SPD: Harburg ist keine Milchkanne.
Harburger Fraktion setzt sich für Fernverkehr am Bahnhof Harburg ein.
Halten nun die Fernverkehrszüge in Harburg oder nicht? Zumindest waren sie plötzlich aus dem kommenden Fahrplan der Bahn fast alle verschwunden. Zunächst waren es betroffene Pendler, die das entdeckt haben und sie reagierten auch sofort. Aber auch die Harburger Wirtschaft und die Politik wurden davon aufgeschreckt. Anfragen bei der Bahn ergaben ein ziemlich verwirrendes Bild. Mal war zu erfahren, dass sie im aktuellen Fahrplan wegen Bauarbeiten ausgesetzt seien und wieder aufgenommen werden, der kommende Fahrplan jedoch noch nicht festgelegt sei und man dazu noch nichts abschließend sagen könne. Mal lautete es, dass die Bahn auf Fernstrecken wirtschaftlich arbeiten müsse und daher ein solcher Halt nicht sinnvoll wäre. Was allerdings nicht einmal zu hören war, „war eine offizielle und verbindliche Aussage der Bahn dazu, was künftig mit EC, IC und ICE am Bahnhof Harburg geplant ist“, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende Jürgen Heimath.
Zählt man die Unterschriften der Onlinepetition und die auf den Infoständen gesammelten zusammen, so haben die Genossen zwischenzeitlich schon über 1.000 Unterstützer zusammen – und das in nicht einmal fünf Tagen. Jürgen Heimath betont: „Selbstverständlich wollen wir den vernünftigen Erhalt und auch den Ausbau der Bahninfrastruktur. Das ist leider lange Zeit vernachlässigt worden und dann ist es auch klar, dass es mal zu temporären Einschränkungen kommen kann. Wir erwarten allerdings von der Bahn, dass sie Bau- und Sanierungsmaßnahmen so vorbereitet, dass die Zeit der Einschränkungen so weit wie möglich minimiert wird. Die Bahn muss erklären, was sie wann vor hat. Mit dem weiter so von Halb- oder Unwahrheiten sollte sie weder jetzt noch in Zukunft agieren. Was wir zudem nicht zulassen können ist, dass so durch die kalte Küche Fakten geschaffen werden, die sich nicht mehr so einfach umkehren lassen. Ausbau ja, Abbau nein.”
Mit Schrecken denken die Genossen an Zeiten zurück, in denen die Bahn mit Aussagen in die Öffentlichkeit ging, dass der ICE nicht an jeder Milchkanne halten könne, und formulieren ihre Erwarung so: „Was wir jetzt von der Bahn brauchen, ist ein klares Bekenntnis zum Fernzughalt in Harburg. Harburg ist keine Milchkanne. Der Bahnhof Harburg ist von zentraler Bedeutung sowohl als Entlastung für den Hauptbahnhof Hamburg als auch für die komplette Region südlich der Elbe.“
In der Zwischenzeit hat die SPD-Fraktion einen Dringlichkeitsantrag in der Bezirksversammlung eingebracht, den auch alle anderen Fraktionen unterstützen. Tenor: Der Bahnhof Hamburg-Harburg darf nicht vom IC/ICE-Fernverkehr abgehängt werden: Auch nach dem 29. Juli müssen alle Halte von Intercity und Intercity-Express-Zügen in Hamburg-Harburg erhalten bleiben. Argument: „Der Bahnhof Hamburg-Harburg hat – angesichts seiner Lage südlich der Elbe – ein Alleinstellungsmerkmal unter Hamburgs Fernbahnhöfen. Er ist für den Bezirk Harburg und für den gesamten nördöstlichen Raum Niedersachsens der zentrale Verkehrsknotenpunkt für alle Fernreisende in Richtung Ruhrgebiet bzw. Süddeutschland. Beide Strecken (Hamburg – Bremen – Köln und Hamburg – Hannover – München) werden jeweils im 1-Stunden-Takt bedient.
Die zentrale Bedeutung des Bahnhofs Hamburg-Harburg spiegelt sich auch in dem rasant steigenden Fahrgastaufkommen im Fernverkehr wider. Allein im Zeitraum der Jahre 2011 bis 2015 ist dieses (ohne Regionalverkehr) um 25% von 2.400 auf 3.000 Ein- und Ausstiege täglich gewachsen. Angesichts des starken Bevölkerungswachstums im gesamten Süderelberaum infolge aktiver Wohnraumschaffung, der steigenden Ansiedlung und dem Ausbau von Wirtschaftsunternehmen sowie Technologie- und Logistikzentren, dem Ausbau der Technischen Universität und Harburgs wichtiger Funktion als Oberzentrum wird sich der bisherige Anstieg des Fahrgastaufkommens im Fernverkehr am Bahnhof Hamburg-Harburg weiter fortsetzen.“
Der Antrag ist einstimmig in der Bezirksversammlung beschlossen worden.
