CDU: Öffnung der Alten Süderelbe ist weder öko noch logisch

pm -Das Storchennestsiel würde durch ein 65 Meter breites Sperrwerk ersetzt

CDU: Öffnung der Alten Süderelbe ist weder öko noch logisch.

André Trepoll informiert sich vor Ort.

Als ob sie es geahnt hätten: Majestätisch schwang sich ein Silberreiher in die Lüfte, ein Fischadler tat es ihm gleich und zahlreiche Enten schnatterten um die Wette als Holger Maciolek, Sprecher der Interessengemeinschaft Alte Süderelbe (ias) am Mittwoch mit seinen Gästen von der Anlegestelle am Finkenwerder Süderdeich mit dem vereinseigenen Solarboot über die Alte Süderelbe schipperten. Nicht zum Spaß, denn der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete André Trepoll (Süderelbe) wollte sich vor Ort darüber informieren, was es bedeuten würde, wenn, wie vom Forum Tideelbe empfohlen, dem Fluss mehr Raum gegeben würde, sprich, das Gewässer erneut für Ebbe und Flut geöffnet würde (Der Neue RUF berichtete).Die ias sei gerade dabei, eine Studie vorzubereiten aus der hervorgehen soll, „was nicht geht,“ erläuterte Maciolek. Was nicht geht ist eben diese Öffnung mit all ihren Folgen. Was das bedeuten würde, verdeutlichen zwei gelbe Bretter, die er an je einen Pfosten genagelt hat: So hoch, nämlich 2,20 m, würde das Wasser bei mittlerem Wasserstand dann stehen und dem alten Deich am Süderdeich, der heute dieser Funktion nicht mehr gerecht wird, gefährlich nahe kommen. Mehr noch: Das Finkenwerder Neubaugebiet F32 zwischen Schule und Finkenwerder Landscheide gelegen, würde dann tiefer liegen als die vor dem Deich überspülten Flächen! Keine angenehme Vorstellung. Wer die Flut von 1962 in Erinnerung hat oder zumindest darüber gut informiert ist, wisse was das bedeutet. Zumal wenn man bedenkt, dass in Höhe der Storchennestsiels ein 65 m breiter Durchlass entstehen soll, der unter Umständen – wie beim Estesperrwerk (45 m breit) 2019 geschehen – genau während der Sturmzeit wegen des angespülten Schlicks tagelang nicht geschlossen werden konnte, erläuterte Maciolek.
Dass gerade der Flutsicherheit bei der Entscheidung des Forums Tideelbe, die Alte Süderelbe wieder zu öffnen, keine entscheidende Bedeutung zugekommen ist, verwundert Maciolek – ebenfalls Mitglied im Forum – dann doch, ebenso wie der Umstand, dass der Naturschutz bei der Öffnung der Alten Süderelbe massiv in Mitleidenschaft gezogen würde. Sie müsste dann ihrerseits alle drei bis fünf Jahre ausgebaggert werden, abgesehen davon, dass die gesamte Vogelidylle aus zehn geschützten Arten – darunter Eisvogel und Kormoran – massiv gefährdet wäre. Maciolek: „Das würde Vogelmord bedeuten.“ Auch für Aale, Zander & Co. wäre das Aus vorprogrammiert.
Trepoll hörte sich das an und nickte vielsagend: „Die angedachte Öffnung der Alten Süderelbe ist weder öko noch logisch“, stellte er fest und verwies auch auf die Kosten von etwa 1 Milliarde Euro. Davon könnte man eine zweite Elbphilharmonie bauen, wusste er zu berichten. Hier werde wieder einmal deutlich, dass am Schreibtisch etwas durchgeplant worden sei, was sich in der Praxis nicht bewähre. Und auch Maciolek wusste, dass ein Großteil der Entscheidungsträger im Forum noch nie vor Ort an der Alten Süderelbe waren. Trepoll kündigte an, dass die CDU zunächst mittels einer Anfrage, gefolgt von einem Antrag, politischen Druck erzeugen wolle. Trepoll: „Fachleute sind sich sicher, dass der vorausgesagte Tiedeeffekt, wenn überhaupt, nur von kurzer Dauer wäre“, um den Preis, „dass das Biotop für alle Zeiten zerstört wäre.“ Auch lasse das Beteiligungsverfahren der unmittelbar Betroffenen von Seiten des Senats mehr als zu wünschen übrig. Und: „Es macht wenig Sinn, Wirtschaft und Umwelt gegeneinander auszuspielen.“ Er jedenfalls werde für einen Interessenausgleich plädieren, zum Beispiel „durch die Schaffung von weiteren Überflutungsbereichen und Regenrückhaltebecken oder die Modernisierung und den Ausbau der Deiche.“ Dabei betonte er ausdrücklich: „Eine Öffnung der Alten Süderelbe mit all ihren negativen Folgen gehören aber auf keinen Fall dazu.“ Das sehen Ralf Neubauer, SPD-Bürgerschaftsabgeordneter aus Finkenwerder, und Kurt Duwe, ehemaliger FDP-Abgeordneter sowie Jörn Quast – er ist Vorsitzender des Be- und Entwässerungsverbandes – nicht anders und pflichten Trepoll bei. Maciolek weiß aber auch zu berichten, dass die benachbarten Elbanrainer Schleswig-Holstein und Niedersachsen von Hamburg erwarten, in der Schlickfrage eigene Lösungen zu finden. Erst bei einer Öffnung der Alten Süderelbe wolle Schleswig-Holstein über die Haseldorfer Marsch mit sich reden lassen. Deshalb müssten auch auf der Ebene Gespräche geführt werden. „Hamburger Interessen müssen aber vorrangig vom Hamburger Senat vertreten werden“, erwartet der ias-Sprecher.
Die Hamburger Grünen, die Öko-Partei schlechthin, haben sich zu Macioleks Überraschung noch nicht positioniert. Sie wollten erst eine Festlegung durch die Umweltverbände abwarten, habe ihm die örtliche Grünen-Bürgerschaftsabgeordnete Gudrun Schittek berichtet. Maciolek: „Das ist ein Armutszeugnis.“