert werden, sind seit 2007 bei Deutschen Meisterschaften ungeschlagen und wurden mit ihrer neuen Kür „Emozioni“ zum 16. Mal Deutsche Meister der Formationen Latein. Hinter den Velbertern belegten die Gastgeber von der TSG Bremerhaven den dritten Rang und nehmen nach dem überraschenden Aus der Velberter den zweiten deutschen Startplatz bei der WM in Bremen ein.
Erfolgreich war auch das neu formierte Formationsteam von Blau-Weiss Buchholz. Die acht von Trainerin Franziska Becker trainierten jungen Nachwuchs-Paare erreichten zwar das Finale der vier besten deutschen Teams, hatten aber im Finale der Deutschen Top-Formationen keine Chance auf einen Treppchenplatz, obwohl die Buchholzer im Finale ihre guten Leistungen aus der Vor- und Zwischenrunde noch einmal steigern konnten.
Neun Formationen bildeten das Teilnehmerfeld. Da das Aufstiegsturnier 2020 wegen Corona ausgefallen war, erhielten die drei Aufsteigerteams aus Nord, Süd und West aus dem Jahr 2020 die Chance auf die Ligasaison 2022. „No Limit“, vertanzt von der Formation des TSZ Velbert, wurde von den Wertungsrichtern auf dem zweiten Platz gesehen. Die TSG Bremerhaven lud das Publikum zu einer musikalischen Zeitreise ein und beendete in ihrem Jubiläumsjahr die Deutsche Meisterschaft vor heimischer Kulisse mit Platz drei. Den vierten Platz im Finale belegte Blau-Weiss Buchholz mit dem Thema „Million Voices“.
20 Monate lang musste auch der Formationstanzsport pausieren. Jetzt wurde endlich wieder getanzt um Titel und Medaillen in der Stadthalle Bremerhaven. Neun Teams bewarben sich um die nationale Krone, darunter auch das Team von Blau-Weiss Buchholz. Die Buchholzer hatten im November 2019 – also kurz vor Corona – in der Alsterdorfer Sporthalle noch die Bronzemedaille gewonnen, rutschten in der Bundesliga-Saison 2020 aber bereits auf Platz vier ab. Danach kam Corona, für Buchholz aber auch noch ein enormer personeller Umbruch: Vom Team aus dem Jahr 2019 sind nur noch vier TänzerInnen dabei.
„Zwölf Neue, die noch nie eine Deutsche Meisterschaft bestritten haben, ist an sich schon viel. Doch auch vom Alter her ist das Team stark verjüngt. Mit Inga Matura (15), Jelle Böttcher (17), Mia Neumann (17) und Emma Winkler (17) haben wir auch extrem junge Leute dabei, die auch insgesamt wenig Formationserfahrung haben. Wie sie mit dem Druck einer Deutschen Meisterschaft umgehen werden, war vor den Titelkämpfen schwer abzusehen. Wichtig war uns, eine zukunftsorientierte Mannschaft aufzustellen, die im Kern das Potenzial hat, sich noch enorm weiterzuentwickeln“, sagte Trainerin Franziska Becker.
Auch inhaltlich und optisch hat sich einiges verändert beim Buchholzer Team – die Musik wurde neu abgemischt, das Konzept komplett überarbeitet und mit einem neuen Look versehen. Trotz der vielen Neuzugänge im Team wurde seitens der Trainer das Risiko bewusst eingegangen, den Anspruch nicht runterzuschrauben: Im Gegenteil, das Konzept „Million Voices“ hat sogar noch an Dynamik dazu gewonnen und verlangte den TänzerInnen im Vorfeld auch mit viel Athletik-Training einiges ab. „Man hätte auf Nummer sicher gehen können an vielen Stellen, das aber haben wir nicht gemacht, weil das für uns ein zu großer Rückschritt gewesen wäre“, sagt Co-Trainer Christopher Voigt.
Und das kam in Bremerhaven sehr gut an. Schon in der Vorrunde rief die Mannschaft eine gute Leistung ab, die sie dann in der Zwischenrunde am Abend noch einmal zu steigern wusste. „Dass wir konzeptionell und vom Schwierigkeitsgrad her ins Finale gehören, war mir von vornherein klar, aber dass die Nerven an der entscheidenden Stelle auch halten und das Ding nicht auseinanderbricht, war für uns wirklich eine Mammutaufgabe, die das Team im Turnier hervorragend gemeistert hat“, sagt Franziska Becker.
