Endlich Bewegung am Kriegerdenkmal

Die Holzkiste die das Kriegerdenkmal an der Reiherstieg-Kirche verhüllt kommt endlich weg. Ein künstlerischer Wettbewerb hat entschieden wie es weitergehen soll Foto: au

Endlich Bewegung am Kriegerdenkmal.

„Umbau“-arbeiten beginnen im November.

Noch verhüllt eine Kiste das Kriegerdenkmal, dass in der Mannesallee in direkter Nähe zur Emmauskirche steht. Auf einem Plakat steht: „Der Stein des Anstoßes wird bewegt“. Nun ist es endlich soweit: Der Wettbewerb zur künstlerischen Intervention ist entschieden – die Holzkiste, die das Kriegerdenkmal an der Reiherstieg-Kirche verhüllt, kommt endlich weg!“, teilte die DenkMal-Gruppe vergangene Woche mit.
Doch worum geht es eigentlich? – Seit 1932 stand das Kriegerdenkmal direkt an der Emmauskirche, oft hinter Büschen versteckt. Drei aufgestellte Gewehre dominieren den Gedenkstein, eingerahmt von Totenkreuzen, über die Stahlhelme gestülpt sind. Darunter sieht man eine abgebrochene Eiche, die neue Zweige austreibt als Symbol ‚für ein wiedererstarkendes deutsches Volk‘. Über diesem Motiv sind die Daten 1914 – 1918 (später hinzugefügt 1939 – 1945) eingemeißelt, ganz unten ist folgender Spruch zu lesen:
‚Den für Volk und Vaterland Gefallenen zur Ehre und im Glauben an die deutsche Zukunft‘. „Das Denkmal wurde im Zuge des Neubaus von Gemeindezentrum, Kita und Gestaltung der Außenanlage rund um die Emmauskirche versetzt, rückte damit aus der Vergessenheit wieder in den Fokus direkt an die Mannesallee und wurde prompt nach der Versetzung mit „Kein Gedenken den Faschisten. Nazi-Dreck“ beschmiert. Daraufhin hatte sich Anfang 2018 eine Gruppe Wilhelmsburger mit folgenden Fragen beschäftigt: „Warum wurde es beschmiert? Welche Geschichte verbirgt sich dahinter? Und was geschieht in der Zukunft damit?“ „Die Machtergreifung der Nazis im März 1933 und die folgende Gleichschaltung sollte zeigen, worum es bei dem Denkmal wirklich ging: Um Nationalismus, Militarismus und Verherrlichung des Krieges. Die auf dem Stein beschworene deutsche Zukunft war Adolf Hitler, der vier Monate nach der Einweihung des Denkmals die Macht ergriff und den Zweiten Weltkrieg entfesselte, dem über 50 Millionen Menschen zum Opfer fielen“, ist eine der Antworten, die die DenkMal-Gruppe erarbeitet hat.
Die von der DenkMal-Gruppe angestoßene Frage, wie dieses Kriegerdenkmal mit seiner nationalistischen und militaristischen Botschaft mit dem heutigen kritischen Blick „verwandelt“ werden kann, wurde nun in einem Wettbewerb entschieden. Das Künstlerduo Vera Drebusch/Reto Buser hat die überzeugendsten Antworten geliefert. Die beiden gewannen den Wettbewerb, den die DenkMal-Gruppe ausgeschrieben hatte (der Neue RUF berichtete). Ende Juni dieses Jahres entschied sich die Jury in großer Einigkeit für ihr Konzept.
Die Kriterien zur Bewertung waren:
• inhaltliche Überzeugungskraft in der Brechung der nationalistischen und militaristischen Botschaft
• Einbeziehung des lokalen Umfeldes in Wilhelmsburg
• interkulturelle Zugänglichkeit und Verständlichkeit
• Einsatz digitaler Medien zur Darstellung des historischen Hintergrunds
• Nachhaltigkeit des Konzepts, dauerhafte Funktionsfähigkeit
• Sicherheit der Objekte für das Umfeld
„Vera Drebusch und Reto Buser haben in ihrem Konzept alle diese Kriterien mit einbezogen“, so die Begründung der Jury. Zentrale Idee ist eine Achsenverschiebung des Denkmalsteins in Richtung der Stolpersteine, die auf dem Bürgersteig der Mannesallee für Familie Leipelt (Widerstand der Weißen Rose) schon 2002 verlegt wurden. Das Kriegerdenkmal ‚konfrontiert sich‘ so mit den Opfern des Systems, dem es mit seiner Inschrift den Boden bereitete. Gleichzeitig wird die Verbindung mit bereits vorhandenen Erinnerungsmalen für den Widerstand hergestellt. „Eine vergleichbare räumliche Nähe zwischen einem Kriegerdenkmal und Stolpersteinen ist in Deutschland sicher selten gegeben, gut, dass das Künstlerduo diese Chance nutzt. Diese Verbindung wird noch betont durch eine Linie in den Asphalt der Straße. Partizipation und Verankerung im Stadtteil sind wichtiger Bestandteil des Konzepts“, so die Jury weiter. Auch das war für die Jury überzeugend: Eine kontinuierliche Betreuung eines um den Denkmalstein herum geplanten kleinen Gartenprojektes kann in Kooperation mit der KITA und möglicherweise über das Projekt ‚Interkulturelle Gärten‘ gewährleistet werden. Hintergrundinformationen werden in direkter Nähe des Denkmalsteins geliefert und mit Hilfe der Geschichtswerkstatt regelmäßig aktualisiert.
Dank der finanziellen Unterstützung der Behörde für Kultur und Medien, des Bezirks Hamburg-Mitte und der privaten Liebelt-Stiftung geht es im November ans Werk. In mehreren Schritten wird das Denkmal selbst gedreht und das Umfeld verändert. Prämiert wurden im Wettbewerb die drei besten Ideen, die auf dem Reiherstiegfest am Samstag, 24. September im Kirchenvorraum der Emmeauskirche öffentlich präsentiert werden. Die Künstler werden anwesend sein.
Zur Geschichte des Kriegerdenkmals in Wilhelmsburg und weiteren in Hamburg erfahren Interessierte mehr unter www.denk-mal-gegen-krieg.de.