„Es kann nicht sein, dass Menschen mit Behinderung im täglichen Leben behindert werden“

SoVD -Änne Heinrich Vorsitzende des SoVD-Ortsverbands Neu Wulmstorf: „Es kann nicht sein dass Menschen mit Behinderung in dieser abschreckenden Weise im täglichen Leben behindert werden.Ò

„Es kann nicht sein, dass Menschen mit Behinderung im täglichen Leben behindert werden“.

Sozialverband fordert Barrierefreiheit für Poststellen in Neu Wulmstorf.

Der Sozialverband Niedersachsen e.V. (SoVD) hat die unzureichende Barrierefreiheit für privatisierte Poststellen als wichtiges Thema für seine Behinderten-Politik aufgegriffen. Für den Ortsverband Neu Wulmstorf wurde das Thema akut, nachdem die Post in der Postbankfiliale Bahnhofstraße geschlossen wurde. Seit etwa einem Jahr stehe für Postkunden eine privatwirtschaftlich geführte Postagentur zur Verfügung, die jedoch nicht barrierefrei sei, erklärt der SoVD in einer Pressemitteilung. Den Stein ins Rollen brachte SoVD-Mitglied Regina Buyny, die mit ihrem Rollstuhl die für sie zuständige Poststelle in der Bahnhofstraße nicht mehr aufsuchen und mit der angebotenen Alternative nichts anfangen konnte: „Mir wurde empfohlen, ich könnte Briefe und Pakete bei mir zu Hause abholen lassen. Das bedeutet aber eine hohe Extragebühr.“ Auch sehe sie sich nicht in der Lage, ihre Pakete in der Famila-Poststelle abzuholen. Obwohl ihr Rollstuhl einen Elektroantrieb habe, sei das zu weit. Änne Heinrich, Vorsitzende des SoVD-Ortsverbands Neu Wulmstorf, bestätigt, dass hier Abhilfe geschaffen werden müsse: „Es kann nicht sein, dass Menschen mit Behinderung in dieser abschreckenden Weise im täglichen Leben behindert werden.“
Die Postagentur in der Bahnhofstraße befindet sich in Geschäftsräumen, die als Ladenlokal, nicht als öffentliche Einrichtung vorgesehen waren. Als Mitgliedervertretung wandte sich der SoVD-Ortsverband bereits an die Betreiber der Poststelle und bat um
die baulich notwendigen Anpassungen, damit Postkunden mit Rollstuhl, Rollator und Kinderwagen Zugang zu dem Geschäftsraum bekommen. Der Umbau des Eingangs wäre auch zugesagt worden, konnte nach Auskunft der Inhaber bisher aber nicht umgesetzt werden, so Heinrich.
Bei der Behandlung des Falles habe sich laut Heinrich herausgestellt, dass die Unzugänglichkeit von privat betriebenen Poststellen nicht nur ein Thema für Neu Wulmstorf oder Niedersachsen sei. Die Nachfrage im niedersächsischen Sozialministerium, wie eine barrierefreie Poststelle aussehen soll, ergab laut Heinrich, dass es für privat betriebene Postagenturen keine Landes-
Vorschriften zur Barrierefreiheit gibt. Der Behinderten-Beauftragte der Bundesregierung beantwortete eine gleichlautende
Anfrage juristisch: Die Vorschriften, die für die Deutsche Post AG oder für andere öffentliche Stellen gelten, hätten für die als Franchise-Unternehmen betriebenen privaten Poststellen keine Geltung. Die Betreiber einer solchen Postagentur seien nicht verpflichtet, einen vergleichbaren Standard für ihre Geschäftsräume herzustellen. Die Auskunft des Bundes-Behinderten-Beauftragten war mit dem Tipp verbunden, die Betroffenen mögen sich an die örtliche Politik wenden, berichtet Heinrich.
Neu Wulmstorfs Bürgermeister Wolf Rosenzweig sehe laut SoVD die Gemeinde demgegenüber nicht in der Pflicht, bei Firmen barrierefreie Zugänge herzustellen: „Für mich ist hier die Deutsche Post nicht aus der Pflicht genommen, nur weil sie nicht mehr
selbst handelt, sondern mit Partnern arbeitet. Die Post hat bei der Vergabe Möglichkeiten, Forderungen an die Bewerber zu stellen.“ Auch die Gemeinde könne hier nur Forderungen formulieren. Verantwortlich seien die unzureichend gelösten Privatisierungen von vormals öffentlichen Einrichtungen, so Rosenzweig.
Auch die anderen beiden Poststellen in Neu Wulmstorf seien nicht barrierefrei. In einer Umfrage im SoVD-Ortsverband berichteten Mitglieder, dass auch bei der Poststelle in Elstorf der Zugang nicht rollstuhlgerecht wäre. Die Postagentur im Famila-Markt sei zwar ebenerdig und mit automatischen Türen besser zugänglich, liege für Personen, die sich mit ihrem Rollstuhl fortbewegen müssen, im Gewerbegebiet an der Liliencronstaße aber zu weit entfernt. Für alle drei Poststellen wurde angegeben, dass Leitsysteme, Ausleuchtung und Hilfsmittel für Sehbehinderte fehlen. Auch eine Klingel fehle, mit der gegebenenfalls jemand an die Tür gerufen werden könnte, um hier zu bedienen. Parkplätze seien vorhanden, sofern die Anfahrt per Pkw möglich wäre, erläutert Heinrich.
Sie verspricht, dass der Sozialverband das Thema Barrierefreiheit weiterverfolgen wird. Inzwischen hat der SoVD-Landesverband eine entsprechende Anfrage beim SoVD-Bundesverband platziert, da sowohl Postgesetzgebung als auch gesetzliche Regeln für privatwirtschaftliche Unternehmen in der Zuständigkeit des Bundes liegen.