Kinder appellieren an Eltern: „Zu Fuß zur Schule!“.
Elterntaxis gefährden Grundschulkinder.
Ihre Botschaft an diesem Dienstagmorgen ist eindeutig und nicht zu überhören: „Zu Fuß zur Schule!“ Laut rufen die Grundschulkinder der Grundschule Perlstieg ihre Parole jedem vorfahrenden Auto zu, das in den Perlstieg einbiegt. Auf ihren Schildern, Plakaten und Bannern fordern die Kinder, dass keine Autos vor ihre Schule fahren sollen. Denn sie haben ein Problem: Viele Eltern bringen ihre Kinder mit dem Auto zur Schule. Auch wenn die Eltern in guter Absicht handeln, entstehen gerade durch die Elterntaxis für die Schulkinder oftmals unkalkulierbare Sicherheitsrisiken. Die Eltern verursachen zu Schulbeginn oder -ende chaotische Situationen, weil sie oftmals alle Verkehrsregeln außer Acht lassen, indem sie beispielsweise Halteverbote missachten oder direkt auf den Schulhof fahren. Auch Alternativen wie ein nahegelegener Parkplatz als Aussteigemöglichkeit werde nicht genutzt. „Gegen 7.50 Uhr und 15.45 Uhr ist hier die Sturm- und Drangzeit. Und es wurden auch bereits Kinder angefahren“, weiß Thomas Halbrock, Abteilungsleitung Grundschule Perlstieg. Zwar sei den Kindern nichts Schlimmeres passiert, der Schock sitze aber trotzdem tief.
Um die Eltern für die gefährliche Situation zu Schulbeginn und Schulende durch Elterntaxis im Wilhelm-Carstens-Weg zu sensibilisieren, hat der Elternrat der Stadtteilschule Wilhelmsburg diesen Protest im Rahmen der derzeit bundesweit stattfindenden Aktionstage „Zu Fuß zur Schule“ initiiert. „Es ist für die Kinder nicht nur völlig unübersichtlich und gefährlich, wenn die Autos hier alle fahren, die Kinder stehen auch in einer Abgaswolke“, erklären Katrin Halit und Kathrin Piersig vom Elternrat. Beide haben jeweils zwei Kinder an der Grundschule, bekommen jeden Morgen das Chaos im und um den Wilhelm-Carstens-Weg herum mit. Mit der Aktion sollen Eltern auf die positiven Seiten hingewiesen werden, die „Zu Fuß zur Schule gehen“ für die Kinder hat.
Mit diesem Problem steht die Grundschule Perlstieg allerdings nicht alleine da, das Phänomen „Elterntaxis“ ist in ganz Deutschland seit Jahren bekannt. Und mittlerweile gibt es wissenschaftliche Studien dazu. So besagt eine Studie der Bergischen Universität Wuppertal, die der Automobilclub ADAC in Auftrag gegeben hat, das sein Kind in die Schule zu fahren gefährlicher ist, als es selbst gehen zu lassen. Außerdem lernen die Schulkinder nicht, selbstständige Verkehrsteilnehmer zu werden.
Auch die Polizei Hamburg erinnert in diesem Zusammenhang immer wieder daran, wie wichtig es für Kinder ist, ihren Schulweg zu Fuß und selbstständig zu bewältigen. Kinder, die ihren Schulweg allein zu Fuß zurücklegen, lernen viel und werden dem Straßenverkehr selbstbewusster und mit mehr Verhaltenssicherheit begegnen. Sicheres Verhalten im Straßenverkehr kann der Nachwuchs nur trainieren, wenn er sich auch selbstständig im Straßenverkehr bewegt.
Ulf Schröder, Leiter der Verkehrsdirektion Hamburg, appelliert deswegen: „Geben Sie Ihren Kindern die Chance, selbst Erfahrungen zu machen, daraus zu lernen und das nötige Selbstbewusstsein für eine sichere Verkehrsteilnahme zu erwerben!“ Thorsten Pagel, Wilhelmsburger Verkehrslehrer, begrüßt die Aktion der Kinder: „Man muss an die Emotionen der Eltern rangehen!“
Die Grünen in Wilhelmsburg wollen es bei dem Appell an die Eltern nicht belassen. Sie forderten im letzten Regionalausschuss, die Straße Perlstieg an der Abzweigung zum Wilhelm-Carstens-Weg zu sperren. „Diese Eltern gefährden die Kinder, die zum Beispiel mit dem Bus kommen und an der Bushaltestelle Rotenhäuser Straße aussteigen und dann über den Schulhof Georg-Wilhelm-Straße zum Standort Perlstieg gehen – und dort vor einem schwer überschaubaren Bienenschwarm von an- und abfahrenden Autos stehen. Diese Gefährdung muss beendet werden“, heißt es in dem Antrag.
