Turbulente und tragische Ereignisse.
„Unser Land“ – Ausstellung des Ateliers Habibi.
Bilder aus tausenden bunten Punkten, die in bester Manier an die Pointilisten erinnern, geometrische Figuren aus bunten Drähten gehäkelt, martialische Installation zum Thema „Wegwergesellschaft“ und Umweltverschmitzung durch Mengen an nicht fachgemäß entsorgten Kunststoffen, Bilder und Montagen aus Kinderhand, die unter dem Eindruck der Flucht aus der Ukraine entstanden sind, Verarbeitung von Eindrücken der Geflüchteten, die in deutschen Amtsstuben entstanden sind – das und eine Reihe weiterer Kunstwerke von bekannten und auch weniger bekannten Künstlern aus Harburg zeigt die Galerie des Ateliers „Habibi“ bis zum 19. November unter dem Motto „Unser Land“ im Obergeschoss der Arcaden. Und noch einiges mehr. Kunstwerke von Personen mit Behinderungen oder unterschiedlichen Handicaps sind ebenso zu sehen wie Arbeiten von Menschen aus sozialen Randgruppen. Die Galerie ist täglich 12 bis 18 Uhr geöffnet und kann kostenlos besichtigt werden.
Sehenswert und originell auch ein mit dunkler Folie ausgelegtes Labyrinth – die schwarze Farbe soll Gefahr suggerieren -, dessen Wände mit Bildern von Personen auf ihren Fluchtwegen dekoriert sind. Was auffällt: Die meisten Personen auf diesen Bildern lachen, doch es ist ein unnatürliches, gestelltes Lachen, das die achtzehnjährige Fotografin auf dem Fluchweg eingefangen hat. Schließlich die Ankunft in Deutschland. Weiße, blasse Masken hängen an dünnen Fäden von der Decke, schauen sich orientierungslos im Raum um und entdecken einen leeren Stuhl und jede Menge ebenso weiße Aktenordner, auf deren Rücken „Asyl“ bzw. ein großes schwarzes Ja oder Nein zu lesen ist – szichwort: Behördenirrsinn! Damit ist die Ausstellung eine spannende Reise die den Betrachter mit turbulenten und tragischen Ereignissen konfrontiert.
Das Besondere an dieser Ausstellung: Jeder kann im Habibi-Atelier jederzeit mit und ohne Anleitung malen, seine Gedanken, Sorgen und Nöte aufs Papier bringen. Geplant ist auch eine „Kunsttausch“-Aktion. Einige Werke der ausstellenden Künstler können gegen Isomatten, Hygieneartikel u.Ä. getauscht werden, andere Arbeiten stehen zum Verkauf – zum Beispiel von Thomas „Beri“ Behrens, Heike Baltruweit, Thorsten Kirsch oder Heiko „NoMa“ Brey. Nicht zu vergessen die großformatigen Bilder, an denen zahlreiche Personen mitgewirkt haben, die hier regelmäßig oder unregelmäßig malen, um ihren Gedanken Ausdruck zu geben oder ihre unterschiedlichen Ängste durch das Malen artikulieren. Heiko Brey, der sich in der Betreuung der hier aktiven Personengruppen engagiert, sieht es so: „Wir sind ein soziales Projekt, das für alle offen ist, denn jeder kann ein Künstler sein.“
