Digitalisierung ist der Treiber des Umbruchs

Dr. Rüdiger Grube: Siegen beginnt im Kopf Foto: pm

Digitalisierung ist der Treiber des Umbruchs
Dr. Rüdiger Grube Gast beim Neujahrsempfang der CDU-Mitte

Nur selten haben die Harburger die Möglichkeit, Gedanken von Managern aus der deutschen Wirtschaft bei ihren Ausführungen folgen zu dürfen: So geschehen am vergangenen Sonnabend beim Neujahrsempfang des CDU-Ortsverbandes Harburg-Mitte im Landhaus Jägerhof in Hausbruch.


Birgit Stöver: Der rot-grüne Senat ist eine Abwärts-Koalition
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Die Gastgeberin und CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Birgit Stöver hatte Dr. Rüdiger Grube, Aufsichtsratsvorsitzender der HHLA AG, eingeladen.
Möglich gemacht hatte das Dr. Herlind Gundelach, noch bis September Harburger Bundestagsabgeordnete, die, auch nachdem sie ihr Mandat nicht verteidigen konnte (die Hamburger CDU hatte sie für die Wahl am 24. September nicht auf einen aussichtsreichen Listenplatz gesetzt), in der Hamburger Wirtschaft unverändert gut vernetzt ist. Grube, ein Moorburger, mittlerweile mit der Star-Köchin Cornelia Poletto verheiratet, hatte in seinem Schlepptau Dirk Fischer, langjähriger Hamburger CDU-Abgeordneter und Verkehrsexperte seiner Fraktion im Bundestag, mitgebracht, und sein Ja für seinen Vortrag mit „heimatlicher Verbundenheit“ begründet.
Der Moorburger, der die Schule Dempwolffstraße besucht hat, seine erste Wohnung in der Nachbarschaft des Landhaus Jägerhof hatte und seine ersten beruflichen Schritte bei MBB, heute Airbus, gemacht hatte, war natürlich ein Zugpferd. 150 Gäste – darunter Mitglieder des größten CDU-Ortsverbandes im Bezirk und viertgrößter in Hamburg, sowie viele ihrer Freunde – waren gekommen, um Grube zu hören. Die Harburger Politik war nicht weiter vertreten.
Zunächst begrüßte Birgit Stöver die Anwesenden und rechnete als Oppositionspolitikerin mit dem rot-grünen Senat ab. Das große Vertrauen in Hamburgs Ersten Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) sei dahin, stellte sie fest. Das ideologisch bedingte Umkrempeln Hamburgs in eine Fahrradstadt und das im Vergleich zu anderen Bundesländern nur marginale Wirtschaftswachstum hätten den Hamburgern die Augen geöffnet, sagte sie. Auch auf die geplante Elbvertiefung warte Hamburg nun schon viel zu lange. Die geplante (und auf Druck der Opposition mittlerweile verworfene) Müllgebühr griff Stöver ebenfalls noch einmal auf, um dann auch zu betonen, dass man in lediglich genehmigten Wohnungen nicht wohnen könne. Laut der zuständigen Senatorin Dr. Dorothee Stapelfeldt sind das in Harburg für 2017 genau 1.296. Selbst dabei (von der zögerlichen Fertigstellung abgesehen) findet sich Harburg unter allen sieben Bezirken auf dem letzten Platz wieder. Rot-Grün sei folglich eine Abwärts-Koalition, schlussfolgerte Stöver. Die Harburger CDU werde am 20. Februar im Speicher am Kaufhauskanal (Blohmstraße) ein Zukunftsforum durchführen, kündigte Stöver an.
Nun gelte es, für den im November überraschend verstorbenen Bezirksamtsleiter Thomas Völsch einen geeigneten Nachfolger zu finden. „Aus unserer Sicht kann das ausschließlich ein Harburger werden“, sagte sie an die Adresse der Harburger SPD, bei der das Vorschlagsrecht liegt. Die Nagelprobe für die SPD im Bund käme aber am morgigen Sonntag, wenn die Genossen auf einem Parteitag ihr Ja oder Nein zu einer Großen Koalition beschließen wollen. Eine stabile Regierung sei jetzt dringend vonnöten, erwartet sie.
Grube selbst gab seiner Verwunderung darüber Ausdruck, dass die SPD das in den Sondierungsgesprächen Erreichte durch einzelne ihrer Vertreter nun wieder zur Disposition und Diskussion stellen wolle. Eine Vorgehensweise, die in der Wirtschaft indiskutabel sei. Womit er bei seinem eigentlichen Thema war: „Mission – Mut – Moral“ – Was Leadership für mich ausmacht“ lautete der Titel seines Vortrags. Seine Forderung: Werte konsequent leben, gerade oder gar nicht. Vom 1. Mai 2009 bis zum 30. Januar 2017 war er Vorstandsvorsitzender der Deutsche Bahn AG. Weil aber seinen Bedingungen für eine weitere dreijährige Amtszeit nicht angenommen wurden (selbst von der Kanzlerin sei er „vergackeiert“ worden), sei er dort auch ausgestiegen. Für ihn gelte unverändert, was er im Alten Land gelernt habe: „Ein Mann, ein Wort.“ Was, wie er ausdrücklich betonte, gleichermaßen natürlich auf für Frauen gelte. Wirtschaftsbosse wie Martin Winterkorn oder Josef Ackermann, die er als „frech und dreist“ bezeichnete, seien keine Aushängeschilder ihrer Zunft gewesen, weil sie die Unwahrheit gesagt hätten. Wegen ein paar „Schmutzfinken“ dürfe man nicht alle Vorstände und Aufsichtsräte unter Generalverdacht stellen, fuhr er fort.
Es gelte für die zuständigen Vorstände, das Unternehmen Tag für Tag mit Leidenschaft in eine neue Dekade zu führen und bei der Führung werteorientiert zu sein. Nur dann könne man die Mitarbeiter (von denen heute schon viel zu viele mit ihrem Unternehmen innerlich abgeschlossen hätten) mit Anstand und Begeisterung mitnehmen. „Siegen beginnt im Kopf“, stellte Grube fest, der auch Ehrenprofessor der TUHH ist.
Auch die konsequente Umsetzung der durchdachten Ideen sei eine Voraussetzung, „denn wir wollen Treiber und nicht getrieben sein“, resümmierte er. An einer Vielzahl von konkreten Beispielen machte Grube seine Einstellung deutlich. Dazu gehört auch, dass die Digitalisierung der Treiber des Umbruchs sei. Teil davon sei beispielsweise auch der E-Motor oder das fahrerlose Fahrzeug, gab er seine Visionen preis, bevor sich die Zuhörer nach einigen Fragen an den Referenten dem sehr reichhaltigen Buffett, das Thomas Soltau im Landhaus Jägerhof aufgefahren hatte, widmeten.