Damit erreichen wir gleich drei Ziele auf einmal!“

W. Marsand -Die Vollhöfner Wiesen sollen aus dem Hafengebiet entlassen werden.

Damit erreichen wir gleich drei Ziele auf einmal!“.

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Vollhöfner Weiden: Geteiltes Echo auf Einigung.

Die Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) bereitet aufgrund eines entsprechenden Senatsbeschlusses vom Juni 2023 die Ausweisung des Areals Vollhöfner Weiden mit seinen wertvollen Röhrichten, Laub- und Auwäldern als Hamburgs 38. Naturschutzgebiet vor. Diese Fläche soll künftig zudem genutzt werden, um an mehreren Standorten Windkraftanlagen zu errichten und damit einen Beitrag zu Klimaschutz und zur Energiewende zu leisten.
Um die für den Hafen nötigen Flächen zu sichern, werden im Gegenzug an das Container-Terminal Altenwerder angrenzende Flächen für hafenlogistische Zwecke vorgesehen. Auch an diesen Standorten soll die Errichtung von Windkraftanlagen geprüft werden. Die entsprechenden Verfahren in Zuständigkeit der Behörde für Wirtschaft und Innovation und der BUKEA sollen noch in dieser Legislaturperiode abgeschlossen werden. Beide Behörden unterstützen sich dabei gegenseitig.
Umweltsenator Jens Kerstan:„Der Völli bleibt – und zwar als 38. Naturschutzgebiet Hamburgs. Das haben wir kürzlich gemeinsam im Senat beschlossen und damit ein zentrales Versprechen des Koalitionsvertrages erfüllt. Dieser Entschluss beendet ein langes Ringen um diesen einzigartigen kleinen Urwald, der nun auch in Zukunft Heimat vieler bedrohter Tier- und Pflanzenarten bleiben wird. Naturschutz steht hier an erster Stelle – das Hafengelände hingegen lässt sich, anders als geplant, nicht erweitern. Als Energiesenator freue ich mich natürlich auch darüber, dass wir gleich mit fünf neuen Standorten für Windkraftanlagen beim Windkraftausbau im Hafen vorankommen.“
Wirtschaftssenatorin Dr. Melanie Leonhard betonte: „Mit der Vereinbarung zum Flächentausch sichern wir eine hafennahe Fläche für die Umwelt und sichern zugleich, dass insgesamt die für den Hafen erforderliche Fläche erhalten bleibt. Außerdem können wir Standorte nutzen, um auf Hamburger Stadtgebiet erneuerbare Energie zu erzeugen. Damit erreichen wir gleich drei Ziele auf einmal!“
Die Entlassung des Areals Vollhöfner Weiden/Altenwerder West aus dem Hafennutzungsgebiet und die Änderung der bestehenden Hafenplanungsverordnung Altenwerder, die eine funktionale Kompensation durch hafenlogistische Nutzungen sowie Windenergieanlagen ermöglichen wird, sowie die rechtlich verbindliche Ausweisung des künftigen Naturschutzgebietes werden in einer gemeinsamen Beschlussfassung erfolgen.
Das zukünftige Naturschutzgebiet diene dem Schutz, der Erhaltung und der Entwicklung eines vielfältigen Lebensraumkomplexes mit ihren darin beheimateten artenreichen Lebensgemeinschaften. Das zukünftige Naturschutzgebiet stelle für Arten der höhlen- und totholzreichen Laubwälder bereits jetzt einen wichtigen Lebensraum dar. Mit zunehmendem Alter der Bäume wird er immer strukturreicher und wertvoller werden. Fast alle Flächen des Vollhöfner Waldes seien im Rahmen der Biotopkartierung 2019 mit der Wertstufe 6 oder 7 von 9 bewertet worden. Damit wurde der größte Teil der Biotope den Kategorien „besonders wertvoll“ und „wertvoll“ zugeordnet. Ein Auwaldbereich hat bereits die Wertstufe 8 „hochgradig wertvoll“ erreicht. Es sei zu erwarten, dass, mit fortschreitendem Alter der dem Prozessschutz unterliegenden Waldflächen, diese auch in diese Wertigkeit hineinwachsen werden. Diese Wälder haben eine besondere Bedeutung als Lebensraum für spezialisierte und gefährdete Tiere und Pflanzen. So wachsen hier verschiedene, die in der Roten Liste Hamburgs (RL HH) zu finden sind, wie z. B. das gefährdete Fluss-Greiskraut (RL HH 3), die Sumpf-Gänsedistel (RL HH 2) oder die Walzen-Segge (RL HH 3), erläutert die Senats-Presse-Mitteilung.
Während der Senat sich mit der gefundenen Lösung zufrieden gibt, wachsen die Zweifel beim BUND. Damit setze sich der Flächenfraß durch den Hafen weiter fort, kritisiert der BUND. Er warne vor schwerwiegenden Verlusten für die Natur. Die letzten unversiegelten Flächen in Altenwerder würden damit zerstört. Besonders problematisch: für den BUND Sogar im Vollhöfner Wald soll von vornherein bereits ein Stück aus dem künftigen Naturschutzgebiet gar nicht erst Schutzstatus erhalten, sondern als Windkraftstandort genutzt werden. Eine weitere Anlage soll nordwestlich entstehen, in nur geringem Abstand zum “Völli“, und drei weitere auf dem Gebiet um Altenwerder, weiß der BUND zu berichten.
Sabine Sommer, Vorsitzende des BUND Hamburg ist zwiegespalten: „Dass der „Völli“ gerettet und aus dem Hafengebiet entlassen wird, ist eigentlich ein großer Erfolg für die Umweltbewegung. Doch unsere Freude ist gleich doppelt getrübt. Zum einen, weil der Schutz mit der Versiegelung der verbliebenen Naturflächen in Altenwerder einhergeht. Und zweitens, weil der Bau von Windkraftanlagen am Völli einen massiven Eingriff in ein Naturschutzgebiet bedeutet. So erreichen wir in Summe für die Natur gar nichts. Naturschutzgebiete sind die am besten geschützten Flächen in Hamburg und gelten daher zu Recht grundsätzlich als Ausschlussgebiete für Windkraftanlagen! Die wenigen verbliebenen ökologisch hochwertigen Flächen im Hafengebiet werden dringend als Biotopinseln und Trittsteine für die Wanderbewegung von Arten benötigt.“ Im Vollhöfner Wald und in Altenwerder, so Sommer, seien viele Fledermäuse und Vögel unterwegs und würden durch die neuen Windkraftanlagen gefährdet. „Wir sehen Windkraftanlagen grundsätzlich als wichtigen Teil für die Energiewende an. Der Ausbau der Windenergie kann aber nicht rein politisch erfolgen, sondern muss anhand von klaren naturschutzfachlichen Kriterien geprüft werden, auch im Falle ‘Völli’”, sagt Sommer.