Alle Pendler und Reisende vom Bahnhof Hamburg-Harburg mit Ziel Bremen oder Hannover werden zusätzliche Fahrzeiten von einer halben bzw. ganzen Stunde pro Richtung in Kauf nehmen müssen, um ihre Arbeitsstätten zu erreichen. Hamburg-Harburg wird aufgrund der beabsichtigten Nicht-Bedienung des Bahnhofs erheblich an Attraktivität als Hotel- und Tourismusstandort sowie Ausflugsziel südlich der Elbe einbüßen. Die zu erwartenden sinkenden Tourismus- und Hotelgästezahlen werden einhergehen mit einer deutlich sinkenden Attraktivität Harburgs als Wohn-, Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort insgesamt. Betroffen sein werden alle Gewerbetreibenden in unmittelbarer Nähe des Fernbahnhofs Hamburg-Harburg einschließlich des Phoenix-Centers, aber auch die Technische Universität als Austragungsort für internationale wissenschaftliche Konferenzen sowie Hotelbetreiber in Harburg. Dies ist nicht zumutbar und hinnehmbar. Zumal nicht ersichtlich wird, warum einzelne Züge ohne weitere Änderung in Harburg z.B. um 4.50 und 5.58 Uhr (Richtung Bremen) halten können, während es danach nicht mehr gehen soll.
Die zuständige Behörde solle daher auf die DB einzuwirken, den ab dem 29. Juli geplanten Entfall der (68 von 112 täglichen) Fernzughalte in Harburg zurückzunehmen. Falls der Streckenzustand dies ohne Fahrplanänderungen nicht erlaube, sollten die Fahrpläne nördlich von Harburg entsprechend angepasst werden. Die Abfahrten müssten vorgelegt, während, die Ankünfte, z.B. in Hamburg Hauptbahnhof, etwas später liegen. Außerdem solle ein Vertreter der Deutschen Bahn AG in den Ausschuss für Inneres, Bürgerservice und Verkehr eingeladen werden, um die Gründe für die geplante Einstellung der Bedienung des Bahnhofs Hamburg-Harburg durch die betroffenen ICE, IC- und EC-Züge darzulegen und Alternativen aufzuzeigen und zu erläutern, wie die geplante Nicht-Bedienung des Bahnhofs Hamburg-Harburg ab dem 29. Juli durch die betroffenen ICE-, IC- und EC-Züge abgewendet werden könne.
Fraktionsmitglied Dr. Monika Hellmeyer hat sich den Fahrplan der Bahn indessen genauer angesehen und festgestellt, dass ab Ende Juni nahezu alle Halte der schnellen Fernzüge in Harburg nicht mehr auftauchen. Das wollte sie nicht auf sich beruhen lassen und hat gemeinsam mit Michael Dose, Mitglied der Bezirksversammlung, und Frank Wiesner, Verkehrsexperte der Harburger SPD, den Dringlichkeitsantrag für die Bezirksversammlung formuliert.
„Doch mit dem Antrag alleine ist es nicht getan“, meint Monika Hellmeyer. „Seit wir das öffentlich gemacht haben, werden wir immer wieder von Harburgerinnen und Harburgern angesprochen, die dies ebenfalls verhindern möchten. Das unterstützen wir gerne. Deshalb haben wir eine Petition ins Leben gerufen, die alle unterzeichnen können. Entweder online oder auch mit ihrer Unterschrift an unseren Infoständen, die wir an vielen Orten im Bezirk durchführen. Wir hoffen darauf, dass viele dies unterstützen und wir dadurch den erforderlichen Druck auf die Deutsche Bahn AG ausüben können und sie überzeugen, dass die Anbindung an den Fernverkehr nicht nur für Harburg wichtig ist, sondern auch der Bedarf dafür vorhanden ist.“
Die Petition ist über die Homepage der SPD-Fraktion unter www.spd-fraktion-harburg.de oder auch direkt bei openpetition.de unter https://www.openpetition.de/petition/online/hamburg-harburg-nicht-vom-ice-und-ic-abhaengen (oder kurz: openpetition.de/!HarburgICE) zu erreichen.
