„Wie steht es um das christliche Menschenbild?“

Dieses Bild hat die Schülerin Sophie aus der Katholischen Schule Harburg gemalt. Es war neben zahlreichen anderen in der Sporthalle der Katholischen Schule Harburg zu Foto: pm

„Wie steht es um das christliche Menschenbild?“
Geplante Schulschließungen schlagen hohe Wellen

Die voraussichtliche Schließung von drei katholischen Schulen im Bezirk schlägt unverändert hohe Wellen. Die dahingehenden Pläne des Erzbistums (der Neue RUF berichtete in seiner letzten Ausgabe) waren am Dienstag auch Thema in der Bezirksversammlung.
Die Öffentlichkeitsarbeit des Bistums sei „hochnotpeinlich“, kritisierte Ralf-Dieter Fischer, Vorsitzender der CDU-Fraktion. Bereits früh habe es, auch in Gesprächen von Bistumsvertretern mit der Schulbehörde, Anzeichen für die sich anbahnende Entwicklung gegeben, allein die Schulbehörde habe diese Anzeichen ignoriert, so Fischer. Schulleitungen und Elternschaft davon zunächst nicht, und dann über Nacht – via „Ranzenpost“ – wie eine entsetzte Mutter sagte, in Kenntnis zu setzen, seien mit der besonderen Sorgfaltspflicht des Bistums nicht vereinbar, fuhr Fischer fort. Das Bistum und die Schulbehörde seien jetzt gefordert, um die Existenz der insgesamt acht von der Schließung bedrohten Schulen zu sichern. Auch wenn die katholische Kirche, speziell das Bistum, kein Wirtschaftsunternehmen seie, so müsse das Bistum jetzt klären, wie es weiter gehen soll, wenn es sich nicht aus der Erziehungsaufgabe verabschieden wolle. Auch die Harburger CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Birgit Stöver fordert eindringlich ein Rettungskonzept.
Generell tritt die CDU für eine Angebotsvielfalt in der Schullandschaft ein und mische sich deshalb auch nicht in Organisationsfragen ein. Nun aber müsse man eingreifen, so der CDU-Mann, weil anderenfalls „die sozialen Angebote auf der Kippe stehen.“
Diesen Ball nahm auch Claudia Loss, stellv. Vorsitzende der SPD-Fraktion auf, als sie ganz aufgewühlt ans Rednerpult trat. Vor fünf Jahren habe man noch zehn Millionen für das Niels-Stensen-Gymnasium bereit gestellt, nur um es jetzt zu schließen, wunderte sie sich. Auch befürchtet sie, das das Bistum demnächst an Pflegedienste, Krankenhäuser und Pfarreien rangehen könnte, „oder will das Bistum demnächst auch die Gemeinde St. Maria – St. Joseph schließen?“, fragte sie rhetorisch. „In dieser Vorgehensweise kann ich keine christliche Handlung mehr erkennen“, so Loss. Für die Empörung der betroffenen Eltern hat sie vollstes Verständnis und fragte: „Wie steht es um das christliche Menschenbild?“
Die Fraktion „Die Linke“ hatte ihrerseits angeregt zu prüfen, ob die Schulen, wenn sie den geschlossen werden würden, in staatliche Trägerschaft übernommen werden könnten.
Am Mittwoch fand indessen ein Elternabend in der Heribert Brodmann-Sporthalle der katholischen Schule Harburg statt. Der Elternabend wurde zu einer nicht öffentlichen Veranstaltung erklärt. Zahlreiche aufgewühlte Eltern waren erschienen, um sich von Dr. Christopher Haep, Leiter der der Abteilung Schule und Hochschule im Bistum, sowie dem Generalvikar Ansgar Thim die Hintergründe erläutern zu lassen. Die hatte Ansgar Thim am 24. Januar schon teilweise in einer Presseerklärung publik gemacht. Dort ist auch nachzulesen, dass Dr. Haep die Schulbehörde bereits am 26. Juli vergangenen Jahres informiert habe. Insofern sei die Aussage des Schulsenators Thies Rabe (SPD), seine Behörde sei erst kurz vor der Veröffentlichung der Entscheidung über die Schließungspläne „nicht korrekt.“ Thim weiter: „Wir wissen, dass wir den Eltern und Schülern sehr viel zumuten. Aber nur wenn wir unsere Hausaufgaben jetzt wirklich machen, werden wir überhaupt katholische Schulen in unserer Stadt haben können. Wir schließen acht Schulen, um 13 Schulen erhalten und weiterentwickeln zu können.“ Auch halte das Bistum den gewählten zeitlichen Ablauf für richtig. Der Generalvikar weiter: „Hätten wir diese Entscheidung jetzt nicht getroffen, hätten wir vor dem Hintergrund der weiteren Erhöhung unseres bilanziellen Defizits alle 21 Schulen in ihrer Existenz gefährdet.“ Indessen hat sich das Bistum von seinem bisherigen Finanzchef getrennt. Zum 1. Januar wurde im Bistum eine Stabsabteilung Interne Revision und Aufsichtswesen gegründet, deren Leiter der bisherige Finanzdirektor Michael Focke wurde. Als Berater für den Controllinbereich wurde Mathias von Waldenfels berufen, der am Mittwochabend in Harburg ebenfalls anwesend war.
Mittlerweile sickerte durch, dass im April ein runder Tisch zusammentreten soll. Bis dahin sollen die Eltern in die Lösungsfindung – möglichst zum Erhalt der Schulen – eingebunden werden. Die Eltern haben an diesem Abend, der mit einem Gebet begann, deutlich gemacht, so eine anwesende Mutter, dass die Schulen die Existenzgrundlage der Gemeinden seien und allein schon deshalb ihr Überleben zwingend notwendig sei. Für das Wochenende ist auch ein „inoffizielles Gespräch“ von Vertretern der Harburger Schulen mit der Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) geplant, die als Schülerin die Katholische Schule Harburg besucht hat.