„Das ist keine Trickserei, sondern die derzeitige Rechtslage!“

Für eine Betriebserweiterung am Stenzelring von 765 Quadratmetern wurde eine Bauantrag gestellt. Dafür müssen Bäume gerodet werden Naturschützer laufen Sturm dagegen Karten: BA Hamburg-Mitte

„Das ist keine Trickserei, sondern die derzeitige Rechtslage!“.

Bezirksamt widerspricht BUND-Vorwürfen.

Es gibt neuen Ärger zwischen Naturschützern, die den Wilden Wald erhalten wollen und den Behörden: Vergangene Woche kritisierte der BUND Hamburg eine geplante Gewerbeerweiterung im Wilden Wald in Wilhelmsburg scharf. Die Naturschützer werfen der Behörde Trickserei und missachtenden Umgang mit dem sensiblen Naturraum vor, heißt es in einer Mitteilung. Das Bezirksamt Hamburg-Mitte widerspricht den Vorwürfen deutlich.
Worum gehts? – Laut BUND Hamburg sei am Spreehafen eine Erweiterung eines Betriebsgeländes eines ansässigen Unternehmens geplant. Hierfür wolle der Bezirk Hamburg-Mitte die Rodung von 790 Quadratmeter Wald genehmigen. Dagegen habe der BUND zusammen mit der AG Naturschutz vergangene Woche eine Stellungnahme an den Bezirk Hamburg-Mitte abgegeben, heißt es in der Pressemitteilung.
„Es ist absurd: Auf Grundlage eines 57 Jahre alten Bebauungsplans, der nie wie geplant umgesetzt wurde, soll nun wertvoller Stadtwald vernichtet werden“, erklärt Sabine Sommer, Vorsitzende des BUND Hamburg. Als der Plan 1968 aufgestellt wurde, gab es noch keine Regelung, die sicherstellt, dass Bauprojekte, die in den Naturhaushalt eingreifen, angemessen ausgeglichen werden. „Der Bezirk macht sich ein Schlupfloch zu Nutze und nimmt reale Naturverluste billigend in Kauf!“
Laut BUND Hamburg gebe der zuständige Bezirk Mitte vor, „das Vorhaben habe nichts mit dem umstrittenen Bebauungsplan Wilhelmsburg 102 zu tun, der nahezu den gesamten Wald am Spreehafen zerstören würde“. De facto verwiesen die Planungen jedoch auf ebendiesen Plan. Deshalb wirft der BUND der Behörde ein Vorgehen nach „Salamitaktik“ vor: „Stück für Stück könnte ein wichtiger naturnaher Wald in Wilhelmsburg verschwinden – nicht durch einen großen, öffentlich diskutierten Eingriff, sondern durch vermeintlich harmlose, kleinere Einzelprojekte“, so Sommer.
Wie der BUND Hamburg schreibt, ist der „Wilde Wald“ seit der Sturmflut 1962 gewachsen und als „hochgradig wertvoll“ kartiert. Er sei Heimat geschützter Amphibien und ein wichtiger Rückzugsort für Mensch und Natur in Wilhelmsburg. In Zeiten von Klimakrise, Hitzesommern und Artensterben sei es „unverantwortlich und unzeitgemäß“, Wälder für Bauprojekte zu opfern. Hamburg brauche mehr Grün, nicht weniger. Dazu Sommer: „Die Rodung der Waldflächen soll und muss nach Landeswaldgesetz ausgeglichen werden. Weil in Hamburg keine passende Fläche gefunden wurde, ist der Ausgleich in Schleswig-Holstein geplant. Das ist, als würde man das Altonaer Museum abreißen und dafür ein Heimatmuseum in Bad Segeberg bauen. Weder Hamburgs Bürgern noch der Natur noch dem lokalen Klima in Hamburg hilft ein neuer Wald so weit entfernt!“
Das Bezirksamt Hamburg-Mitte bestätigt, dass ihm derzeit ein Bauantrag vorliege, der sich mit der geplanten Erweiterung eines Betriebsgeländes an der Schlenzigstraße befasst. „Für diese Erweiterung soll eine unmittelbar angrenzende Fläche von 765 Quadratmetern zunächst gerodet und aufgeschüttet werden. Der Antrag befindet sich derzeit noch in der Prüfung, wobei über die Rodung von Bäumen die Umweltbehörde (BUKEA) entscheidet. Diese Entscheidung wird Teil der Gesamtentscheidung des Bezirksamtes über den Bauantrag. Mit dem Bebauungsplanverfahren ,Spreehafenviertel‘ steht der Erweiterungswunsch des Gewerbebetriebs in der Tat in keinem Zusammenhang, da auf dieser Fläche zu keinem Zeitpunkt Wohnungsbau geplant war, der neue Bebauungsplan den Wilden Wald in diesem Bereich also gar nicht betreffen würde. Der derzeit noch geltende Bebauungsplan sieht dort übrigens eine Industriegebietsausweisung vor. Das ist keine Trickserei, sondern die derzeitige Rechtslage, an die wir als Behörden gebunden sind und deren Einhaltung auch gerichtlich eingeklagt werden kann. Bei einer Gesamtfläche von rund 91.000 Quadratmetern in einer einzelnen Betriebserweiterung von 765 Quadratmetern eine Salamitaktik erkennen zu wollen, benötigt schon einiges an Phantasie“, erklärt dazu Elsa Scholz, Pressesprecherin des Bezirkamts Hamburg-Mitte.