Im Finale gab es dann das Aufeinandertreffen der vier dominierenden Teams der vergangenen Jahre. Außer den Zuschauern in der Stadthalle erlebten das auch Millionen Zuschauer an den Bildschirmen mit. Das Team vom Grün-Gold-Club Bremen trat mit der neuen Choreographie „Emozioni“ aus Italo-Pop-Titeln mit Tenorgesängen an und zeigte sich gewohnt souverän und top austrainiert – und es holte sich erwartungsgemäß den Sieg mit 34,23 Punkten. Auch die Velberter Mannschaft von Astrid Kallrath überzeugte mit ihrer Choreographie „No Limit“ und lag mit 33,11 nur knapp hinter dem Bremer Grün-Gold-Club. Die Heimmannschaft der TSG Bremerhaven hatte sich mit der neuen Choreographie „Time Machine“ vorgenommen, die Velberter von Platz 2 zu verdrängen. Aber auch trotz Heimvorteils hat es nicht gereicht, um das Ticket für die WM in der Bremer Stadthalle zu lösen und sich vor das Team des 1. TSZ Velbert zu setzen.
Die TSG Bremerhaven errang mit 30,96 Punkten mit deutlichem Abstand zu Velbert den dritten Platz. Die Buchholzer konnten im Finale im Grunde frei auftanzen. Da alle drei gegnerischen Mannschaften mit personell gefestigen Teams aus 2019 an den Start gingen, rechneten sich die Buchholzer hier nicht aus, in der Höhle des Löwen des direkten Konkurrenten Bremerhaven direkt die Bronzemedaille zurückzuerobern oder gar vom Treppchenplatz zu träumen. Der Finaldurchgang war dann trotzdem der Beste des Tages, bis zum Ende der schwierigen Choreographie der Fokus und die Spannung in der letzten Pirouette gleich auf zwei Positionen verloren ging. Trotzdem holten die Buchholzer 29,48 Punkte und lagen damit nur 1,5 Punkte hinter Bremerhaven.
„Wir sind erst mal zufrieden. Die Mannschaft hat ihre Feuertaufe bestanden, das überarbeitete Konzept kam super an und wir nehmen die Fehler, die passiert sind, als Ansporn mit ins Training. Bei uns ist so viel Luft nach oben, wenn wir jetzt im Akkord weiterackern, könnten wir schon in den Monaten Januar bis März in der Bundesliga wieder anfangen, vorn anzugreifen“, sagt Franziska Becker, die zurecht stolz war, diesen Umbruch gemeinsam mit ihrem Team so hervorragend gemeistert zu haben. „Wir schließen mit dem neuformierten Team da an, wo wir aufgehört haben. Das war eine Mammutaufgabe und für uns quasi eine Meisterleistung. Jetzt kann diese Mannschaft anfangen, zu wachsen.“
Die Blau-Weiss-Trainerin weiter: „Mit Arno Reglitzky und seinem Vorstandsteam von Blau-Weiss haben wir optimale Förderung und fantastische Trainingsbedingungen im Leistungszentrum im ehemaligen Plaza Baumarkt an der Bremer Straße, die in unserem Spitzensport notwendig sind. Bis dahin liegt ein weiter Weg vor uns, aber wir haben die Weichen dafür bereits gestellt. Die Feuertaufe auf dem Weg dahin haben wir bestanden.“
Spannung auch bei den 24 Stunden später ausgetragenen Titelkämpfen in den Standardtänzen: Mit dem Sieg in Bremerhaven tanzt das vielfache Meisterteam des Braunschweiger TSC mit seinem Trainer Rüdiger Knaack, das 2019 überraschend „nur“ Vizemeister geworden war, wieder ganz oben. Den zweiten Platz belegte in Bremerhaven das A-Team des TSC Schwarz-Gold Göttingen mit bisherigen Choreografie „Happy together“, einem erfolgversprechenden Gute-Laune-Programm. Ganz knapp ging es auf den Plätzen drei und vier zu. Auch hier wurden im Vergleich zum Ergebnis 2019 die Plätze getauscht. Das TSC Grün-Gold Casino Nürnberg – neues Thema: „Live the Passion“ belegte mit einem Vorsprung von 0,04 Punkten den dritten Platz vor dem 1. TC Ludwigsburg, der bei seiner letzten Choreografie von 2019, „Avalon“, geblieben war.