
„Zum Niederknien“.
Margiana – Königreich der Bronzezeit aus Turkmenistan in Harburg.
Margiana, eine historische Landschaft im Osten Turkmenistans, gelegen zwischen Kaspischem Meer, dem Iran und Afghanistan, war vor 5.000 Jahren die Wiege einer faszinierenden Hochkultur der Bronzezeit. Zum ersten Mal widmet sich ein groß angelegtes Ausstellungs- und Kooperationsprojekt den archäologischen Zeugnissen dieser geheimnisvollen Kultur. Im Zentrum der Schau stehen vom 2. November bis 17. Februar 2019 sensationelle Ergebnisse der archäologischen Ausgrabungen und Forschungen, die in Gonur Depe auf Vermittlung durch das Archäologische Museum Hamburg in Harburg (Museumsplatz 2) und unter Beteiligung des Deutschen Archäologischen Instituts durchgeführt worden sind. Für die Aufnahmen der archäologischen Stätten, Landschaften, Menschen und Exponate konnte die Fotokünstlerin Herlinde Koelbl gewonnen werden. Das Ergebnis ist eine faszinierende Symbiose aus unbekannten archäologischen Relikten und ihrer Fotokunst.
Rainer-Maria Weiss, Direktor des Archäologische Museums, machte aus seiner Begeisterung für diese Ausstellung keinen Hehl. „Sie ist eine Sensation“, sagte er, und die ausgestellten Objekte seien „zum Niederknien.“ Zwölf Jahre hat es gedauert, bis diese Ausstellung zustande gekommen ist. Er selbst war 2006 zum ersten Mal in Turkmenistan, um diese Ausstellung anzuschieben. Die Exponate, die Turkmenistan noch nie verlassen hatten, fanden den Weg jetzt nach Deutschland: zuerst nach Berlin und nun nach Hamburg, genauer, nach Harburg. Dabei hatten sich auch das Metropolitan Museum (USA) und der Louvre (Frankreich) beworben. Erst vor 40 Jahren hat ein Prähistoriker aus der vormaligen Sowjetunion, Viktor Sarianidi, erste Funde dieser Kultur, die mit jenen aus Mesopotamien oder aus dem Königreich Elam (heute Iran) vergleichbar sind, ausgegraben.
Gonur Depe, eine einst blühende Metropole im Deltabereich des Murgab-Flusses, ist heute inmitten der riesigen Wüste Karakum gelegen. In der Vergangenheit war das Gebiet ein Zentrum der Hochkultur, angebunden an die Vorläufer der Seidenstraße zwischen China, Indien, dem Iran und dem Vorderen Orient. Dort, nur 80 km von der UNESCO-Weltkulturerbestätte Merw entfernt, lag die Stadt Gonur Depe mit tausenden Einwohnern, Wohnarealen und einer imposanten Palastanlage, im Zentrum ein pulsierendes, gut vernetztes Handelszentrum mit komplexen Verwaltungsstrukturen. Nach rund 5.000 Jahren bietet sich hier ein ganz anderes Bild: Das heutige, an Erdgas reiche Turkmenistan befindet sich in einem schnellen Wandel, der sich besonders in der raschen Veränderung der Städte und der Infrastruktur äußert – ein unbekanntes Land zwischen Tradition und Moderne.
Im Zentrum der Ausstellung stehen die sensationellen Ergebnisse der archäologischen Forschungen, die in der antiken Metropole von Gonur Depe unweit Merw durchgeführt worden sind. Die bei den Ausgrabungen freigelegten Baustrukturen lassen noch heute eine beeindruckende Meisterleistung früher Stadtplanung erkennen. Von einem gewaltigen Mauerring umschlossen, umfasste die Stadtanlage 28 Hektar. Das Herzstück bildete ein quadratisches Palastareal, das durch mit Türmen bewehrte Mauern befestigt war.
Die Glanzlichter der Ausgrabungen sind ohne Zweifel die sogenannten „Königsgräber“ mit feinsten Mosaiken ausgeschmückte Grabhäuser, in denen die verstorbenen Würdenträger prunkvoll zur letzten Ruhe gebettet worden sind. Reich verzierte, mitsamt den Zugtieren beigegebene Prunkwagen, Schmuck, Waffen, Ritualgeräte sowie prachtvolle Gefäße aus Silber und Gold stellen einzigartige Meisterwerke bronzezeitlicher Handwerks- und Goldschmiedekunst dar. Doch auch die Funde aus dem Stadtgebiet sprechen für sich: Exotische Objekte und Materialien belegen Fernkontakte bis in das Industal im heutigen Pakistan, zu den Hochkulturen Mesopotamiens, nach Syrien, in den Oman sowie bis in die fast 2.000 km nördlich gelegenen Steppen des Uralgebiets. Was wir heute in der Ausstellung sehen, ist lediglich das, was diese Menschen, die noch keine Schrift kannten (weshalb auch nicht bekannt ist, wie sie selbst bezeichneten), vor 3800 Jahren zwangsläufig und planmäßig zurückgelassen haben, als ihre Siedlung zu versanden begann. Deshalb, so Rainer-Maria Weiss sagte, dürfe man mit Fug und Recht behaupten: „Hier lernen wir eine ganz neue alte Kultur kennen.“
Im Rahmen der Sonderausstellung hat das Archäologische Museum Hamburg ein vielfältiges Veranstaltungsprogramm zusammengestellt: Bei Führungen durch die Ausstellung, aber auch bei Workshops und Vorträgen erfahren die Besucher viel über das geheimnisvolle Margiana.
Die Ausstellung wird nach der Präsentation im Archäologischen Museum Hamburg in den Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim Station machen.


