
Wenn das Wutz die Wilhelmsburger Kinder sucht!.
Aus Theater wird Film – Kreative Ideen in Corona-Zeiten.
Es ist windig an diesem Dienstagnachmittag auf dem Schulhof der Elbinselschule Wilhelmsburg – und still. Kein Kinderlachen, wo sonst viele Kinderstimmen zu hören sind, keine mahnenden Stimmen von der Pausenaufsicht. Das verwundert auch Wutz, das Hausschwein aus „Urmel aus dem Eis“. Es guckt sich ganz verwundert um, kann es noch gar nicht glauben. „Wo sind denn all die Kinder hin?“, fragt es sich, dreht sich suchend um, ihre süßen Schweineohren wippen in der Bewegung mit. Zwischendurch entfährt ihr immer mal wieder ein zweifelndes ‚Öff Öff‘.
„Kannst Du vielleicht ‚Öff Öff‘ öfter mit einbauen?“, fragt Theaterregisseurin Christiane Richers Lehrerin Jenny Misfeld alias das Hausschwein Wutz. Zusammen mit Kameramann Andreas Schwarz, Marcel Weinand (Kostüme) und Theaterpädagogin Gesche Groth drehen die beiden gerade eine kleine Filmszene.
Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen, im Großen wie im Kleinen, so auch beim Theaterprojekt „WIR INSELN“ des ReBBZ (Regionales Bildungs- und Beratungszentrum) Wilhelmsburg in Zusammenarbeit mit Theater am Strom. „Was ist für dich eine Insel ? Bist du eine Insel? Deine Familie? Deine Schule? Wilhelmsburg ist eine Insel!“ – Mit diesen Fragen setzten sich die Schülerinnen und Schüler des ReBBZ in den vergangenen acht Monaten intensiv auseinander. So hatten alle Schülerinnen und Schüler anfangs den Auftrag bekommen, zum Thema Insel zu malen, zu basteln und zu schreiben, die Ergebnisse wurden in der Haspa Kirchdorf ausgestellt. Ein festgelegtes Konzept gab es nicht: „Das entwickelte sich mit den Kindern“, weiß Gesche Groth. Aber nicht nur die Kinder beschäftigten sich mit dem Thema Inseln: Das Projekt strahlte unter anderem auch in den Stadtteil aus. So wurden zum Beispiel bereits Bürgerinnen und Bürger aus dem Bahnhofsviertel gefragt, was ihnen zu Inseln einfällt. Entwickelt wurden von den Kindern – natürlich – Inseln: Eine Reicheninsel, eine Blutinsel, eine Königsinsel, eine Sonneninsel, auf denen die Theaterszenen gespielt werden sollten. Eine Erwachsenen-Theatergruppe arbeitete dem Schulprojekt zu, entwickelte Figuren, die aus Kinderbuchklassikern entspringen und auf den Inseln landen sollten: zum Beispiel Frau Malzahn und der Scheinriese Turtur aus Jim Knopf oder Wutz, das Hausschwein aus Urmel aus dem Eis – die Kinder selbstverständlich immer mit in die Szenen einbezogen. Ende Mai dieses Jahres sollte es eine große Premiere geben (der Neue RUF berichtete). Und dann kam Corona. Keine Kinder, keine Proben, kein Theaterspektakel.
Die bisherigen Ergebnisse des Projekts einfach unter den Tisch fallen lassen, kam für Gesche Groth und Christiane Richers von Theater am Strom nicht in Frage, eine neue Idee musste her. Die Lösung: Aus Theater wird Film, aus WIR INSELN wird WIR INSELN – ANDERS. „Christiane und ich haben eine alternative Präsentationsform entwickelt“, so Gesche Groth. Nun wird aus dem Theater ein Film – mit Corona-Bezug: Die Figuren landen aus den Büchern in Wilhelmsburg und wundern sich, wo die Kinder geblieben sind. Die Spielorte und die Chronologie werden beibehalten, an jedem Spielort entstehen kleine Filmszenen. Die Figuren aus der Erwachsenentheatergruppe agieren in den Filmszenen. Stets einzeln. Sie beziehen sich auf die Inseln, die jetzt unbespielt sind. Die Kinder tauchen nicht auf, aber Elemente der Probenarbeit werden sichtbar.
Und auch wenn die Kinder nicht in der Schule sind, von zu Hause aus leisten auch sie einen Beitrag zum Film. So haben die Kiddies Aufgaben bekommen, schreiben, malen oder machen Videos, die später in den Film mit eingebaut werden. Erscheinen soll der Film aller Voraussicht nach noch vor den Sommerferien, weitere Informationen dazu gibt es unter www.theateramstrom.de. Theater am Strom ist ein freies Kinder- und Jugendtheater mit Sitz in Wilhelmsburg. Neben professionellen Kinder- und Jugendtheaterstücken kooperiert das Theater seit vielen Jahren mit mehreren Schulen in Wilhelmsburg.

